Verwirrung um Ferrari-Protest
Ein Ferrari-Protest könnte die WM-Dauerparty von Sebastian Vettel jäh beenden und den Titel-Hattrick des Deutschen vorerst infrage stellen. Der italienische Rennstall forderte den Internationalen Automobilverband (FIA) schriftlich auf, das betreffende Überholmanöver von Vettel im Brasilien-Grand-Prix zu prüfen. Das teilte das Team am Donnerstag via Twitter mit.
Fast zur selben Zeit veröffentlichte autosport.com allerdings, dass laut FIA Vettels Manöver regelkonform gewesen sei. Vettel habe sich demnach schon wieder im Bereich der Grünen Flaggen mit seinem Red Bull bewegt. Damit war das Überholen wieder erlaubt.
Der Vorwurf, den Ferrari erhebt: Vettel soll am Sonntag angeblich unter Gelben Flaggen bei seiner Aufholjagd den Franzosen Jean-Eric Vergne vom Schwesterteam Toro Rosso überholt haben. Als vermeintlicher Beleg gilt Videomaterial, das erst nach dem Rennen an die Öffentlichkeit kam und nun im Internet kursiert (hier). "Wir prüfen das Material", wurde ein Ferrari-Sprecher im englischen Telegraph zitiert: "Alles, was die Glaubwürdigkeit der WM gefährdet, muss untersucht werden."
Berufungsgericht
Normalerweise werden Verstöße gegen Gelbe Flaggen mit einer Durchfahrtsstrafe geahndet. Nachträglich - bisher aber immer noch am Renntag - werden für gewöhnlich 20-Sekunden-Strafen verhängt. Das würde im Fall von Vettel aber bedeuten, dass er hinter Michael Schumacher und Vergne auf den achten Rang rutschen würde. Damit wäre der Drei-Punkte-Vorsprung auf Alonso dahin und der Spanier mit einem Zähler Vorsprung Weltmeister.
Nun muss wohl das Berufungsgericht der FIA entscheiden. Laut einem Bericht der BBC könnte die FIA als Regelhüter aber sogar schon ohne Protest Ermittlungen aufnehmen. Der Sender berief sich dabei auf einen Passus im Regelwerk, wenn neues Beweismaterial vorliegt. "Flaggen-Krimi um Vettel. Steht der WM-Titel zur Diskussion?", schrieb bereits die italienische La Gazzetta dello Sport. "Von all den bemerkenswerten Neuheiten in der Formel 1 wäre dies etwas ganz Besonderes: Ein Gerichtsverfahren per Internet", urteilte bereits mit einigem Spott die Londoner Times.
Party-Marathon
Die Aufregung kommt für Vettel zur Unzeit. Der jüngste Dreifach-Champion der Formel-1-Geschichte, der sich die ganze Saison über von Sticheleien und Psychospielchen durch Alonso und Ferrari nicht hatte beirren lassen, steckt im Party-Marathon. Vettel will am Samstag seine Feierrunden mit einem Showrun in Graz fortsetzen. Die Frist für einen Einspruch von Ferrari läuft indes am Freitag ab.
Das Fachmagazin auto, motor und sport befand, dass an Vettels drittem Titel in Serie nicht zu rütteln sei und berief sich auf eine Tatsachenentscheidung der Rennkommissare vergleichbar mit der Schiedsrichterpraxis bei Fußballspielen. Allerdings kann im Fußball durchaus auch nachträglich ermittelt werden, wenn der Referee einen Regelverstoß im Spiel schlichtweg nicht gesehen hat.
Nun sollen Videoaufnahmen zeigen, dass er Vergne dabei unter Gelben Flaggen bzw. entsprechenden Lichtsignalen überholt hat.In einem weiteren Video, für alle im weltweiten Netz zugänglich, soll aber ein Streckenposten schon vor dem Manöver die Grünen Flaggen geschwenkt haben, die die Gelbphase wieder aufheben. Im RB8-Boliden von Vettel leuchten aber offenbar weiter die gelben Lampen. Es gab also widersprüchliche Flaggen- und Leuchtsignale, damit wäre dann kein erfolgreicher Einspruch gegen Vettels sechsten Platz möglich. Manche vermuten, dass Alonso hinter einem möglichen Protest steckt. "Ich brauche keine Wunder, ich mache meine Wunder mit richtigen Gesetzen", hatte Alonso jüngst getwittert und sämtliche Spekulationen um einen Protest in Fahrt gebracht.
Whiting nimmt Stellung
FIA-Rennleiter Charlie Whiting äußerte sich gegenüber der Online-Ausgabe von auto motor und sport zu den Vorwürfen gegen Vettel. Laut dem 60-jährigen Engländer habe sich der Champion nichts zuschulden kommen lassen.
"Wenn die Ampeln nicht an den Flaggenposten installiert sind, dann gilt für den Fahrer das erste Signal, das gezeigt wird. Wird also eine gelbe Flagge geschwenkt und etwas später blinkt die Ampel gelb, dann beginnt das Überholverbot bereits bei der Flagge. Umgekehrt gilt das auch für grünes Licht", erklärte Whiting die Regeln. "In Vettels Fall wurde zwischen der letzten gelben Ampel und der grünen Ampel eine grüne Flagge geschwenkt. Der Abstand beträgt hier 350 Meter. Vettel hat auf die Flagge reagiert und alles richtig gemacht."
Das bestätigten auch die offiziellen GPS-Streckengrafiken des Rennens, die auto motor und sport vorliegen und die die Zeitschrift online veröffentlichte (hier). Danach hat Vettel Vergne eindeutig erst nach der grünen Flagge überholt.
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