Schweitzer: "Darabos hat keine Chance"

Der ehemalige Sport-Staatssekretär Karl Schweitzer meldet sich nach dem Olympia-Debakel zu Wort.

Karl Schweitzer muss wahrlich einen guten Zahnarzt haben. Immerhin hat er in seiner Amtszeit als Sportstaatssekretär von 2003 bis 2007 in der schwarz-blauen Regierung Schüssel bei einigen Themen auf Granit gebissen. Das gibt der 60-Jährige auch unumwunden zu.

Genau genommen wollte er zu der allgemeinen Diskussion um die Sportförderung nach der olympischen Nullnummer von London keinen Beitrag leisten. "Aber manches wird falsch dargestellt, daher möchte ich mich äußern." Auch, damit sein einstiges Tun als Staatssekretär nicht von anderer Stelle kritisiert werden kann.

Einiges von dem, was Sportminister Norbert Darabos zur Förder-Reform vorschlägt, hätte es laut Schweitzer schon früher gegeben – nur unter anderem Namen. "So neu ist das alles nicht."

Aus "Top Sport Austria" wurde das "Team Rot-Weiß-Rot". "Und das wurde für eine Million Euro sogar eifrig beworben." Allerdings kam das Geld aus dem Kommunikationsbudget des Verteidigungsministeriums, den Sportlern wurde kein Cent weniger ausgezahlt.

Schuldfrage

Zwei Judoka kämpfen auf einer gelben Matte.

Dem ÖOC gibt der aktuelle Präsident der österreichischen Basketball-Liga keine Schuld am Scheitern der Athleten in London. "Das ist doch lächerlich. Das ÖOC hatte mit den Leistungen nie etwas zu tun, das war nie seine Aufgabe." Vielmehr ortet der Burgenländer das Problem woanders: "Von österreichischen Sportlern werden bei Olympia Top-Leistungen erwartet, obwohl sie oft nicht top vorbereitet sind im internationalen Vergleich. Das ist ein Druck, dem man nur schwer standhalten kann. Dinko Jukic hat mit manchen Äußerungen recht. Wenn man von ihm Leistungen wie jene von Michael Phelps erwartet, dann braucht er auch ein Umfeld wie es ein Phelps hat."

Den Vorwurf, in seiner Amtszeit wurde im Gießkannen-Prinzip gefördert, weist er zurück. "Wir haben 150 Spitzensportler aus 23 Fachverbänden unterstützt. Jetzt sind es 412 aus 42 Verbänden." Freilich auch, weil heute mehr Geld für mehrere Sportler zur Verfügung steht und auch Mannschaftssportarten wie American Football oder Hockey inkludiert sind.

Straffung

Schweitzer fordert eine Zusammenlegung der drei Sportdachverbände. Schon in seiner aktiven Politiker-Karriere hat sich der heutige Lehrer an der BHAK/BHAS Oberwart daran die Zähne ausgebissen. Er kann sich nicht vorstellen, dass sich dies unter dem jetzigen Sportminister ändern wird. " Darabos hat keine Chance. Die Widerstände sind zu groß." Zu groß seien auch die parteipolitischen Interessen, zu wenig ginge es laut Schweitzer um den Sport allein.

Drei Dachverbände bedeuten auch drei Mal so viel Aufwand. "Man könnte durch eine Zusammenlegung viel einsparen, vielleicht bis zu zwei Drittel. Die handelnden Personen sind leider nicht bereit, Reformen zuzulassen. Vielmehr geht es darum, den Apparat zu erhalten."

Auch die handelnden Personen nimmt der Sportbegeisterte mit dem Sportstudium in die Pflicht. "Viele Funktionäre haben mit Sport nichts am Hut. Das ist so, als würden Blinde über die Farbe reden. Es müssen absolute Profis in führende Funktionen."

Schweitzer sieht die Verbesserung des heimischen Sportsystems in erster Linie in einem neuen Bewusstsein und einem klaren Bekenntnis zum Sport im Allgemeinen. Es geht vor allem um die Sporterziehung der Jugend im Kindergarten und in der Schule. Ausgerechnet während seiner Amtszeit wurden jedoch Turnstunden auf den Stundenplänen gekürzt. "Das hat mir sehr wehgetan. Aber ich hatte null Chance, das zu verhindern."

Geduldsprobe

Bis dieses neue Bewusstsein in den Köpfen angelangt ist, werden jedoch Jahre vergehen, wie auch Schweitzer bestätigt. "Der Sport muss auf allen Ebenen professioneller werden. Unterrichts- und Gesundheitsministerium müssten dazu ihren Beitrag leisten." Doch vor allem in diesem Bereich sieht der ehemalige Blau-Orange schwarz und verweist auf den britischen Sport-Masterplan, der 1996 gestartet worden war und den Briten nun einen Medaillenregen bescherte.

Die Diskussion geht weiter. Schon am Sonntag im ORF mit Sportminister Darabos.

Masterplan: Erfolg auf dem Reißbrett

Vorhaben So möchte Minister Darabos die Rahmenbedingungen verbessern.

Aufteilung Der Entwurf des neuen Gesetzes sieht als Eckpunkte die Aufteilung der Fördermittel für den Bereich Spitzensport (50 %), den Bereich Breitensport (45 %) und einen für "zentrale Fördernehmer" (5 %) vor.

Keine "Gießkanne" Grundlage der Leistungsförderung wird ein "duales Fördermodell" sein, das sich in eine über vier Jahre gesicherte Grundförderung und eine je nach Bedarf jährlich unterschiedliche "Maßnahmenförderung" gliedert.

Klare Förderung Zusammenlegung der unterschiedlichen Fördertöpfe zu einem "Bundessportförderungsfonds".

Kontrolle der Fördermittel, Aufbau einer Bundessport-Förderdatenbank.

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