Reitsport-Hochburg Wien
Michael Phelps krault in Wien. Oder Roger Federer und Novak Djokovic schlagen sich doch wieder in der Wiener Stadthalle herum, während Usain Bolt in Schwechat seine Runden dreht. So verrückt kann die Sportwelt gar nicht spielen.
Im Reitsport ist es möglich. Österreich mausert sich immer mehr zur Rösserhochburg. Vor allem Wien. "Neben Paris ist Wien die einzige Stadt weltweit, die zwei Fünf-Stern-Turniere im Springreiten anbietet", erzählt Josef Göllner stolz. Dieser Herr ist seit dem Vorjahr der Organisator des Wiener Pferdefestes, das am Donnerstag mit dem traditionellen Kinderfest begann. Im September gastierte auf dem Rathausplatz erstmals die Global Champions Tour, seit heuer hat das Fest in der Stadthalle erstmals Fünf-Stern-Charakter (höchste Preisgeld-Kategorie). Und deshalb schauen auch die Weltbesten mit ihren Pferden vorbei.
Zum Beispiel der Schweizer Steve Guerdat, Olympiasieger und seit Monatsbeginn weltweit die Nummer eins der Springreiter. Oder die weiteren Medaillengewinner aus London, der Niederländer Gerco Schröder und der Schweizer Pius Schwizer. Oder die Deutsche Armada, angeführt von Hans-Dieter Dreher, zuletzt erfolgreich bei Großen Preisen auf der ganzen Welt. Sie alle springen am Montag beim abschließenden Grand Prix um eine Gesamtdotation von 150.000 Euro.
Professionalität
Möglich macht es Göllner selbst. Mit seiner „horsedeluxe event GmbH“. 2010 musste sich der langjährige Organisator Peter Nidetzky beugen, das Turnier pausierte und schien gestorben. "Ein professionelleres Umfeld lässt eben heute viel mehr zu. Wir verfügen allein über ein Equipment in der Höhe von zwei Millionen Euro, auch aufgrund von Sponsoren", sagt Göllner und weist darauf hin, dass das Unternehmen deshalb auf gesunden Füßen steht. "Nidetzky musste sich alles ausleihen, das konnte sich nicht ausgehen. Wir selbst veranstalten ja mehrere Turniere."
Zum Beispiel auch das "Pappas Amadeus Horse Indoors" in Salzburg, bei dem ebenso Göllner seit Jahren die Zügel in den Händen hält. Dort kommt es von 6. bis 9. Dezember zu einer Österreich-Premiere: Erstmals gibt es einen Fünf-Sterne-Dressurbewerb.
Vielfältigkeit
In Linz und Wiener Neustadt wird ebenfalls fleißig um Preisgelder geritten, weitere Dressur-Höhepunkte gibt es in Fritzens (Tirol), Achleiten (Oberösterreich) und Treffen. In Kärnten zaubert übrigens der dreifache Weltmeister Edward Gal aus den Niederlanden seit heuer mit seinen Rössern edle Figuren in den Sand. Und dann gibt es ja noch die Spielwiese von Frank Stronach, das Magna Racino. Dort findet neben Galopp- und Traberrennen alljährlich im Mai die zweitgrößte Springreit-Serie Europas statt. Drei Wochen wird dort über Hürden gesprungen. "Das ist ein Geschäft mit der Liebe", betonte der 80-jährige Milliardär und Pferdefreund.
Während die Veranstaltungsszene in Österreich blüht, sind die Springreiter von internationalem Format dünn gesät. Der Beste ist der 31-jährige Salzburger Stefan Eder, der zuletzt in Marokko gut gesprungen ist und noch immer auf die neuesten Zahlen der Weltrangliste und damit auf seinen Sprung unter die Top 100 wartet. "Wahrscheinlich brauchen die Punkte aus Marokko noch länger, als ich es nach Hause gebraucht habe." Selbstverständlich startet Eder auch in Wien und freut sich darauf: "Es ist immer schön, vom Publikum angefeuert zu werden." Dasselbe sollte auch für Österreichs Nummer zwei gelten. Stefanie Bistan, ebenfalls aus Salzburg, zählt zu den großen Talenten. Kein Wunder, die Dame ist erst 20 Jahre alt und damit nur vier Jahre jünger als das Pferd von Thomas Frühmann.
Vergangenheit
The Sixth Sense ist mit seinem 61-jährigen Reiter, der Bistans Großvater sein könnte, freilich auch wieder mit dabei. Der 70-jährige Hugo Simon, der mit Frühmann 1992 Olympia-Silber im Team holte, wird in Wien nicht zum Sattel-Schlepper. Er flog zuletzt in Linz vom Pferd. "Ich habe mir das Kreuz verrissen. Und wenn ich nicht ganz fit bin, möchte ich das meinem jungen Pferd nicht zumuten", sagt der Routinier. "Nächstes Jahr wieder."
In Österreich gab es im Jahr 48.387 Reiter und mittlerweile 1363 Vereine.
Das stärkste Bundesland stellt Niederösterreich mit 15.479 Reitern und 468 Vereinen, gefolgt von der Steiermark mit 7271 Reitern und 211 Vereinen.
Wien liegt in dieser Bilanz weit hinten, in der Bundeshauptstadt gibt es 41 Vereine mit 1845 Reitern.
| 1. | Stefan Eder | 9.757,25 Punkte |
| 2. | Stefanie Bistan | 4.697,89 Punkte |
| 3. | Dieter Köfler | 4.516,28 Punkte |
| 4. | Gerfried Puck | 3.994,66 Punkte |
| 5. | Astrid Kneifel | 3.606,48 Punkte |
| 6. | Christian Schranz | 3.545,87 Punkte |
| 7. | Thomas Frühmann | 3.392,02 Punkte |
| 8. | Julia Kayser | 3.148,52 Punkte |
| 9. | Markus Saurugg | 3.111,05 Punkte |
| 10. | Anton Martin Bauer | 2.452,00 Punkte |
| 20. | Hugo Simon | 1.080,20 Punkte |
Höhepunkt des 26. Pferdefestes in der Wiener Stadthalle ist wie jedes Jahr der abschließende Grand-Prix am Montag (20.15 Uhr), der heuer erstmals Fünf-Stern-Charakter besitzt. Rekordchamp ist der Schweizer Beat Mändli (5 Siege). Der zweite Höhepunkt ist auch heuer wieder das Hallenderby am Samstag (20.30 Uhr) auf dem längsten Parcours der Welt. Bereits heute startet ab 20.45 Uhr das Mächtigkeitsspringen .Daneben gibt es wieder täglich Showprogramme aller Art und Dressurprüfungen – und das erstmals als Vier-Sterne-Event.
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