Österreich erstmals seit 1964 ohne Olympiamedaille

Das steht nach dem Mountainbike-Rennen der Männer in London fest, da dies der letzte Bewerb war, bei dem Österreicher am Start waren. Das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) hat am Schlusstag der Sommerspiele in London eine ernüchternde Bilanz gezogen.
Mit vorerst 16 Top-Ten-Plätzen gab es auch 14 weniger als vor vier Jahren in Peking. Der Großteil der österreichischen Athleten schien von der Weltspitze so weit entfernt wie lange nicht.
"Es ist schmerzlich", gestand ÖOC-Präsident Karl Stoss am Sonntag vor dem abschließenden Mountainbike-Rennen der Herren. "Da gibt es nichts zu beschönigen." Viele Niederlagen hätte er miterlebt, traurige und frustrierte Athleten gesehen. "Erfolge und Misserfolge liegen im Spitzensport aber oft sehr eng beisammen", erinnerte Stoss. Für Österreich schlug das Pendel in der britischen Hauptstadt fast nur in eine Richtung aus.
70 Athleten hatte das ÖOC nach London entsandt, einige davon waren von Sportminister Norbert Darabos medial als "Olympia-Touristen" verunglimpft worden. Die Nominierungskriterien, die das Komitee weitgehend der Vergabe der Startplätze durch die internationalen Fachverbände angepasst hat, will Stoss im Hinblick auf Rio 2016 von Sportler zu Sportler einzeln durchgehen. "Pauschalurteile helfen niemandem und machen auch wenig Sinn", betonte der ÖOC-Chef.
Stoss machte stattdessen auch "semi-optimale Bedingungen" in der heimischen Infrastruktur für die fehlenden Weltklasseleistungen verantwortlich. "Die Grundvoraussetzungen für Spitzensport sind in Österreich oft nicht gegeben", meinte der 55-jährige Vorarlberger. Als Beispiele führte er zu niedrige Hallen für Gymnastin Caroline Weber, kaum Trainingsmöglichkeiten für die Synchronschwimmerinnen oder einen fehlenden Wildwasserkanal an.
"Wir möchten aber nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Wir werden mit Athleten und Verbänden nach Lösungen suchen", versprach Stoss. Die fünf bestehenden Olympia-Zentren in Linz, Salzburg, Innsbruck, Dornbirn und in der Südstadt sollen verstärkt in Anspruch genommen werden, dazu sollen die Athleten viel stärker eingebunden werden. "Sonst sprechen wir wie der Blinde von der Farbe", meinte Stoss.
Die Wahl einer Athletenkommission läuft. "Ein Vertreter wird mit Sitz und Stimme im ÖOC sitzen, auch im Winter", erklärte ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel. Die von der Öffentlichkeit immer wieder geforderten Ex-Sportler in Führungspositionen sind ebenfalls ein Thema. Stoss: "Es macht jetzt aber noch keinen Sinn, Namen fallen zu lassen." Vorerst gilt es, London aufzuarbeiten.
"16 Top-Ten-Plätze sind für ein so kleines Land schön, aber wir haben keine Medaille", erinnerte Stoss. "Dort müssen wir den Hebel ansetzen." Stoss betonte, dass die Sportler dem ÖOC erst kurz vor den Spielen zur Verfügung stehen. Man könne nur die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. "Das Thema ist in Österreich eine vorhandene Nivellierung zum Mittelmaß", meinte der ÖOC-Präsident. "Das kann und darf es nicht geben."
Positive Aspekte waren wenige zu finden - das Abschneiden einiger junger Athleten wie Hürdensprinterin Beate Schrott etwa, der Fahnenträgerin bei der Schlussfeier am Sonntagabend, oder den großen Zuspruch für das Österreich-Haus in der Londoner Innenstadt. "Dieses Haus war ein voller Erfolg", sagte Stoss. "Wenigstens haben wir hier einen gehabt." Mehr als 30.000 zahlende Gäste seien zum Teil in Dreierreihen um heimische Spezialitäten angestanden. "Das ist eine Riesenwerbung für Österreich", versicherte Stoss.
Bei den Winterspielen 2014 in Sotschi soll das Haus - finanziert vollständig durch private Sponsoren - erneut öffentlich zugänglich sein. In London stehen davor als nächster Höhepunkt bereits ab Ende August die Paralympics auf dem Programm. Österreich wird mit mehr als 30 Athleten vertreten sein. Daher betonte auch Stoss, der bei seinen ersten Sommerspielen als ÖOC-Präsident ohne Medaille geblieben ist: "Es gibt ein Leben danach."
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