Very british: PS-Party im englischen Garten

Noch ist es ruhig. Nur vereinzelt spazieren Menschen vor dem stattlichen, mit Efeu bewachsenen Herrenhaus vorbei. Bleiben stehen und legen den Kopf in den Nacken, um besser bestaunen zu können, was sich der Earl of March heuer wieder vor seinen Wohnsitz hat stellen lassen: Eine filigrane Skulptur, an deren Spitzen drei Porsche 911 gen Himmel zeigen, ist es diesmal geworden. Als Hommage an das 50-Jahr-Jubiläum des Kult-Autobauers.
Beeindruckend. Doch der Fokus liegt bei vielen Besuchern um 9 Uhr morgens noch auf etwas anderem: auf einem Breakfast-Sandwich zum Beispiel. Jener herzinfarktversprechenden Kreation, die Speck, Ei, Tomaten und Würstel in einem Weckerl vereint, ist es zu verdanken, dass sich bereits eine Schlange vor dem Verkaufswagen gebildet hat. Ein deftiges, englisches Frühstück gehört eben dazu, bevor die PS-stärkste Gartenparty der Welt losgehen kann: das Goodwood Festival of Speed.
Zum 20. Mal zieht das größte Motorsport-Festival an diesem Wochenende PS-Freunde und Rennfahrer-Legenden nach Chichester in West Sussex. Als „Kreuzung zwischen Grand Prix von Monaco und Royal Ascot“ beschreibt die Sunday Times das bunte Treiben auf den Hügeln des Earl of March, der sein Anwesen jährlich als Motorsport-Spielplatz zur Verfügung stellt. 180.000 Besucher wurden 2012 gezählt. Im Jubiläumsjahr werden es kaum weniger sein.
Gebrüll & Gesang

Formel-1-Pilot Lewis Hamilton, ein Dauergast in Goodwood, kümmert sich wenig um den Rekord. Er zeigt den Fans in der Heimat lieber, was sie sehen wollen: Donuts und rauchende Reifen. Der Mercedes-Pilot ist nicht der Einzige seiner Zunft, der sich dem Zauber des PS-Festes nicht entziehen kann. Die Gästeliste liest sich wie ein Who’s who der Motorsport-Geschichte: von Stirling Moss oder Jackie Stewart bis Sebastian Vettel. „Es ist ein Wahnsinn, die Autos zu sehen, von denen man als Kind geträumt hat“, zeigte sich der dreifache Weltmeister im Vorjahr beeindruckt.
Luxus & Legenden

Dann, wenn im Vorgarten von Herrn March längst wieder vornehme Ruhe eingekehrt ist. Bis zur nächsten Auflage des Vollgas-Festes.
Seit 1993 findet das Goodwood Festival of Speed bei Chichester in West Sussex (Eng) statt. Veranstalter ist der motorsport-begeisterte Earl of March, Charles Gordon-Lennox. Sport- und Rennwagen, Motorräder und Rallyeautos aus allen Epochen werden präsentiert.
Großbritannien feiert – seine Geschichte, seine Tradition, seinen Sport. Nicht nur in diesen Tagen in Goodwood (Motorsport) und in Muirfield (Golf), eigentlich das ganze Jahr über und in Dutzenden Sportarten. Eine Auswahl der traditionsreichen britischen Sportstätten ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Wimbledon Der heilige Rasen gilt als Mekka des Tennissports. Kein Turnier ist bedeutender, keines strenger: weiße Kleidung, ein Knicks vor der königlichen Loge. Letzten Sonntag lag in Wimbledon das Epizentrum des Weltsports: Andy Murray beendete mit dem Turniersieg die 77-jährige Durststrecke der britischen Herren.
Ascot Jedes Jahr im Juni versammelt sich südlich von Windsor das Who’s who Großbritanniens – oder, besser gesagt, das Hut ist Hut. Die Kopfbedeckungen der Besucherinnen sind legendär, das Pferderennen ist es auch. Am Eingang überprüfen Dresscode-Assistenten die Einhaltung der Vorgaben. Auf den Edelrängen gilt für die Herren Frack- und Zylinder-Zwang. Die Queen freute sich heuer über den Sieg ihrer Stute „Estimate“. Es war das erste Mal in der 207-jährigen Geschichte des Rennens, dass ein Pferd eines britischen Monarchen triumphierte.
Silverstone Die Rennstrecke auf dem ehemaligen Flugplatz der Royal Air Force gilt als Geburtsstätte der Formel 1. 1950 wurde dort zum ersten Mal ein Grand Prix ausgetragen.
Crucible Theatre Alle Jahre im April gibt sich Sheffield die Kugel(n). In dem gerade einmal 1000 Zuschauer fassende Theater ermitteln die weltbesten Snooker-Spieler ihren Meister.

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