Sportschütze Zechmeister: "Waffen im Handgepäck sind verboten"

Die Schießbewerbe der European Games beginnen am Donnerstag. Richard Zechmeister ist einer von neun Österreichern in Polen.
KURIER: Kann ein Choleriker ein guter Schütze sein?
Richard Zechmeister: Schwer. Man muss aber nicht so ruhig sein wie ich. Es gibt ein paar extrovertierte Typen. Aber du brauchst eine innere Ruhe und musst deinen Fokus nach innen richten können.
Wie hoch ist Ihr Ruhepuls?
Um die 40. Ich habe einmal bei einem Wettkampf eine Pulsuhr getragen. Im Training bist du immer allein, aber bei einem Wettkampf wird auf einmal rund um dich geschossen. Im Stress bin ich auf über 100 Schläge gekommen.
Wie schwer ist Schießen auf höchstem Niveau?
Ich habe meine Gedanken zum Ablauf eines Schusses aufgeschrieben. Es wurden zwei A4-Seiten. Eines der Hauptziele im Training ist die Wiederholbarkeit, im Stress hilft dir die Routine. Vor dem Schuss musst du jeden Muskelzucker vermeiden, dann hebst und senkst du die Waffe nur gesteuert durch die Atmung.
Der Weltmeister im Teambewerb mit der Luftpistole wartet im Eingangsbereich des Hallenbades Eisenstadt. Richard Zechmeister öffnet im Keller die Tür zu einem länglichen Raum, der Anfang der 1980er-Jahre für eine Kegelbahn gedacht war, aber dann ein Schießstand wurde. Der 48-Jährige nimmt seinen Werkzeugkoffer, der jedem Heimwerker zur Ehre gereichen würde. Statt Schraubenzieher und Hammer sind aber zwei Pistolen samt Kleinzeug darin: eine Luftpistole und eine Kleinkaliberpistole. Wert jeweils zwischen 2.000 und 2.500 Euro. 10.000 Schuss mit der Luftpistole, 20.000 mit der Schnellfeuerpistole kosten pro Jahr etwas mehr als 2.000 Euro.
Zechmeister begann mit 15 Jahren mit dem Schießen, 2018 wurde er ins Nationalteam aufgenommen. Er ist aufgewachsen in St. Georgen, einem Ortsteil von Eisenstadt und arbeitet beim Magistrat der Landeshauptstadt. Rund 13 Stunden trainiert er pro Woche, "mein ganzer Urlaub geht für die internationalen Wettkämpfe drauf".
Mit der Luftpistole haben die Athleten 75 Minuten Zeit für 60 Schuss. Sie stehen dabei zehn Meter von der Scheibe entfernt, deren Zentrum (10er) einen Durchmesser von elf Millimeter hat. Für eine Finalteilnahme bei einem internationalen Bewerb sind ungefähr getroffene 580 Ringe notwendig.
Zechmeisters großes Ziel sind die Olympischen Spiele nächstes Jahr in Paris. Mit der 40-jährigen Salzburgerin Sylvia Steiner hat er 2022 bei der WM in Kairo Gold geholt. Bei der EM in Estland verpassten die beiden den Bronzekampf um nur zwei Ringe.
In diesem Jahr sind die Höhepunkte die European Games in Krakau (da ist Zechmeister der älteste österreichische Teilnehmer) und die Weltmeisterschaft in Baku im August. In Österreich gibt es keine Sportstätte für ein Großereignis, denn dabei wird gleichzeitig auf mindestens 60 Schießbahnen geschossen. Bei der WM in Kairo waren es fast 100 Bahnen.
Für den olympischen Mixed-Bewerb gibt es keine Startplätze. Sind eine Frau und ein Mann aus einem Land für Paris qualifiziert, dürfen sie im Mixed antreten. Bei den Olympischen Spielen gibt es je sechs Entscheidungen bei Männern und Frauen mit Kleinkalibergewehr (Dreistellungsmatch), Luftgewehr, Schnellfeuerpistole, Luftpistole, Trap, Skeet sowie drei im Mixed.
Haben Sie bei den Reisen zu Wettkämpfen Ihre Waffe immer bei Ihnen?
Natürlich sind Waffen im Handgepäck verboten. Obwohl man bei der Luftpistole den Druckluftbehälter leeren muss und man gar nicht schießen könnte. Das Mühsame kommt meist bei der Einreisekontrolle. Voriges Jahr bei der WM habe ich sechs Stunden nach der Ankunft auf dem Flughafen verbracht. Mein Rekord liegt in Rio mit acht Stunden. Außerdem sind nur fünf Kilo Munition erlaubt, das schränkt die Trainingsmöglichkeiten vor dem Wettkampf ein.
Kommen manchmal die Waffen auch gar nicht an?
Selten. Einem Nachwuchsteam ist es einmal passiert, dass sich eine Pilotin geweigert hat, die Waffen mitzunehmen. Bei den Bewerben sind die wichtigsten Waffenhersteller dabei und helfen bei Problemen. Denen fehlen aber manchmal auch Ersatzteile.
Warum tragen Sportschützen so eigenartige Brillen?
Ein Auge wird abgedeckt, denn es ist schwer, es 75 Minuten zuzumachen. Das würde die Augen unnötig ermüden. Auf dem anderen Auge können wir uns durch Filter und optische Effekte beim Anvisieren helfen. Es wird nicht das Zentrum anvisiert, weil das auf Schwarz schwierig ist. Ich visiere im Weißen an, die Waffe ist so eingestellt, dass sie dann in die Mitte schießt.
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