Williams-Abschied aus der Formel 1: "Brauchen mehr Frauen"

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Claire Williams zieht sich mit ihrem Vater nach dem Grand Prix von Italien aus der Rennserie zurück.

Fast acht Jahre lang stand in der vermeintlichen Macho-Branche Formel 1 mindestens eine Frau an der Spitze eines Rennstalls. Mit dem Abschied von Claire Williams bei dem englischen Privatteam nach dem Grand Prix von Italien erlebt die Königsklasse des Motorsports nun eine Zäsur. Der Kampf um Gleichberechtigung und Vielfalt in der Männer-Domäne soll nach ihrem Willen aber unbeirrt weitergehen.

"Die Formel 1 hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt, die Welt hat sich gewandelt", urteilte die Tochter des legendären Teammitgründers Frank Williams kurz nach ihrem angekündigten Abschied in Monza. Der Rennstall ist mittlerweile an eine US-Investmentgesellschaft verkauft. "Wir brauchen aber mehr Frauen." Claire Williams hofft, "dass es so weitergeht" mit den Bestrebungen um Gleichberechtigung.

Williams war dieses Thema nicht erst seit ihrem Aufstieg zur Co-Teamchefin 2013 sehr wichtig. Unter ihrer Führung nahm im Sommer 2014 in der Schottin Susie Wolff auch erstmals nach 22 Jahren wieder eine Frau an einer Formel-1-Trainingseinheit teil. Zuvor war das die Italienerin Giovanna Amati 1992 gewesen.

Zehn Männer als Teamchefs

Auch der Kampf gegen das Lohngefälle zwischen Mann und Frau trieb Claire Williams an. "Der Sport ist schon immer von Männern dominiert gewesen", sagte die 44-Jährige einmal. "Der Sport muss aber eine Leistungsgesellschaft sein. Es ist keine reine Pflichtübung, nur um mehr Frauen reinzubekommen. Wir müssen sicherstellen, dass fähige Menschen in die Rennställe kommen."

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Die zehn Teamchefs in der Formel 1 sind aber allesamt männlich. Die Motorsport-Königsklasse versucht, drängenden sozialen Themen wie Nachhaltigkeit, Vielfalt und Inklusion mit einer eigenen Kampagne zu begegnen. Diese Aspekte sind auch im Selbstverständnis der Serie verankert. Die Zahl der Frauen in der an Arbeitsplätzen limitierten Formel 1 hat zugenommen - auch in hohen Positionen.

Chloe Targett-Adams kam noch unter dem langjährigen Chefvermarkter Bernie Ecclestone in die Serie und ist so etwas wie die Chef-Diplomatin, weil sie mit den Grand-Prix-Veranstaltern auf der ganzen Welt um Millionen verhandelt.

Der so wichtige Posten des Chefstrategen ist etwa bei Red Bull mit Hannah Schmitz, bei Racing Point mit Bernadette Collins und bei Alfa Romeo mit Ruth Buscombe besetzt. Deren Taktik-Entscheidungen haben gewaltigen Einfluss auf die Platzierungen der Fahrer.

Frau oder Streifenhörnchen

"Ich hatte mit den Piloten null Probleme, weil sie nur das Beste rausholen wollen", erzählte die Britin Buscombe, die es auf Fahrerseite mit dem Finnen Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi aus Italien zu tun hat. "Im Fahrerlager herrscht so ein starker Wettbewerb, dass sie sich nicht darum kümmern, ob nun eine Frau oder ein Streifenhörnchen mit ihnen spricht."

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Nach Buscombes Einschätzung wandelt sich die Formel 1 langsamer als gewünscht. Sie müsse sich aber verändern. "Wir sollten nur die besten Leute hier haben. Dafür sollten wir farbenblind und geschlechterblind sein", sagte sie dem "Observer".

Die erste Teamchefin in der Formel 1 war Monisha Kaltenborn. Im Oktober 2012 löste sie beim damaligen Sauber-Team, das heute Alfa Romeo heißt, Rennstallgründer Peter Sauber ab. Die Juristin, die zuvor schon Vorsitzende der Geschäftsführung gewesen war, hatte damals Akzeptanzprobleme.

"Ich hatte am meisten damit zu kämpfen, von der sportlichen Seite her als fähige Teamchefin angesehen zu werden", erzählte die Österreicherin einmal. Sie war auch in der Kommission des Weltverbands für Frauen im Motorsport aktiv. "Ich wurde erst alles Mögliche gefragt, aber nicht, wie ich die Performance des Teams nach einem Training verbessern würde." Kaltenborn schaffte es. Der Kampf um Vielfalt und Gleichberechtigung aber geht weiter.

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