ÖOC: Der kapitale Bock des Platzhirschen

Ein Mann sitzt auf einem Sofa vor einer Wand mit Bildern von Häusern, Autos und olympischen Ringen.
Anklage gegen Ex-ÖOC-General Jungwirth: Wohin das Geld geflossen sein soll. Was sein Ex-Präsident sagt.

Es war eine unterhaltsame Unterredung an diesem 18. Jänner 2009. Heinz Jungwirth, Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC), versuchte im KURIER-Gespräch zu erklären, wie er seinen feudalen Lebensstil finanzieren könne: ein Herrschaftshaus im Weinviertel; ein Weinkeller, in dem es sich sogar Fußball spielen ließe; ein Fuhrpark von Porsche bis Puch G, von Audi bis VW; 15.200 Quadratmeter Grund; eine Reithalle im Ausmaß von 70 mal 20 Meter samt Stallungen, Koppel, Pferdedusche. Quasi nebenher ließ man noch einige Dressurpferde auf einem der mondänsten Gestüte Deutschlands laufen.

Also sprach Heinz Jungwirth, als der KURIER sein Luxusleben enthüllte: "Wenn viele mithelfen, ist das im Weinviertel sicherlich machbar. Den ganzen Stall haben wir allesamt selber gemacht und genagelt." Nie und nimmer sei das Areal drei Millionen Euro wert. Jungwirth, damals die mächtigste operative Kraft im österreichischen Sport, der Platzhirsch im olympischen Revier, geriet zwar in Erklärungsnotstand, war aber immer noch guter Dinge.

Das hat sich spätestens am Freitag, 3. Februar 2012, schlagartig verändert. Da verkündete die Staatsanwaltschaft Salzburg die Anklage gegen Jungwirth. Der Vorwurf lautet auf Untreue, der Ex-ÖOC-Macher soll in Summe rund 2,7 Millionen Euro an ÖOC-Geldern "in die eigene Tasche gewirtschaftet haben".

Offensichtlich haben die Ermittler dem olympischen Heimwerkergedanken des Heinz Jungwirth nicht so recht folgen wollen. Die Ankläger behaupten vielmehr, dass viel Geld unter anderem für "einen Reitstall, Dressurpferde und einen aufwendigen Lebensstil" verwendet worden sei. Jungwirth habe darüber hinaus Rechnungen an Dritte mit ÖOC-Geldern beglichen.

Für Jungwirth gilt bis zu einer allfälligen strafrechtlichen Verurteilung selbstredend die Unschuldsvermutung. Weder er noch sein Staranwalt Herbert Eichenseder wollten sich auf KURIER-Anfrage äußern. Eichenseder: "Ich kann mir vorstellen, was in der Anklageschrift steht, habe sie aber noch nicht erhalten."

Schlammschlacht

Ein Beschluss des Bezirksgerichts Hollabrunn zur Beschlagnahme der Liegenschaft EZ 1117, Grundbuch 09018.

Der Prozess dürfte brisant werden. Jungwirth wird sich wohl nicht als einziger Schuldiger an der Olympia-Affäre brandmarken lassen. Eine Schlammschlacht steht bevor. Auch Leo Wallner wird sich auf die eine oder andere Breitseite seines ehemals engsten Mitarbeiters gefasst machen müssen. Wallner war fast zwei Jahrzehnte lang ÖOC-Boss. Was er zur Anklage gegen seinen langjährigen Mitstreiter sagt? "Offenbar hat er etwas angestellt."

Wallner, der seine Ära eigentlich erst nach den Winterspielen 2010 in allen Ehren hatte beenden wollen, nahm nach der Offenbarung der dubiosen Finanzgebarung bereits Ende 2009 den Präsidentenhut - befreit von Glanz und Glorie. Heute gibt sich der 76-Jährige enttäuscht: "Ich habe Heinz Jungwirth blind vertraut. Das war ein Fehler. Aber im Nachhinein ist man immer klüger."

Leo Wallner hat sich zurückgezogen, man hört nicht mehr viel von ihm. Das hindert freilich die Justiz nicht daran, gegen ihn in der Olympia-Affäre weiterzuermitteln. Wallner: "Ich habe nie etwas genommen, habe immer alles selber gezahlt."

Für Sportminister Norbert Darabos bestätigt die Anklage "meine kritische Linie gegen Jungwirth. Seine Ablöse im ÖOC war damals ein notwendiger Schritt, um weiteren Schaden für den österreichischen Sport abzuwenden." Der Prozess werde für Aufklärung und Transparenz sorgen, was enorm wichtig sei für das Wiedererlangen von Vertrauen in die olympische Bewegung. "Die unrühmliche Vergangenheit des ÖOC muss ordentlich aufgearbeitet werden."

Allein schon deshalb, weil sich das ÖOC zu zwei Dritteln aus Steuergeldern finanziert.

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