Karlovic versperrt Melzer Weg in 7. Wien-Viertelfinale

Ein Mann mit Bart und Kappe streckt die Zunge heraus.
Nach dem 1/8-Final-Aus in der Stadthalle feilt Melzer schon an seinen Plänen für 2015 - er will zurück in die Top-50.

Am Tag nach der Auftakt-Niederlage von Dominic Thiem ist mit Jürgen Melzer am Mittwoch auch der letzte Österreicher aus dem Hauptbewerb des Erste Bank Open ausgeschieden. Der Niederösterreicher unterlag im ersten Achtelfinale des Wiener ATP-Tennisturniers Ivo Karlovic 4:6,6:7(1) und musste damit die zweite Niederlage im sechsten Duell auf Tour-Level mit dem Kroaten hinnehmen.

Melzer war vor dem Match gegen den 2,11-m-Mann bewusst gewesen, dass es keine Partie für Feinschmecker würde. Lange Ballwechsel kommen gegen den Weltranglisten-30. kaum zustande, mit insgesamt 21 Assen erzielte der auch ein Viertel seiner Punkte direkt mit dem Aufschlag. Mit seiner guten Augen-Hand-Koordination, wie Melzer nach seinem Auftaktsieg gegen den Slowaken Norbert Gombos gemeint hatte, erarbeitete er sich aber immerhin drei Breakbälle.

Zwei davon hatte er in Satz zwei bei einer 3:2-Führung, den dritten und damit Satzball bei 5:4. Letztlich wehrte Karlovic diese aber ebenso humorlos ab, wie er seine Matches eben anlegt. "Gegen den kriegt man null Rhythmus", resümierte Melzer etwas ernüchtert. "Es ist sehr frustrierend, wenn man gegen ihn spielt." Im letztlich entscheidenden Tiebreak machte der als Nummer sechs gesetzte Karlovic endgültig ernst und ließ dem Lokalmatador da nur noch einen Punkt.

"Er hat aber auch ausgezeichnet volliert, zu dominant serviert und verdient gewonnen. Ich habe ein, zwei leichte Fehler zu viel gemacht", bilanzierte der Weltranglisten-123. Zusammengefasst sei die Partie für Melzer einfach sehr frustrierend verlaufen. "Weil ich nicht das Gefühl habe, ein Tennismatch gespielt zu haben." Bei einer seiner letzten Chancen auf sein siebentes Wien-Viertelfinale sei so eine Partie auch für das Publikum schade gewesen.

Herzrasen

"Natürlich ist die Enttäuschung jetzt riesengroß", musste der Deutsch-Wagramer eingestehen. Letztlich hatte er im Rahmen der Möglichkeiten aber kein schlechtes Match gespielt. Im ersten Durchgang zwang ihn bei 2:2 und Einstand ein schnellerer Herzschlag zu einer kleinen Pause. "Wenn der Puls plötzlich auf 220 ist, da muss man sich hinsetzen", sagte der 33-Jährige. Nach Wiederaufnahme der Partie kassierte Melzer prompt das einzige Break gegen sich.

Das Herzrasen ereilt Österreichs aktuelle Nummer drei ab und zu, nach eigenen Worten in Matches so ein-, zweimal im Jahr. "Immer wenn was passiert, wenn ich mich erschrecke. Ich habe das von meinem Papa geerbt. Ich weiß aber, wie ich damit umzugehen habe, habe es gut im Griff." Melzer beschrieb das Gefühl wie das nach einem vollen 800-m-Lauf. "Das Laktat geht da rauf und ich bekomme schwere Beine." Deswegen habe er das Break aber nicht kassiert.

Die Idee eines Eingriffs zur Behandlung des Herzrasens hatte er aufgegriffen, und verworfen. "Es hilft nicht jedem." Die ATP hatte Melzer aufgrund des kleinen gesundheitlichen Problems vor ein paar Jahren zu ein paar Tests vergattert, das ÖTV-Ass musste ein Gerät zur Herzaufzeichnung mit sich tragen. "Das habe ich aber jetzt wieder zurückgegeben." Zweimal pro Match sollte es ihm aber nicht passieren, denn dann müsse er von ATP-Seite aus aufgeben.

Erfolgreiches Doppel

Melzer war noch am Mittwoch mit Philipp Petzschner im Doppel-Einsatz. 2015 will er weniger Doppel spielen, dafür plant er im Einzel einen letzten Angriff auf die Top 50. Bis zu den French Open in Paris soll es klappen, bis April sind keine Punkte zu verteidigen. Melzer spielt nun noch in Valencia, Paris und Bratislava. Für Karlovic geht es am Freitag im Viertelfinale gegen den topgesetzten Spanier David Ferrer oder den Deutschen Tobias Kamke weiter.

Für einen letzten Anlauf lohnt es sich noch. Jürgen Melzer möchte es noch einmal wissen und dafür arbeiten, um spätestens in einem guten halben Jahr im Einzel in die Top 50 der Tennis-Weltrangliste zurückzukehren. Die Woche des Wiener Erste Bank Open war der Auftakt zu einem halben Jahr, in dem Österreichs derzeitige Nummer drei keine Punkte zu verteidigen hat. Daher kann es nur noch oben gehen.

"Bis Paris in den Top 50 zu sein, wäre sehr, sehr schön", konkretisierte Melzer am Mittwoch nach dem Wiener Achtelfinal-Out gegen den Kroaten Ivo Karlovic die French Open im Mai als Stichtag dafür. Dafür gilt es, bis dahin gut 400 Zähler zu sammeln und damit sein jetziges Punktekonto knapp zu verdoppeln. Um den Weg dorthin realistischer zu gestalten, wird Melzer dem Einzel absolute Priorität geben. "Ich habe das Gefühl, dass ich noch das Niveau dafür habe."

Die beiden Siege nach der langen Niederlagenserie in Tokio gegen den Franzosen Edouard Roger-Vasselin und nun in Wien gegen den Slowaken Norbert Gombos haben dem zumindest nicht entgegen gesprochen. Rechtfertigen muss er sich für seine Entscheidung aber ohnehin nicht. "Ich muss niemand mehr etwas beweisen." Nachdem der 33-Jährige noch vor kurzem mit einem Umschwenken ganz auf das Doppel spekuliert hatte, kam das Umdenken recht plötzlich. "Ich habe mich auf einer langen Autofahrt von Wien nach Prag dafür entschieden, noch einmal auf das Einzel zu gehen".

Für das Einzel setzte sich Melzer ein Ultimatum: "Wenn ich Ende 2015 nicht Top 100 bin, spiele ich 2016 nicht mehr." Eine Hintertüre lässt er sich mit Olympia in Rio aber offen. "Das ist mein erklärtes Ziel, Doppel möchte ich dort auf alle Fälle spielen". Sollte sein bevorzugter Partner Alexander Peya beim Quali-Termin nicht in den Top Ten stehen, braucht er dafür ein entsprechendes Einzel-Ranking. "Das ist auch ein Grund, warum ich noch einmal voll auf das Einzel gehe".

Das Sammeln von Einzel-Punkten soll für Melzer nächste Woche in Valencia weitergehen. Da er vor einem Jahr zu Beginn seiner halbjährigen Pause wegen einer Schulterverletzung in den Top 30 gestanden war, benötigt er gemäß ATP-Reglement für dieses 500er-Turnier kein "protected ranking" für einen Hauptfeldplatz. Danach geht es zum 1000er nach Paris und zu einem Challenger in Bratislava.

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