Tränen bei Musters Abschied

Tränen bei Musters Abschied
Thomas Muster unterliegt bei seinem letzten Auftritt auf der ATP-Tour Dominic Thiem glatt mit 2:6,3:6.

Thomas Muster gegen Dominic Thiem. Alt gegen Jung. 44 gegen 18. Der erste in einem Alter, in dem man nach der Einser-ZiB schon fast ins Bett geht; der andere in einem Alter, in dem das Betthupferl um 18 Uhr den Countdown zum Schlafengehen einläutet.

20.45 Uhr, Wiener Stadthalle. Benachteiligt sind sie also beide. Hier der Leibnitzer Thomas Muster, der Paris-Triumphator 1995, der Sieger von 44 ATP-Turnieren, die ehemalige Nr. 1 der Welt. Dort der Lichtenwörther Dominic Thiem, das größte Talent im österreichischen Tennis, das erst ein Match auf der großen Bühne in den Beinen hat und dieses heuer in Kitzbühel verloren hat.

Ein letztes Mal

Gut gefüllt war sie, die Wiener Stadthalle, in der bis Sonntag das Erste Bank Open ausgeschnapst wird. 8000 waren gekommen, um Thomas Muster von der großen Tennis-Bühne zu verabschieden. Oder ihn ein letztes (?) Mal siegen zu sehen. Fix war, dass nach der Partie Schluss sein würde mit der Karriere des musterhaften Champions, der so vielen Menschen in diesem Land Freude bereitet hatte. Auch deshalb war der Altersschnitt überdurchschnittlich hoch in der Stadthalle, weil die Fans ihren Tom noch einmal sehen wollten.

"Stand up for the Champions", dröhnte es aus den Boxen, als die Hauptdarsteller den Centre Court betraten. Muster, der zum 15. Mal in Wien an den Start ging, verneigte sich demütig vor den applaudierenden Zuschauern. Und musste sich schließlich auch vor dem übermächtigen Gegenüber verneigen.

Wehmut

Obwohl Muster seit seiner besten Zeit den Aufschlag stark verbessert hat, gab er gleich sein erstes Service ab. Auch, weil Thiem die Kugel um gut 20 km/h schneller übers Netz donnerte, und, wie es schien, besser kontrollieren konnte, war Muster bei den Aufschlagspielen des Niederösterreichers machtlos. Beide Spieler rangieren außerhalb der Top-1000 im ATP-Computer. Bei Muster wusste man rasch, warum - 1:4. Im wohlwollenden, aufmunternden Applaus klang Wehmut mit. Und ein Hauch von Mitleid.

Letzteres hatte Thiem zu keinem Zeitpunkt. Er wehrte Musters einzigen Breakball - herausgespielt mit einem schönen Topspin-Vorhand-Cross - souverän ab. 6:2 nach einer halben Stunde.

"Üben!" Im zweiten Durchgang ging die schiefe Ebene nicht nahtlos in den freien Fall über. Muster packte phasenweise jene Schläge aus, die ihn 1996 für sechs Wochen zur Nr. 1 der Welt gemacht hatten. Er schaffte das Break zum 3:1, und die Fans, also jene Musters (Thiem hat noch nicht so viele) schöpften neue Hoffnung. Die äußerten sie in Zurufen wie "Üben!", wenn Thiem ins Out schoss; oder mit "Gemma, Tom!", was ja noch relativ okay ist.

Variantenreichtum

Thiem übte brav und schaffte prompt das Rebreak. Immer deutlicher wurde das herausragende Schlagrepertoire des 18-Jährigen, die moderne Technik, der Variantenreichtum. All das zeigte Muster die Grenzen auf, die Zuschauer akzeptieren dies schließlich. 6:2, 6:3 nach nur 1:03 Stunden.

Dominic Thiem spielt am Donnertstag im Achtelfinale gegen den Sieger aus Dawidenko/Darcis. Thomas Muster ist Pensionist. Danke.

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