Das ist die Frau, die Formel-1-Weltmeister Max Verstappen lenkt

Helmut Marko hält sich mit öffentlichem Lob für seine Mitarbeiter normalerweise zurück. Mit gutem Grund. „Ich habe sie als Erster gelobt – und dann hat sie gleich Angebote von der Konkurrenz bekommen“, sagte der 79-jährige Motorsportdirektor von Red Bull beim ORF über eine seiner wichtigsten Mitarbeiterinnen.
Hannah Schmitz ist die Frau hinter den Erfolgen von Max Verstappen. Wenn es für den Niederländer perfekt läuft, wenn also Sergio Pérez oder Charles Leclerc heute nur wenige Punkte holen, könnte der seit Freitag 25-Jährige schon beim Grand Prix in Singapur (14.00/live ORF1, Sky) seinen zweiten WM-Titel fixieren.
Dass Verstappen Weltmeister wird, steht außer Frage. Zu gut fährt er selbst, zu überlegen ist sein Auto – und dann ist da Hanna Schmitz. Denn in der Formel 1 gewinnt längst nicht nur der schnellste Fahrer im schnellsten Auto. Immer wichtiger wird die perfekte Strategie.
Stressmomente
Die Aufgabe der leitenden Ingenieurin ist es, die richtigen Strategieentscheidungen zu treffen, in größten Stressmomenten. „Wenn man eine Entscheidung innerhalb von Sekunden trifft, sitzt man auf Nadeln“, sagt Schmitz, 37 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern. „Man hat etwa 20 Sekunden, was nicht nach viel klingt. Aber wenn man da sitzt und darauf wartet, ob sich der taktische Input bezahlt macht, dann kann sich das anfühlen wie ein halbes Leben.“
Wann und wie oft soll der Fahrer an die Box kommen? Welche Reifen soll er nehmen? Wann attackiert er? Wie verhält man sich in einer Safety-Car-Phase? Auf all diese Fragen muss Schmitz eine Antwort haben. Analysiert werden müssen Milliarden von Datenpunkten, unterstützt wird Schmitz während des Rennens unter anderem von 60 Mitarbeitern, die in der Zentrale in Milton Keynes sitzen und sie mit Informationen versorgen. Beim Grand Prix in Ungarn entschied Schmitz in letzter Minute, dass Verstappen auf weichen statt auf harten Reifen starten soll – der Schlüssel zum Sieg. Beim Chaos-Rennen in Monaco bescherte sie mit ihrem Boxenstopp-Plan Sergio Pérez den Sieg und Verstappen einen Podestplatz.
„Man muss unzähligen Leuten sagen, was sie zu tun haben – und sie müssen dir zuhören“
Chefstrategin von Red Bull Racing
Mittlerweile hat sie sich den Respekt erarbeitet in der immer noch männlich geprägten Welt der Formel 1. „Man muss unzähligen Leuten sagen, was sie zu tun haben – und sie müssen dir zuhören“, sagte sie einmal. „Da kommt es darauf an, Vertrauen aufzubauen, und ich denke, dass das als Frau viel schwieriger ist.“
Privates hält Schmitz von der Öffentlichkeit fern. Man weiß nur, dass sie Cambridge-Absolventin ist, 2009 als Praktikantin bei Red Bull begann und bereits im Strategieteam arbeitete, als Sebastian Vettel seine vier WM-Titel gewann.
„Hannah ist sehr strikt“, sagt Helmut Marko. „Bei ihr gibt es keine Diskussionen. Sie sagt dann auch einmal ‚Shut up!‘ Ihre Anweisungen kommen ganz exakt.“ Natürlich ist Schmitz nur ein (wichtiges) Rädchen in der großen, hervorragend eingespielten Mannschaft von Red Bull. „Wir haben ein Team, das perfekt auf unsere Nummer 1, Max, zugeschnitten ist“, sagt Marko. „Und wir haben eine große Sicherheit bei allen Abläufen. Unsere Stärke ist das unglaublich schnelle Reagieren. Was Hannah Schmitz dabei auszeichnet, sind ihre klaren und präzisen Entscheidungen.“ Das Wort „vielleicht“ existiert nicht in ihrem Wortschatz.
Druckabbau
Nichts scheint sie aus der Ruhe zu bringen. Dennoch ist zu erkennen, wenn Schmitz unter großem Druck steht: Sobald sie die Handflächen nach unten dreht, ist sie hoch konzentriert. „Das hilft mir dabei, klarer zu denken und die gezogenen Schlüsse nachdrücklicher zu kommunizieren“, sagt sie.
Die Gazzetto dello Sport pries sie sogar als „Genie“ und Helmut Marko verglich sie sogar mit seinem Weltmeister: „Sie ist wie Max, man kann sich voll auf sie verlassen.“
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