Die Spurensuche der Loipenkaiser

Zwei erschöpfte Skilangläufer liegen im Schnee.
Die Langlauf-Nation Norwegen läuft bei Olympia hinterher.

Die erfolgsverwöhnte Langlauf-Nation Norwegen durchlebt bei den Olympischen Spielen schwere Zeiten. Als Höhepunkt einer für ihre Verhältnisse ohnehin schon schwachen Woche gab es am Samstag und Sonntag in den Staffeln die Höchststrafe. Keine Medaille und als Draufgabe auch noch beide Goldenen für den Erzrivalen Schweden.

Zeitungen aus dem Nachbarland sparten deshalb nicht mit Häme: "Kommt schon, Norwegen, wir vermissen den großen Fight", ätzte etwa die Chefkommentatorin von Aftonbladet, Petra Thoren. Gleichzeitig huldigte sie der schwedischen Herrenstaffel: "Vier Läufer in Tipptopp-Form, perfekte Taktik." Dazu kamen schnelle Skier. "Es war schön anzusehen."

Die Erklärung von Norwegens Herren-Trainer Trond Nystad, dass es wegen Wachsfehlern nicht funktioniert habe, bot den Schweden weitere Angriffsfläche. "Klar, dass es in der Seele der Läufer kocht, wenn man vier Jahre lang acht Millionen Kronen in die Wachsoptimierung steckt und dann haben sie Sandpapier unter den Füßen", schrieb Aftonbladet.

Fiasko

Das fast durchwegs langsame Material der Norsker war bisher aber offensichtlich. Vor den Winterspielen hatten sie im Weltcup noch klar den Ton angegeben. In Russland kommt die große Servicecrew der Norweger aber überhaupt nicht mit den anhaltend frühlingshaften Bedingungen in Krasnaja Pojana zurecht. Offenbar macht ihnen das zur Stabilisierung des weichen Schnees massenhaft aufgetragene Salz schwer zu schaffen.

"Es ist ein grausiges Gefühl. Ich bin wütend, aber ich habe alles gegeben. Wenn man schlechte Skier hat, ist es einfach furchtbar. Es macht keinen Spaß, wenn es so läuft", fasste Staffelläufer Chris Andre Jespersen die Misere zusammen.

In der Heimat bezogen er und seine Kollegen mediale Prügel: "Der Absturz: Schweden zerstörte Norwegen in der Staffel", titelte der Sender TV2 im Internet. "Von den Schweden erniedrigt – schon wieder!" jammerte auch Verdens Gang. Das Online-Portal Nettavisen sah ein "neues norwegisches Fiasko" nach der Niederlage bei den Herren.

Flop

Nach einem starken Auftakt mit Gold von Marit Björgen und Bronze von Martin Johnsrud Sundby im Skiathlon bei noch kälterem Wetter zum Auftakt sowie zweimal Gold in den Sprints lief es in den folgenden Distanzbewerben und den Staffeln nicht mehr nach Wunsch.

Die Männer um Superstar Petter Northug halten erst bei zwei Medaillen, die Schweden um Marcus Hellner haben schon sechs. Insgesamt steht es 9:7 für die Schweden. Das "Drei-Kronen-Team", das als erste Nation seit 42 Jahren beide Staffeltitel einheimste, kommt deshalb aus dem Jubeln gar nicht mehr heraus. "Unglaublich, es ist fantastisch, alles läuft sehr gut. Die Athleten sind in wirklich guter Form und die Wachsmannschaften machen fantastische Skier", frohlockte der schwedische Trainer Rikard Grip.

Frust

In dieser Jubelstimmung kann er sich sogar erlauben, die Norweger starkzureden. "Wir übernehmen nicht die Rolle Norwegens, aber wir haben bisher unglaubliche Olympische Spiele gehabt, und es gibt noch ein paar Rennen." Die nächsten sind am Mittwoch die Teamsprints und am Wochenende die Marathons über 30 bzw. 50 km Skating.

Der norwegische Boulevard gibt sich jedenfalls trotzig: "Merkt euch das, Schweden: Wir sind immer noch der große Bruder!", stellte Verdens Gang die Hackordnung in der skandinavischen Langläufer-Welt wieder her – zumindest rhetorisch.

Für die Norweger ist indes auch im Biathlon längst nicht alles eitel Wonne. Bis auf den Sprintsieg von Ole Einar Bjørndalen und Verfolgungssilber von Tora Berger gab es bisher noch nichts zu feiern. Allerdings kämpfen Emil Hegle Svendsen und Co. nicht nur mit dem Material, sondern auch mit Formproblemen. Ein Höhentrainingslager im Vorfeld dürfte sich negativ ausgewirkt haben.

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