O'Sullivan bittet wieder zu Tisch

Die Snooker-Legende kehrt bei der WM in Sheffield nach einem Jahr Auszeit zurück in den Profi-Sport.

21. April 1997. Mehr als 16 Jahre ist der Tag her, an dem sich Snooker-Profi Ronnie O’Sullivan selbst ein Denkmal setzte. 21 Jahre war er alt, als er bei der WM im legendären Crucible Theatre in Sheffield das schnellste Maximum Break der Snooker-Historie hinlegte.

O’Sullivan benötigte gerade einmal neun Sekunden pro Stoß, um den gesamten Tisch abzuräumen. Insgesamt 5:20 Minuten dauerte es, ehe der Engländer die Höchstzahl von 147 Punkten erspielte und in die Annalen der Snooker-Geschichte einging. Seitdem ist der heute 37-Jährige für Snooker das, was Michael Jordan für Basketball und Tiger Woods für den Golf-Sport ist: die alles überragende Legende.

Letztes Jahr kehrte er dem Profisport den Rücken, weil er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen wollte. Dennoch wurde in den Medien spekuliert. Kein Wunder, denn die Geschichte der Familie O’Sullivan liefert genug Stoff, um den Plot eines Sport-Dramas zu füllen.

Alkohol & WM-Titel

Als O’Sullivan gerade 16 Jahre alt war, wurde sein Vater Ronnie Sr. wegen Totschlags zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Seine Mutter musste zwei Jahre später wegen Steuerhinterziehung für sieben Monate hinter Gitter. Genug Gründe für Ronnie Jr., dem Alltag zu entfliehen.

Einerseits durch Snooker, andererseits durch Alkohol und Drogen. 1998 wurde er nach einem positiven Dopingbefund auf Cannabis von den Irish Masters disqualifiziert. Weil Psychologen nicht helfen konnten, ging er 2000 für ein Monat in eine Klinik für Suchtentwöhnung. Danach litt O’Sullivan unter Depressionen und Panikattacken, doch sportlich lief es rund: Der Engländer konnte 2001 den ersten WM-Titel seiner Karriere einfahren. Weitere folgten 2004, 2008 und vor einem Jahr, bevor er seinen Abschied aus dem Profisport bekannt gab.

Lang hielt es O’Sullivan nicht ohne Snooker aus. Nachdem er aus Langeweile zwischenzeitlich sogar als Praktikant am Bauernhof arbeitete, kehrte er vergangenen Samstag wieder zurück und kämpft nun um seinen fünften WM-Titel im Crucible Theatre von Sheffield. Jenem Ort, an dem er seinen größten Erfolg gefeiert hatte und der ihm am 21. April 1997 einen Eintrag ins Guinness Buch der Weltrekorde gebracht hat. „Nun ist es wieder an der Zeit, das zu tun, was ich die meiste Zeit meines Lebens getan habe“, sagte O’Sullivan über sein Comeback und äußerte die Befürchtung, dass es für ihn im schlimmsten Fall wie ein „Autounfall“ werden könnte.

Starker Auftakt

Doch der Auftakt lässt anderes vermuten. Schon im ersten Spiel gegen Marcus Campbell vergangenen Samstag zeigte O’Sullivan seine Klasse. Mit 10:4 besiegte er den Schotten auf dem eineinhalb Tonnen schweren Snooker-Tisch. Durch den Erfolg steht O’Sullivan im Achtelfinale am Samstag. Ins Finale am 5. und 6. Mai ist es aber noch ein weiter Weg.

Warum O’Sullivan nach einem Jahr Auszeit ein Titel dennoch ernsthaft zuzutrauen ist? Der englische Telegraph weiß es: „Es gibt Spieler wie Tiger Woods oder Roger Federer, aber nur ein Genie wie Ronnie O’Sullivan.“

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