Trimmel: „Danach sind sie alle g’scheiter“

Clemens Trimmel wurde zum wichtigsten Mann im rot-weiß-roten Tennis. Seit Freitag ist der 35-jährige Wiener offiziell auch Betreuer der Nationalmannschaft der Damen, des Fed-Cup-Teams.
KURIER: Sehen Sie sich eher als Schreibtisch-Mann im Sinne Ihrer Arbeit als Sportdirektor oder als Praktiker auf dem Platz?
Clemens Trimmel: Prinzipiell bin ich kein Bürohocker. Als Sportdirektor kann ich für gesunde Strukturen sorgen, auf dem Platz sammle ich subjektive Eindrücke. Nicht nur in den paar Wochen bei den Nationalteams, sondern auch in der Betreuung von jungen Spielern.
Sie sind ab 5. Jänner in Australien. Wo liegt dort Ihre Arbeit?
Ich werde dort vor allem mit Lucas Miedler trainieren, der im Juniorenbewerb der Australian Open startet. Aber ich werde in Melbourne auch den anderen Österreichern meine Unterstützung in jeder Form anbieten.
Auch die Fed-Cup-Damen sind dort, Tamira Paszek hat für Februar zugesagt. Im Vorjahr war sie nicht dabei, das sorgte für Zwist unter den Damen.
Ich werde in Australien alle zu einem Gespräch bei einem Abendessen bitten, wir können auch nur gemeinsam gewinnen. Der Aufstieg wird ohnehin schwer, weil auch in der Europa-Afrika-Zone Top-Spielerinnen starten.
Probleme hatte im Vorjahr auch Ihr Daviscup-Team, das abgestiegen ist. ..
Schlimm war die Niederlage in Kasachstan im Februar. Wir haben die beste Auslosung vergeigt, so musst du absteigen. Das ist auch an den Spielern nicht spurlos vorübergegangen. Die Medien haben damals auch zu Recht auf uns hingehaut.
Auch nach dem 0:5 in den Niederlanden im September gab’s Kritik. Haben Sie falsch aufgestellt, weil nach dem Ausfall von Haider-Maurer nur ein Einzelspieler zur Verfügung stand?
Danach sind sie alle g’scheiter, die Kritiker. Aber wenn sich ein paar Leute mit den Regeln beschäftigen würden, wären viele leiser gewesen. Haider-Maurer ist nach der Auslosung krank geworden, ich konnte nicht mehr nachnominieren. Ich hatte zuvor das Team nominiert, mit dem ich die höchste Gewinnchance hatte. Und Dominic Thiem hat ja abgesagt.
Apropos Thiem. Jetzt sprechen viele von Verjüngung...
Spielen müssen die Besten, wir wollen wieder in die Weltgruppe. Geben Sie mir sechs, sieben Jugendliche, die das Niveau haben, oben mitzuspielen, und ich sag’: Ja, ich verjünge. Dominic ist zum Beispiel sicher ein Rohdiamant, aber man darf ihn nicht unter Druck setzen.
Stammspieler war immer Jürgen Melzer. Was sagen Sie zu seiner Trainerwahl Hipfl?
Wichtig wird sein, dass er bald wieder fit ist. Jürgen hat seit Anfang Oktober nicht ordentlich trainieren können. Ohne ihn wäre Österreichs Tennis nie so weit gekommen.
Und trotzdem sind die großen Erfolge vorbei. Muster selbst sagte, dass es in den 1990ern große Versäumnisse gab. Sehen Sie das auch so?
Naja, wir produzieren ständig Top-100-Spieler. Aber ja, man hätte aus dem Boom mehr machen können, das stimmt. Die Gelder waren wohl da. Heute ist auch aufgrund der Wirtschaftskrise Sparen angesagt. Eines noch: Sogar der Deutsche Tennisverband hat bei uns angefragt, ob bei Groß-Turnieren seine Talente bei uns mittrainieren können.
Der ÖTV will die Jugendausbildung an die Länder abtreten. Der richtige Weg, wo doch viele Länder nicht die Strukturen haben?
Der Spitzensport bleibt bei der Mutter, vor allem mit der Aufwertung der Südstadt sollen mit Toptrainern wieder Junge an die Nationalteams herangeführt werden. Die Kinder sind quasi die Landesverbände, von denen manche in die Gänge kommen müssen. Als ich zehn Jahre alt war, hat das in Wien geklappt, warum nicht wieder überall? Erfolge werden sich aber erst nach vier, fünf Jahren einstellen. Und: Nur, weil einer gefördert wird, heißt das nicht, dass er Top 100 wird. Und nur dort lässt sich Geld verdienen.
Österreichs Damen spielen Anfang Februar in Budapest in der Europa-Afrika-Zone (dritte Leistungsstufe). Auch Tamira Paszek ist wieder dabei. Bei den Australian Open (ab 13. Jänner) muss die 23-Jährige aber in die Qualifikation. Patricia Mayr-Achleitner und Yvonne Meusburger stehen fix im Hauptbewerb.
Auch die Herren spielen in der Europa-Afrika-Zone, dort ist es aber die zweite Leistungsstufe. Gegner im April wird Lettland oder die Slowakei sein. „Ich rechne mit den Slowaken, da würden wir mit Melzer ganz leichte Vorteile haben“, sagt Clemens Trimmel. Mit dabei sind auch Dominic Thiem, in Australien wie Martin Fischer in der Qualifikation, Andreas Haider-Maurer, sowie die Doppel-Asse Alexander Peya, Oliver Marach und Julian Knowle. Trimmel: „Für die Aufstellung bleibt Zeit.“ Peya ist wohl dabei: Der Wiener kam in Doha mit dem Brasilianer Bruno Soares ins Finale, dort unterlag das zweitbeste Duo der Welt den Tschechen Berdych/Hajek.
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