Olympia-Mutmacher für das jüngste Land

Ein Läufer in einem roten T-Shirt mit dem Logo der Iowa State Cyclones.
Ein Flüchtling aus dem Südsudan darf in London starten, obwohl der 193. Staat der Erde nicht Mitglied des IOC ist.

Weil der Südsudan noch kein nationales Olympisches Komitee hat, entschied das IOC in einer Geste der Humanität: Guor Marial darf unter der olympischen Flagge starten. "Wow! Das ist so aufregend. Ich bin sprachlos. Die Stimme des Südsudan ist erhört worden. Obwohl ich nicht unsere Flagge tragen kann – das Land ist hier dabei", jubelte der 28-Jährige, der in Flagstaff im US-Bundesstaat Arizona lebt. "Deshalb bin ich jeden Morgen aufgestanden, ich habe meine Laufschuhe angezogen und bin gerannt", meinte der Marathon-Mann.

Ein Start für den Sudan kommt für Marial nicht infrage. Das ist eine Sache der Ehre: Im blutigen Bürgerkrieg hat Guor Marial 28 Familienmitglieder verloren. Etwa zwei Millionen Menschen starben im Südsudan. "Für mich wäre das in erster Linie Verrat an meinem Land, wenn ich für den Sudan starten würde. Und es wäre respektlos meinen Landsleuten gegenüber, die für die Freiheit gestorben sind", erklärte er.

Politischer Flüchtling

Vor elf Jahren wurde Marial von den USA als politischer Flüchtling anerkannt. Den Tag seiner Ankunft in Amerika wird er niemals vergessen: Es war der 19. Juli 2001. Vor einem Jahr schloss er sein Chemie-Studium erfolgreich ab. Für die USA kann er nicht laufen: Er hat zwar eine ständige Aufenthaltsgenehmigung, aber nicht die US-Staatsbürgerschaft. Marial lief im Juni in 2:12:55 Stunden persönliche Bestzeit.

Das Schicksal von Lopez Lomong hatte Marial Mut gemacht. Sein Landsmann war im Bürgerkrieg als Sechsjähriger von Milizen gekidnappt worden – er sollte als Kindersoldat rekrutiert werden. Doch Lomong konnte nach Kenia fliehen. Im Rahmen des Programm "Lost boys of Sudan" wurde er von den USA aufgenommen und im Juli 2007 eingebürgert. Stolz trug der damals 23-Jährige ein Jahr darauf in Peking bei der Eröffnung die US-Flagge ins Olympiastadion.

Ausnahmesportler

Wie Marial dürfen auch drei Athleten von den ehemaligen Niederländischen Antillen bei den Spielen in London unter der olympischen Flagge starten. 1992 in Barcelona durften Sportler aus Ex-Jugoslawien unter den fünf olympischen Ringen antreten, 2000 in Sydney waren es Athleten aus Osttimor.

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