Studie stützt Verdacht auf Doping zu BRD-Zeiten
Für Medaillen und Siege tat man (fast) alles - nur Frauen und Minderjährige waren tabu.
"Wir können mit Dokumenten belegen, dass an strategischen Planungen im Forschungsbereich auch Vertreter der Sportabteilung des BMI teilgenommen haben", sagte Professor Giselher Spitzer von der Berliner Humboldt-Universität am Montag. Zuvor hatten die Projektleiter Spitzer und Michael Krüger den zweiten Zwischenbericht zur Studie "Doping in Deutschland" vorgestellt.
Die Studie stützt sich auf zahlreiche Archivdokumente und Aussagen von Zeitzeugen. Das 500-seitige Dokument soll laut Spitzer bis Mitte November in einer Druckfassung vorliegen und dann auch im Internet () verfügbar sein.
Das 1970 gegründete Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp), das die aktuelle Studie koordiniert, begleitet und finanziert, habe damals die "Forschungen mit Anabolika, Testosteron und anderen für Dopingzwecke geeigneten Substanzen" koordiniert, stellte Spitzer fest. Kontrolliert von teils hochrangigen Medizinern, abgesegnet durch die Politik. "Man kann durchaus von einer staatlich subventionierten Anabolika-Forschung sprechen. Als Begründung wurde oft herangezogen, dass man mit der DDR sportlich auf Augenhöhe sein wollte", sagte Spitzer.
"Das für uns als Forschungsgruppe Erschütterndste war, dass man in der Anfangsphase der Anabolika-Forschung die Gesundheitsschäden für den Mann zweifelsfrei festgestellt hat", erklärte der Professor. Die Forschungsergebnisse seien aber "vom Sport nicht aufgegriffen und kommuniziert worden, weil damit die leistungssteigernde Rolle der Anabolika vorbei gewesen wäre".
So habe es mit Wissen des Innenministeriums (BMI) Mitte der 80er Jahre eine "multizentrische Testosteron-Studie" von vier sportwissenschaftlichen Forschungs-Instituten gegeben. Ziel war eindeutig die Leistungssteigerung, "es wurde auch mit relativ hohen Dosierungen gearbeitet", sagte Projektleiter Spitzer, der die Testosteron-Forschung als "Geldverschleuderung" bezeichnete: "Die Mediziner haben falsche Informationen an die Nicht-Mediziner gegeben."
Um bei Olympia 1972 in München Medaillen zu gewinnen, seien gemäß der Studie "eindeutige Signale" aus dem Bonner Innenministerium gekommen, "alle Mittel zu nutzen". Ein unrühmlicher Höhepunkt war 1976 vor und bei den Olympischen Spielen in Montreal erreicht: Insgesamt 1.200 Spritzen mit den Medikamenten Berolase und Thioctacid sollen bei westdeutschen Schwimmern, Leichtathleten und Bahnradfahrern zur Leistungssteigerung gesetzt worden sein.
"Das waren ganz klar Dopingmittel, auch wenn sie damals noch auf keiner Verbotsliste standen", betonte Professor Spitzer. Konsequenzen hat vorerst niemand zu fürchten. Man müsse erst die abschließenden Berichte abwarten, hieß es vonseiten der Verantwortlichen. Diese sollen erst im kommenden Jahr vorliegen.
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