Ludwig Paischer geht gelassen ins Judo-Turnier

Zwei Männer lächeln in blauen Jacken vor einem Denkmal in die Kamera.
Judokämpfer Ludwig Paischer (Klasse bis 60 kg) hat mit einer Auftaktniederlage 2004 in Athen und einer Silbermedaille 2008 in Peking bereits Höhen und Tiefen bei Olympischen Spielen erlebt.

Judokämpfer Ludwig Paischer (Klasse bis 60 kg) hat mit einer Auftaktniederlage 2004 in Athen und einer Silbermedaille 2008 in Peking bereits Höhen und Tiefen bei Olympischen Spielen erlebt. In London zählt er am Samstag erneut zu den Medaillenanwärtern. Der 30-Jährige im Interview mit der APA - Austria Presse Agentur über Erfahrungen, Erwartungen, Druck und Vorbereitung.

APA: Nach schwierigen Zeiten ging es mit Platz fünf bei der EM und dem Europacupsieg in Prag zuletzt bergauf. Waren Ihnen schon Zweifel gekommen?

Paischer: "Natürlich grübelt man in Phasen mehr, in denen man nicht so erfolgreich ist. Bei der EM heuer hat es das erste Mal seit langem wieder funktioniert. Ich habe gesehen, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Danach haben wir super trainiert. In Prag habe ich das, was ich im Training zustande bringe, auch im Wettkampf umgesetzt. Das war wichtig. Das hat mit noch einmal Selbstvertrauen und Energie gegeben."

APA: Von einem Paischer wird immer eine Medaille erwartet. Belastet Sie das?

Paischer: "Natürlich war die Erwartungshaltung sehr hoch, teilweise waren fünfte Plätze schon eine Enttäuschung. Aber mir ist bewusst, dass man nicht zwölf Jahre lang ganz oben sein kann. Doch ich habe zehn Jahre lang immer zumindest einen Weltcup gewonnen, ich glaube, es gibt ganz wenige, die das geschafft haben. Auch wenn das letzte nicht mein bestes Jahr war und mein Anspruch nicht erfüllt wurde, so war es auch nicht so schlecht, wie es immer gemacht worden ist. Man muss das schon realistisch einschätzen. Wichtig ist, dass ich zum Großereignis wieder in Form bin. Ich habe immer gezeigt, dass ich bei Großereignissen meine beste Form abrufen kann."

APA: Empfinden Sie es als Nachteil, im Olympiaturnier nicht gesetzt zu sein?

Paischer: "Das ist mir eigentlich egal. Wenn man Olympiasieger werden will, muss man jeden schlagen. Irgendwann kommt ein guter Gegner und ein Gesetzter, eine Runde früher oder später ist egal. Mir war wichtig, dass ich lange Zeit zur Vorbereitung habe. Es wäre sich für die Setzung vielleicht ausgegangen, wenn ich im Februar viel gekämpft hätte. Aber das ist uns nicht dafür gestanden. Ich habe in den Trainingslagern in Japan, Minsk und Barcelona die Stile aus Asien, Ostblock und Mitteleuropa abgedeckt und fast jeden Olympiastarter einmal zum Kämpfen gehabt."

APA: Haben Sie einen Angstgegner?

Paischer: "Nein. Die Vergangenheit hat mir gezeigt, dass es eigentlich egal ist, gegen wen ich kämpfe. Es kommt darauf an, wie man sich selbst eingestellt hat. Man soll sich die Gegner nicht stärker reden als sie sind. Manche liegen einem mehr, gegen andere kämpft man nicht so gerne. Da muss man einen Weg finden sie zu schlagen."

APA: Mit welcher Strategie gehen Sie in den Wettkampftag?

Paischer: "Ich glaube, es ist wichtig, dass man nicht sagt, ich will Erster, Zweiter oder Dritter werden, sondern einfach schaut, dass man sein bestens Judo bringt. Von Runde zu Runde. Sonst blockiert man sich im Kopf und es geht nur um das Produkt, das man erreichen will, und nicht um die eigene Leistung. Wichtig ist, dass man prozessorientiert denkt, von Kampf zu Kampf, und das beste Judo auf die Matte bringt. Ich weiß: wenn ich meine Topleistung abrufe, kann ich ganz oben stehen."

APA: Wieviel hilft Ihnen die Silbermedaille von Peking?

Paischer: "Für London bringt es mir nichts, weil ich deshalb an diesem Tag nicht besser oder schlechter kämpfe. Aber es ist eine Medaille, die mir nie wieder weggenommen werden kann. Das gibt sicher ein bisserl Sicherheit, man ist nicht mehr ganz so nervös, weil man weiß, man hat alles schon einmal durchgemacht. Einmal die Enttäuschung, einmal den Erfolg. Man weiß, damit umzugehen und wird dadurch auch ruhiger. Allerdings gehört das Kribbeln zu jedem Wettkampf dazu, damit man das Spannungsniveau erreicht."

APA: Wie sehr tauchen Sie vor Samstag in Olympia ein?

Paischer: "Ich versuche, mich auf den Wettkampf zu konzentrieren und den Rummel im Dorf zu meiden. Ich kämpfe am ersten Tag, danach habe ich noch genügend Zeit. Ich habe keinen Stress, dass ich etwas erleben muss, das ist der Vorteil, wenn man das dritte Mal dabei ist. Das erste Mal ist es immer ein bisserl ein Aha-Effekt. Aber das ist natürlich leichter gesagt als getan, das Ganze in meinem Kopf so runterzuwerten, dass es um nichts anderes als bei einer EM oder WM geht. Es gelten die gleichen Regeln, sind die gleichen Matten und gleichen Kampfrichter. Nur der Name des Wettkampfes ist anders. Es gibt ihn halt nur alle vier Jahre."

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