Russlands "Krieg" bei Olympia

Ein Mann blickt auf ein Logo der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018.
"Wir sind jetzt praktisch wie im Krieg", meint Russlands Sportminister nach dem eher enttäuschenden Abschneiden seiner Athleten.

Mit martialischen Worten kommentierte Russlands Sportminister Witali Mutko das bislang eher enttäuschende Abschneiden der russischen Athleten bei Olympia: "Wir sind jetzt praktisch wie im Krieg. Das Wichtigste ist, die Heimat zu verteidigen. Die Konsequenzen ziehen wir später."

Kein Wunder, dass er das Ziehen von Konsequenzen meiden will, hat nach dem Debakel von Vancouver schon die zweite Olympia-Schlappe zu verantworten. Von den 20 bis 30 Goldmedaillen, die er als Ziel ausgab, ist das Land meilenweit entfernt. Lediglich vier Olympiasiege durften die Russen nach 162 der 302 Entscheidungen bejubeln - das Ergebnis von Peking 2008 mit 23 Goldmedaillen ist nicht mehr zu erreichen.

Dabei hatte Präsident Wladimir Putin die 436 russischen Olympia-Athleten mit Nachdruck zu Erfolgen aufgefordert. "Unsere Fahne soll oft hochgezogen und unsere Hymne oft zu hören sein." Medaillen-Prämien von bis zu 100.000 Euro sollten Ansporn sein. Immerhin gab es Gold in Putins Lieblingsdisziplin Judo, die er in London selbst als Zuschauer besuchte.

   Die zweite Olympia-Woche verspreche noch eine "reiche Gold-Ernte", versuchten Medien in Moskau die Fans zu trösten. Hoffnungsträger sind Stars wie Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa, die Geherin Olga Kanisskina, die Synchronschwimmerinnen und die Königin der rhythmischen Sportgymnastik, Jewgenia Kanajewa.

Untergangsstimmung

Die russischen Sportfunktionäre wollten von Untergangsstimmung jedenfalls nichts wissen. "Unsere früheren Landsleute schnappen uns viele Medaillen weg", sagt der Präsident des Olympischen Komitees Russlands, Alexander Schukow. "Selbstverständlich haben die Fans das Recht, bessere Ergebnisse zu erwarten. Aber natürlich ist es auch nicht so leicht, Medaillen zu gewinnen."

   Schukow kündigt "ernste Entscheidungen" an, um die Sportler für die kommenden Sommerspiele in Brasilien "konkurrenzfähig zu machen". Vor allem will er dafür die besten Trainer der Welt nach Russland holen. "Vom Trainer hängt sehr viel ab", betonte er. Ihren Rücktritt kündigten zunächst die Nationaltrainer der Fecht- und Schießmannschaften, Wladislaw Pawlowitsch und Igor Solotarjow, an. Statt der geplanten sechs Medaillen hätten die Fechter nur dreimal auf dem Treppchen gestanden, sagte Pawlowitsch. Die Schützen brachten es nur auf eine Bronze-Medaille.

   Die Furcht vor einer Pleite bei den Spielen in Sotschi, die Russland schätzungsweise über zehn Milliarden Euro kosten, bereitet der früheren sportlichen Supermacht Kopfschmerzen. Die dreifache Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Irina Rodnina beklagte, mit der Sowjetunion seien 1991 auch die gesamte Nachwuchsarbeit sowie der Respekt vieler Sportler vor dem fast militärischen Drill ihrer Trainer untergegangen.

Fehler des Postkommunismus

Die Zeit bis Sotschi sei zu kurz, "um alle Fehler des Postkommunismus zu beseitigen", sagte die 62-Jährige in einem Interview. Einige Medien begründeten den Leistungsknick auch mit einem angeblich schärferen Anti-Doping-Kurs.

   Sportminister Mutko lehnte einen Rücktritt ab, den Regierungschef Dmitri Medwedew noch in seinem Amt als Präsident angedroht hatte. "Was Ihr doch blutrünstig seid", sagte der enge Freund von Putin Reportern. Ob jemand glaube, dass sich die Lage bessere für Russland, wenn er gehe, fragte er bissig. Er sei als Minister zuständig dafür, die Bedingungen für sportliche Erfolge zu schaffen. Und nichts anderes habe er getan. Vor den Spielen in London hatte er noch von Platz drei gesprochen - "hinter den USA und China und auf jeden Fall vor Gastgeber Großbritannien".

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