Ricciardo Favorit auf zweites Red-Bull-Cockpit

Red Bull dürfte die Sommerpause nach dem Grand Prix von Ungarn nützen, um in einer wichtigen Personalfrage der Formel 1 Klarheit zu schaffen. Es geht um das offene Cockpit neben Weltmeister Sebastian Vettel. Die besten Chancen auf die Nachfolge von Mark Webber, der sich mit Saisonende in die Langstrecken-WM verabschiedet, hat dessen australischer Landsmann Daniel Ricciardo vom Zweitteam Toro Rosso.
Die Entscheidung für den 24-Jährigen aus dem eigenen Nachwuchsprogramm könnte laut informierten Kreisen sogar bereits gefallen sein. Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz ist am Freitag zu einem fünfwöchigen Urlaub auf seiner Insel in der Südsee aufgebrochen. Entscheidungen dieser Tragweite werden bei den Bullen üblicherweise nicht ohne den "Big Boss" getroffen.
"Es wird nach Budapest bekanntgegeben", hatte Mateschitz zuletzt auf schnelle Klarheit hingedeutet. "Die Entscheidung wird in der Sommerpause fallen", ergänzte sein Motorsportchef Helmut Marko. Diese dauert vier Wochen bis zum Grand Prix von Belgien in Spa (25. August).
Mateschitz denkt an Räikkönen
Während Mateschitz auch Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen in Betracht zieht, dürfte sich vor allem Marko für Ricciardo stark gemacht haben. Sein Juniorteam hätte damit den Zweck erfüllt, nach Vettel einen zweiten Piloten an die Spitze geführt zu haben. "Wir müssen uns für den Fahrer entscheiden, der mittelfristig für das Team das Optimum ist. Das heißt nicht für ein, sondern für drei Jahre", erklärte Marko.
Ricciardo fährt die zweite volle Saison bei Toro Rosso, zuletzt hat er neben den Startplätzen fünf und sechs auch bei den Tests in Silverstone aufgezeigt. Sein Teamkollege Jean-Eric Vergne dürfte zumindest vorerst aus dem Rennen um das Red-Bull-Cockpit sein. "In dieser Phase ist es vielleicht zu früh für ihn", meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
Es bleiben zwei Möglichkeiten. Vettel soll sich für keine der beiden dezidiert ausgesprochen haben. "Ich komme mit beiden gut aus", betonte der Dreifach-Weltmeister. Wenngleich er Räikkönen besser kennt - und hin und wieder sogar mit dem Finnen Badminton spielt. Vettel: "Wenn man um die WM kämpfen will, muss man sowieso jeden schlagen. Der Rest ist Teamsache. Ich kann meine Meinung abgeben, mehr aber auch nicht."
Das Team hält beide Optionen für sehr gute. "Wir haben genug Informationen, um eine Entscheidung treffen zu können", versicherte Horner. "Kimis Qualitäten sprechen für sich, aber auch Daniel ist ein sehr schneller Fahrer." Lediglich die psychologische Komponente sei zu berücksichtigen. "Es ist auch ein Druck, permanent an Sebastian Vettel gemessen zu werden", erinnerte der Teamchef. "Dazu braucht man breite Schultern." Die scheint der Youngster aus Perth mitzubringen.
Die gute Laune ist ihm ins Gesicht geschrieben. Daniel Ricciardo scheint dieser Tage durch das Fahrerlager der Formel 1 zu schweben. Der 24-jährige Australier gilt als Favorit auf die Nachfolge seines Landsmannes Mark Webber beim Topteam Red Bull. Davon will sich der Youngster aber nicht zu sehr aus dem Konzept bringen lassen. Immerhin ist sein Konkurrent um den Job niemand geringerer als Kimi Räikkönen.
"Auf Kimi habe ich keinen Einfluss", betonte Ricciardo in Ungarn. "Ich werde mich auf mich selbst konzentrieren und auf meine Arbeit." Die hat er bisher so gut gemacht, dass er ernsthaft mit einem "Upgrade" vom Zweitteam Toro Rosso zum Weltmeisterteam spekulieren darf. Er bleibt aber zurückhaltend. "Ich warte nicht jeden Tag auf den Anruf", versicherte Ricciardo. "Wenn sie es mir in der Sommerpause sagen, wenn ich mit einem kühlen Bier am Strand sitze, wäre das aber schon cool."
"Gefühl des Siegens"
Eine Entscheidung wird in den nächsten Wochen erwartet. "Je früher, desto besser", sagte Ricciardo. "Aber ich mache mir keine zu großen Sorgen." Auf ihn wartet die Erfüllung eines Traums. "Es wäre ein Schritt näher zu meinem Ziel", gestand der Sonnyboy aus Perth. "Ich will ganz oben auf dem Podest stehen. Ich möchte das Gefühl des Siegens kennenlernen." Er sagt es mit einem Lächeln auf den Lippen, ganz ohne verbissen zu wirken.
Räikkönen kennt das Gefühl des Siegens nur zu gut. 2007 war der Finne Weltmeister, nach einer zweijährigen Auszeit ist er im Vorjahr als WM-Dritter eindrucksvoll zurückgekehrt. "Ich gehe dorthin, wo sich das Gesamtpaket richtig anfühlt", erklärte der 33-Jährige. "Wir müssen abwarten, aber hoffentlich ist es die richtige Wahl. Dafür gibt es keine Garantien."
Es ist eine richtungsweisende Entscheidung für den Rest seiner Karriere. "Wie auch immer sie ausfallen wird, vielleicht kommt sie jemandem anderen dumm vor, mir aber richtig", sagte Räikkönen. Die Optionen sind begrenzt, der "Iceman" könnte bei Lotus bleiben. Außer Red Bull hat kein Topteam, das infrage kommt, für 2014 ein Cockpit frei.
"Jeder, der eine Chance hat, möchte dort fahren", erinnerte Ex-Pilot Gerhard Berger. " Red Bull ist das beste Team der vergangenen Jahre. Und es schaut danach aus, als ob sie das auch in diesem Jahr sind." Für die kommende Saison stehen allerdings einschneidende Regeländerungen mitsamt der Einführung neuer Motoren auf dem Programm. Dabei geht es vor allem um die Entwicklungsgeschwindigkeit. Berger: "Sie wissen, ob die jungen Fahrer reif genug sind."
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