Muster: "Zu viel Politik im Sport"

Auch heuer lässt sich Tennis- Legende Thomas Muster in der Wiener Stadthalle anschauen, wo er ab heute wieder als Turnierbotschafter der Erste Bank Open im Blickpunkt steht. Die ehemalige Nummer eins der Welt hat auch abseits aller Funktionen viel zu erzählen.
KURIER: Ist Wien Ihr einziger Tennis-Auftritt?
Thomas Muster: Eher ja, ansonsten gibt es Vorträge oder Trainingseinheiten mit jungen Spielern, wie zuletzt im Leistungszentrum Leibnitz. Sonst bin ich Tennis-Konsument.
Reizt es Sie, in irgendeiner Funktion zum Tennisverband zurückzukommen?
Nein, das ist ausgeschlossen. Ich war zwei Jahre lang Daviscup-Kapitän und habe mir ein Bild über diese Arbeit machen können. Du kannst dort nichts bewirken, du hast das Team zwei Mal im Jahr eine Woche. Du kannst die Spieler bei Laune halten und sie motivieren, aber sie nicht in kürzester Zeit verändern. Als Fußball-Teamchef hast du mehr Zeit. Deshalb habe ich gesagt: Als Daviscup-Kapitän heißt es Handtuch halten, Wasser halten, Mund halten. Vielleicht war ich einer, der nie den Mund gehalten hat, aber verändern konnte ich in dieser Funktion nichts.
Zuletzt ist Österreich abgestiegen. Gründe?
Mit der Niederlage in Kasachstan im Februar sind wir erst in diese Situation gekommen. Aber ich habe vor einem Jahr schon gesagt, dass es nicht gut aussieht und dass wir irgendwann absteigen werden. Damals habe ich als Nestbeschmutzer gegolten. Ich habe aber nur die Wahrheit gesagt. Jetzt stehen wir eben dort und haben ein Team, dessen Durchschnittsalter viel zu hoch ist. Was nachkommt, wird man erst sehen. Man braucht sich nur die Qualifikation in der Stadthalle ansehen. Dominic Thiem hat das Zeug nach oben zu kommen, Lucas Miedler ebenso. Jürgen Melzer soll als Unterstützung für Jüngere ein, zwei Jahre noch beim Team bleiben als Nummer eins, solange er es auch ist, aber langsam müssen Spieler eingebaut werden.
Zu Thiem. Sein Trainer Günter Bresnik wollte ihn nicht zum Daviscup in die Niederlande lassen, weil noch Förderungen ausständig sind ...
Ich bin nicht immer einer Meinung mit Bresnik, aber da hat er recht gehabt. Thiems Familie hat für seine Karriere ein enormes Risiko auf sich genommen. Klar geht es um den Nationalstolz, aber Thiem muss endlich das Geld bekommen, das ihm zusteht.
"Klar können wir so weiterwurschteln, aber dann dürfen wir nicht mit Erfolgen rechnen."
Fehlt Ihren Nachfolgern die Bereitschaft sich zu quälen, die Sie hatten? Sie haben beispielsweise nur ein Daviscup-Match auf Sand verloren.
Nein. Selbst, wenn ich gewonnen habe, haben wir oft verloren. Du gewinnst und verlierst als Team. Auch Melzer hat wichtige Siege geholt. Er hat zuletzt gesagt: „Ich werde nie ein Muster sein.“ Aber: Er hat extrem viel erreicht, zum Beispiel in Wimbledon gewonnen. Er hat auch für Österreich immer wieder wichtige Spiele für sich entschieden.
Ihr Ex-Manager Ronnie Leitgeb ist seit 1. April 2012 Verbandspräsident. Ihre Zwischenbilanz?
Er hat es schwer. Als Präsident braucht man eine politische Lobby, wie es andere Verbände haben, damit man mehr Geld aufstellen kann. Diese fehlen dem Verband. Es ist einfach zu viel Politik im Sport. Die ganzen Dachverbände ruinieren den Sport. Der Sport hat aber keine Farben, die politischen Seilschaften hemmen die Entwicklung. Jeder Dachverband baut beispielsweise seine eigene Halle, die dann doch niemals den internationalen Anforderungen entspricht. Geld ist vorhanden, aber es gehört mit Sinn und Weitblick verteilt. Wir brauchen ein eigenes Sportministerium. Alle Jahre wird es einem anderem Ressort unterstellt, wie jetzt dem Verteidigungsministerium, wo es ja wirklich gut hinpasst (lacht, Anm.). Klar können wir so weiterwurschteln, aber dann dürfen wir nicht mit Erfolgen rechnen. Die wenigen, die wir hatten, waren Einzelleistungen.
Eine Idee gibt es – die der täglichen Turnstunde ...
Schwachsinn. Nichts gegen die tägliche Sportstunde, aber wer Sport betreiben will, wird dies auch ohne Turnstunde tun. Die Entwicklung beginnt bei den Eltern, dort muss der Hebel angesetzt werden. Wer keinen Sport will, macht es auch dann nicht. Ich kann auch keinem eine tägliche Geigenstunde zumuten.
Die Stars in der
Stadthalle:
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