Rogge weiter gegen Schweigeminute in London

Eine Schweigeminute bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London wird zum heiklen Thema für das Internationale Olympische Komitee (IOC). Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, sein israelischer Amtskollege Danny Ayalon, der US-amerikanische Senat und andere fordern, dass man den elf israelischen Olympioniken gedenkt, die bei der Geiselnahme von München 1972 getötet wurden.
IOC-Präsident Rogge weist das Anliegen zurück: Man habe ausreichend der Opfer gedacht, außerdem nehme er an der inoffiziellen Zeremonie der israelischen Delegation im Vorfeld der Spiele teil. In einem Interview mit der Zeitschrift "Sport Bild" fügte Rogge Mittwoch dieser Woche hinzu: "Die Atmosphäre bei der Eröffnungsfeier in London muss von Fröhlichkeit und Feierlichkeit geprägt sein, nicht von Trauer."
Das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) hält sich aus den Diskussionen heraus. "Es ist Sache des IOC zu entscheiden, was im Olympischen Dorf passiert und was nicht", sagte Wolfang Eichler, Sprecher des ÖOC, gegenüber der APA.
Die Forderung ist politisch heikel: Mit seiner Ablehnung versucht das IOC möglicherweise, einem Konflikt mit arabischen bzw. muslimischen Ländern zu entgehen, die inzwischen zu wichtigen Geldgebern aufgestiegen sind. Die "New York Daily News" unterstellte Rogge daraufhin "Berechnung statt Mitgefühl", der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, bezeichnete die Weigerung als "gefühlskalt" und "unmenschlich".
Ausgegangen war die Initiative von Hinterbliebenen der getöten Sportler, die ab Mai von Ayalon unterstützt wurden. Der Forderung schlossen sich der US-Senat, das australische Parlament und das Stadtparlament von London an. Und Ende letzter Woche schrieb laut "Bild"-Zeitung auch Westerwelle einen Brief an Rogge, in dem er sich für eine offizielle Schweigeminute aussprach.
Die Geiselnahme von München jährt sich heuer zum 40. Mal. Am 5. September 1972 war das palästinensisches Terrorkommando "Schwarzer September" in das Quartier der israelischen Olympia-Mannschaft eingedrungen, um palästinensische Gefangene freizupressen. Bei der darauffolgenden Geiselnahme und gescheiterten Befreiungsaktion wurden alle elf israelischen Sportler, ein deutscher Polizist und fünf Geiselnehmer getötet.
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