Wiggins: "Habe es gehasst, Toursieger zu sein"

Es gibt glamourösere Orte als Kulisse für das Ende eines ruhmreichen Kapitels. Die Champs Elysees in Paris etwa, auf denen Sir Bradley Wiggins 2012 den ersten britischen Tour-Sieg fixierte. Oder London, wo er im gleichen Jahr Zeitfahr-Olympiasieger wurde. Doch Wiggins wird seine letzten Straßen-Rennkilometer am Sonntag bei Paris-Roubaix im alten Velodrom abspulen.

Ein Sieg in Roubaix wäre für ihn mehr wert als der Toursieg 2012. "Sicher, die Tour war eine große Sache, aber hier ist nach sechs Stunden alles vorbei. Es ist der große Gegensatz. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das Rennen einmal von einem Dopingskandal überschattet worden ist. Es geht um nichts anderes als um Radsport."
Druck & Boom
Wiggins beschreibt, wie er in solchen Rennen die Liebe zum Radsport neu entdeckt hat. Die hatte er 2012 verloren, als ihm der Rummel um seine Person und die immer wiederkehrenden Fragen zum leidigen Doping-Thema zu viel geworden waren. "Ich habe es gehasst, Toursieger gewesen zu sein. Ich habe die Medien dafür gehasst, dass sie mir immer wieder Fragen zu Lance Armstrong gestellt haben. Ich habe Armstrong gehasst, dass er Oprah Winfrey dieses Interview gegeben hat. Und ich habe es gehasst, der Toursieger in einer Periode gewesen zu sein, der all diese Fragen beantworten musste." Er habe sich im Nachhinein oft gefragt, wie er es überhaupt geschafft habe, die Frankreich-Rundfahrt unter diesem großen Druck zu gewinnen.

Erlösung
Der verletzungsbedingte Verzicht auf die Tour 2013 sei wie eine Erlösung gewesen, sagte er rückblickend. "Ich war die Affen auf meinem Rücken los und ein anderer musste sie tragen", erklärte Wiggins. Der andere war sein Landsmann Christopher Froome.

Wiggins kennt nach sieben Teilnahmen die 27 Kopfsteinpflaster-Passagen auswendig. Er weiß, welche Wattzahlen er treten muss und wo die größten Gefahren lauern. Im Vorjahr wurde er Neunter, diesmal soll es für ganz vorne reichen. Als Belohnung wartet ein Pflasterstein auf den Sieger.
Im nächsten Jahr soll es dann wieder Edelmetall sein, wenn Wiggins in Rio auf der Bahn starten will. Mit viermal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze gehört er schon jetzt zu den erfolgreichsten britischen Olympioniken. "Ich möchte nicht in den nächsten Jahren vergessen werden und als geschlagener Ex-Toursieger durchs Leben gehen", sagt Wiggins. Die Gefahr ist ohnehin relativ gering.
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