Thiem: "Ich bin kein Kind mehr"

So entspannt sah man selten einen Österreicher durch die Anlage von Roland Garros schlendern. Schließlich darf sich Dominic Thiem seit Samstag Turniersieger nennen. Seit seinem Finalerfolg vergangenes Wochenende in Nizza hat Österreichs Nummer eins auch international gepunktet und allerorts Respekt eingeholt.
Mit viel Selbstvertrauen schlug er am Montag bei den French Open zum Auftakt den Neo-Briten Aljaz Bedene mit 6:3, 6:4, 6:7 und 6:3. Mit viel Selbstvertrauen lassen sich auch Interview-Termine leicht wahrnehmen. Der KURIER traf den 21-Jährigen in der Players Lounge, wo er Trainer Günter Bresnik einen Hamburger servierte und sich selbst mit Gemüse zufriedengab.
KURIER: Turniersieger Thiem – wie hört sich das an?
Dominic Thiem: Sehr fein. Weil es ja nur Positives mit sich bringt. Ich bin Nummer 31 , damit auch in Wimbledon gesetzt und stehe im Hauptbewerb aller großen Turniere. Aber klar, der erste Titel an sich ist etwas Besonderes. Er stand schon auf dem Plan heuer, dass er schon in der ersten Jahreshälfte passiert ist, ist umso schöner.
Dabei kam der Titel überraschend. Überragend ist Ihre Saison zuvor nicht verlaufen...
Nein, das war wirklich nicht berauschend. Aber ich war in der Vorbereitung einmal länger krank, dazu musste ich meine Grundausbildung beim Bundesheer absolvieren.
Wie war die Zeit beim Bundesheer?
Sehr entbehrlich. Aber lassen wir das. Ich habe das hinter mich gebracht.
Aber es fällt auf, dass Sie in den vergangenen Monaten körperlich zugelegt haben, an den richtigen Stellen wohlgemerkt...
Ja. Ich bin ja kein Kind mehr. Manchmal glaube ich, dass ich noch 19 oder 20 bin. So richtig habe ich das Erwachsenwerden noch nicht gecheckt, aber zumindest habe ich mein Idealgewicht, bin nicht mehr zu leicht, aber auch nicht zu schwer. Das liegt auch am guten Training mit Günter Bresnik. Mit Ernests Gulbis ist auch wieder ein perfekter Trainingspartner zurückgekehrt. Weil ich mich auch mit dem Thema Ernährung beschäftige.
Setzen Sie auf Diäten?
Nein, ich lasse eben meist Zucker weg und esse keinen Schmarrn mehr. Wie einen Kaiserschmarrn.
Man sieht Dominic Thiem ja nur beim Tennisspiel. Was machen Sie eigentlich, wenn Sie nicht auf dem Platz stehen?
Lesen! Ich habe immer Bücher dabei. Ich lese viel über Ernährung, aber auch andere Sachen, vorzugsweise schwedische Krimis.
Kommen Freunde zu kurz?
Ich habe vier beste Freunde, drei davon sind Tennisspieler und wie ich irgendwo auf dem Erdball verstreut. Einer davon ist zum Glück da, wenn ich zuhause bin. Meine Rettung sozusagen, wenn die anderen unterwegs sind und ich ein wenig Abstand brauche. Ich hab’ ihn auch schon zu Turnieren mitgenommen, wie nach Miami. Oft bin ich ja nicht zuhause.
Sie sind Fußball-Fan. Können Sie das überhaupt verfolgen?
Ja, natürlich schaue ich immer, wie Chelsea spielt. Da bin ich ein großer Fan.
Es gibt ja noch ein zweites Tennis-Talent im Hause Thiem: ihr 15-jähriger Bruder Moritz. Ist er ähnlich veranlagt wie Sie?
Ja, er hat Talent. Und er ist wie ich ein Spätentwickler. Er wächst noch.
Sie sind erst 21 Jahre alt und bereits Österreichs Nummer eins. Ist das ein Druck für Sie?
Nein, ich habe mich aber auch gefreut, als Andi Haider-Maurer kurz vorne war, weil er es sich verdient hat. Mir wäre lieber, ich bin Nummer 15 und wäre viertbester Österreicher. Aber ich glaub’, das hat Andi auch gesagt.
Stichwort Haider-Maurer: Er spielt Daviscup. Bei Ihnen ist noch immer keine Entscheidung gefallen. Warum?
Ich will wirklich spielen. Dass in Kitzbühel gespielt wird, finde ich sehr gut.
Es wurde gesagt, dass die Entscheidung über Ihr Antreten erst zwei Wochen zuvor fällt. Stimmt das?
Nein, ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich jetzt schon etwas tut. Es hat gute Gespräche mit dem Verband gegeben.
Beim großen Triumph von Thomas Muster 1995 waren Sie noch nicht einmal zwei Jahre. Haben Sie trotzdem etwas davon gesehen?
Freilich habe ich mir Videos davon angeschaut. Das war ein sporthistorisches Ereignis für Österreich.
Nun sind Sie an der Reihe: Was erwarten Sie sich am Mittwoch in Runde zwei gegen Cuevas?
Er ist auf Sand sehr stark. Ich werde mich aber noch genau auf YouTube informieren. Klar ist: Ich bin sicher nicht der Favorit.
Dominic Thiem bestreitet sein Zweitrunden-Match in Paris gegen den als Nummer 21 gesetzten Uruguayer Pablo Cuevas am Mittwoch als zweite Partie nach 11.00 Uhr auf Court 3. Davor ist eine Begegnung des Damen-Turniers angesetzt.
Jürgen Melzer ist erst am Donnerstag im Einsatz.
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