Spielberg: Mercedes gegen Red Bull

Der Außerirdische ist gelandet und hat sich prompt breit gemacht. Der Fremde aus der anderen Welt, das ist die Formel 1. Seit gestern weilt die Königsklasse des Motorsports wieder in Österreich, in Spielberg.
Elf Jahre sind seit dem letzten Grand Prix vergangen, doch verändert hat sich wenig. Der schnellste und teuerste Zirkus der Welt schlägt zwar keine Zelte, dafür aber ein pompöses Fahrerlager auf. Aus Lastwagen baut sich jedes Teams eine Kleinstadt mit Terrasse, Büros, Restaurant. Dabei gilt: Die Besten haben den Größten.
Ein Blick in diese Gasse des Überschwangs offenbart: Auch abseits der Piste machen Red Bull und Mercedes das Rennen. Die Basis von Red Bull galt in den letzten Jahren stets als Referenz in Sachen Innovation und Coolness, doch Mercedes, das Team der Stunde, hat aufgeholt. "Wir wollen auch in diesem Bereich die Standards setzen", sagt Toto Wolff, der Wiener Motorsportchef und Mitbesitzer des deutschen Werkteams.
Der Grand Prix von Österreich ist das Rennen von Red Bull, von Konzernboss Dietrich Mateschitz, doch es ist die WM von Mercedes, von Toto Wolff. Bislang. Sieben Rennen gab es 2014, sechs davon hat Mercedes gewonnen, eines, zuletzt, Red Bull. "Wir waren zur Stelle und werden es wieder sein", sagt Kanada-Sieger Daniel Ricciardo.
Höhepunkt
Mercedes gegen Red Bull. Darauf läuft es seit längerer Zeit schon hinaus. Ferrari? Eine Randnotiz. McLaren? Nicht einmal das mehr. Die Rivalität der beiden Tempomacher erreicht ausgerechnet beim Rennen in Spielberg einen leidenschaftlichen Höhepunkt, werden die beiden Rennställe doch von Österreichern gelenkt. Wolff und Niki Lauda bei Mercedes, Helmut Marko als mächtiger Motorsport-Berater bei Red Bull.
"Die Feindseligkeiten sind ein bisschen kindisch, aber für die Medien natürlich eine fantastische Sache", sagt Wolff und fügt an: "Ich finde, die Rivalität wird von der anderen Seite mehr gelebt." Wieder so ein Nachsatz, der das Spielchen weitertreibt. Zu sagen haben sich Wolff und Marko kaum noch etwas, die vielsagenden Nachsätze richten sie einander über die Medien aus. Für die ist das Duell ein endloser Nährboden für Geschichten und Gerüchte. Genüsslich walzten Boulevard und Lokalmedien die jüngsten Kontroversen rund um den Red-Bull-Ring aus: Einmal sollen Mercedes-Mechaniker aus einem Hotel ausquartiert worden sein, weil es die Red-Bull-Crew benötigte, der zweite Disput handelt von der Umbenennung der Ringkurven aus Werbezwecken, weshalb auch Mercedes-Aufsichtsrat Lauda seinen Ehrenplatz in Spielberg verlor.
Heimspielberg
Jede Aktion der Protagonisten wird vorsorglich hinterfragt, so etwa auch die Ortswahl von Wolffs gestrigen Medientermin: Am Pogusch nahe St. Marein – dem Geburtsort von Dietrich Mateschitz. "Wusste ich nicht", ist Wolff um Milde bemüht.
Ganz im Gegensatz zum aktuellen Mercedes-Werbeplakat, das an jeder Ecke um den Ring großflächig zu sehen ist: "Heimspielberg", ist darauf zu lesen.
Es ist ein Heimspiel für zwei. Sowohl Red Bull als auch Mercedes beanspruchen den Großen Preis von Österreich als Heimrennen. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nimmt den Namen des Kontrahenten nicht so gerne in den Mund, spricht lieber vom „Mitbewerber“. Der 42-Jährige bestellt sich als Nachspeise die große Portion Mousse au Chocolat und spricht vor dem ersten Training am Freitag über …
… den Österreich-Grand-Prix: „Es ist höchst erfreulich, dass wir eine Traditionsmarke in den Kalender bekommen haben. Die Rennen in Europa sind das Rückgrat der Formel 1. Für Mercedes folgen jetzt drei ganz wichtige Rennen. Österreich ist das Heimrennen von Niki Lauda und von mir. Dann folgt Silverstone, wo das Team beheimatet ist und danach kommt das Mercedes-Heimspiel in Deutschland.“
… den Anreiz für Sponsoren: „Bis auf einen sind unsere ganz großen Sponsoren nicht gekommen. In Österreich ist der Markt dafür offensichtlich zu klein."
… sein Verhältnis zu Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko: „Ich habe mit Helmut Marko nichts zu tun. Mit Christian Horner (Red-Bull-Teamchef; Anm.) spreche ich jeden Tag, aber mit Helmut Marko eigentlich nie. Das hängt bestimmt mit den unterschiedlichen Charakteren der handelnden Akteure zusammen. Und ich habe das Gefühl, dass die Rivalität von der anderen Seite mehr gelebt wird. Die Feindseligkeiten sind ein bisschen kindisch, aber für die Medien natürlich eine fantastische Sache.“
… Probleme mit der Unterkunft in Spielberg: „Vor langer, langer Zeit haben wir bei einem Hotel in Spielberg angefragt, und wollten Zimmer für unsere 50 Mercedes-Mitarbeiter. Dies sei kein Problem, hieß es. Zwei Wochen später kam die Mitteilung, dass die Zimmer nicht mehr zur Verfügung stehen, weil sie für das Red-Bull-Team gebraucht werden.“
… Rivalität im eigenen Team: „Lewis und Nico sind Hitzköpfe. Aber sie sind auf einem guten Weg. Lewis hat in Monaco gemerkt, dass ein trauriges Gesicht dem Image schadet. Nun spielt sich die Rivalität wieder im Auto ab. Auf einem normalen Level.“
… die Probleme im letzten Rennen in Kanada (Ausfall Hamilton, nur Rang zwei für Rosberg): „Wir hatten ein thermisches Problem an der Kontroll-Software. Wir haben die Fehlerquelle gefunden und das Problem gelöst. Aber wir haben gemerkt, dass wir an unserem Workflow arbeiten müssen. Nachdem wir das Problem entdeckt hatten, hat es viel zu lange gedauert, die richtigen Maßnahmen einzuleiten.“
… die Hoffnungen für das Rennen: „Die Strecke ist ziemlich ausgewogen mit einem echten Power-Teil, einer Steigung, die man im TV gar nicht so richtig sieht. Da haben wir mit der Mercedes-Power sicher Vorteile. Dazu kommen ein paar schnelle Kurven, in denen es auf die Downforce ankommt.“
Kommentare