US-Open-Favorit Andy Murray

Ein Tennisspieler jubelt mit geballten Fäusten und verzerrtem Gesicht.
Der Olympiasieger ist reif für den ersten Grand-Slam-Titel. Die Zukunft gehört dem Schotten ohnehin.

Null zu siebzehn. In Zahlen: 0:17. Andy Murray wird die Bilanz der Grand-Slam-Siege egal sein. Muss sie egal sein. Denn Roger Federer, den Rekordhalter, wird der Schotte wohl nie erreichen.

In New York soll es passieren, soll Murray endlich auch das gewinnen, was im Tennis am meisten zählt: ein Grand-Slam-Turnier. Der Olympiasieg hat dem 25-Jährigen zumindest gezeigt, dass er imstande ist, Herausragendes zu leisten. Was zuvor passierte? Große Hoffnungen, starker Druck von britischen Medien, die Einschätzung der Fachwelt, dass er sowieso zu den besten vier der Welt gehöre und die permanente Aufnahme in den Favoritenkreis bei Grand-Slam-Turnieren.

Am Ende blieb immer nur die Enttäuschung.

Seit Murray 2008 sein erstes Major-Finale in New York erreicht hatte, war er stets am großen Druck zerbrochen. Vor allem in Wimbledon, wo sich das ehrwürdige Publikum und die britische Presse nichts sehnlicher wünschen als den Sieg. Immerhin müssen die Briten seit 1936 auf einen Grand-Slam-Titel warten.

Seit Murrays Zugehörigkeit zur Weltspitze haben sich die Grand-Slam-Titel stets Federer, der Serbe Novak Djokovic und der derzeit verletzte Rafael Nadal aufgeteilt. Nur 2009 sprang der Argentinier Juan Martin del Potro als Champ ein.

Olympia-Gold brachte Farbe in die Karriere, brachte endlich Selbstvertrauen. "Von einem Grand-Slam-Sieg träume ich seit meiner Kindheit, ich fühle, dass es jetzt so weit ist", sagt Murray vor seiner Auftaktpartie in New York gegen den Russen Alex Bogomolow.

Zeitensprung

Ein Tennisspieler schlägt einen Ball mit seinem Schläger.

Murray wäre eh schon spät dran: Die Besten der Besten haben in seinem Alter schon längst den ersten Grand-Slam-Triumph gefeiert. Roger Federer war bei seinem ersten Wimbledon-Sieg nicht ganz 22 Jahre, Pete Sampras, mit 14 Titeln die Nummer zwei in der Grand-Slam-Statistik, war 1990 in New York gerade 19 Jahre alt, Rafael Nadal bei seinem French-Open-Sieg 2005 erst 19 geworden. Novak Djokovic war 20, als er 2008 in Melbourne den Siegerscheck abholte, Andre Agassi 22, als er in Wimbledon gewann. Der jüngste Grand-Slam-Champion war übrigens Michael Chang. Der Amerikaner, der auf der Grundlinie seinen Arbeitsplatz hatte und der das Netz nur als Telefonverbindung kannte, war bei seinem French-Open-Sieg 1989 17 Jahren und drei Monate alt. Es blieb übrigens sein einziger Grand-Slam-Erfolg.

Der bisher letzte Grand-Slam-Champ, der so alt wie Murray war, heißt Gaston Gaudio. Der Argentinier siegte 2004 in Paris, konnte an diesen Erfolg aber niemals anschließen und war am Karriereende Stammgast bei Turnieren, bei denen das Preisgeld für ein gutes Essen und ein paar Bier reichte.

Murray hat Zukunft. Gilt als Mann für die nächsten Jahre. Weil ...

... Roger Federer im August 31 Jahre alt wurde. Derzeit teilt sich der Schweizer seinen Turnierkalender und damit die Kräfte perfekt ein, aber die Zukunft gehört anderen. Im Duell mit dem Schweizer, der bei den US Open sein Halbfinalgegner werden könnte, liegt Murray übrigens mit 9:8 Siegen vorn.

... der gleichaltrige Novak Djokovic zwar ein herausragendes Jahr 2011 hatte, aber nicht ganz die Fähigkeiten eines Murray besitzt. "Murray ist nach Federer der technisch beste Spieler. Djokovic und Nadal agieren nach einem Schema", sagt der ehemalige Becker-Coach Günter Bresnik.

... Rafael Nadal zwar nur ein Jahr älter als Murray ist, aber sein kraftraubendes Spiel Spuren hinterlässt. Derzeit pausiert er erneut wegen einer Knieverletzung.

Fazit: Andy Murray will und wird zeigen, dass er es sich verdient hat, zu den vier Besten zu zählen.

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