Melzer: „Ich kann auch über mich lachen“

Jürgen Melzer spricht über sich, seine Verletzung, seinen Coach, Becker und den Daviscup.

Dominic Thiem spielte sich ins Rampenlicht, Alexander Peya war im Doppel Weltspitze. Und dennoch war Österreichs Bester einmal mehr Jürgen Melzer, der die Saison als Nummer 27 beendete. Bevor der 32-Jährige zuhause in Deutsch-Wagram und in Prag bei Ehefrau Iveta Weihnachten feiert, sprach er über die Tennis-Landschaft.

KURIER: Sie sagten zuletzt, ein Start bei den Australian Open sei unrealistisch. Trainieren Sie schon wieder?

Jürgen Melzer: Es sieht nicht gut aus für die Australian Open. Aber ich trainiere bereits wieder in Kitzbühel. Nur den Aufschlag lassen wir noch weg.

Wir, damit meinen Sie sich und Markus Hipfl, Ihren neuen Coach. Er war aber längere Zeit weg vom Tennis...

...aber lange genug Profi und Tennislehrer. Er ist ein Fachmann. Mir gefällt seine positive Herangehensweise, seine Einstellung.

Sie haben in den vergangenen Jahren viele Trainer verbraucht. Warum?

Nein, so kann man dies nicht sehen. Ich war 13 Jahre bei Wetter, dann fünf Jahre bei Nyström. Mit Waske hat es einfach nicht gepasst, Blanco ist leider von sich aus gegangen.

Auch Novak Djokovic hat einen neuen Coach...

Das mit Boris Becker hat mich sehr überrascht. Aber er will anscheinend einen Schritt zur Seriosität wagen. Es ist immer schwer, wenn man der Prophet im eigenen Land ist. International ist Becker über jeden Zweifel erhaben. Es geht um die Anerkennung in Deutschland.

Spüren Sie selbst in Österreich genug Anerkennung?

Bei uns geht man oft an der Realität vorbei. Andere Länder wären froh, wenn sie einen Top-30-Spieler hätten. Aber vielleicht hat man nach den Jahren 2010 und 2011, in denen ich Top Ten war, zu viel verlangt.

Sicher nicht, was das enttäuschende Abschneiden im Daviscup betrifft. Dort wird nach Verjüngung verlangt..

Trete ich oder ein Knowle zurück, hat das Team keine Chance in der Weltgruppe. Langsam muss man die Jungen heranführen, aber spielen sollen immer die Besten.

Nach Ihrer Niederlage in Kitzbühel gegen Dominic Thiem traten Sie als fairer Sportsmann auf. Ganz ehrlich, wie sehr wurmt es noch?

Natürlich nagt es. Aber ich weiß die Niederlage einzuschätzen. Ich habe zuvor drei Wochen keinen Schläger in der Hand gehabt und erst einen Tag zuvor trainiert.

Wie weit kann Thiem kommen?

Er spielt stark, aber erst wenn er um Platz 60 oder 70 steht, wird man sehen, ob er das Format hat, nach oben zu kommen. Das ist das Ranking, bei dem sich vieles entscheidet. Man darf den Burschen nicht hochjubeln, damit sorgt man nur für Druck.

Druck gab es auch für Sie immer wieder seitens der Medien...

Ich sehe das heute schon lockerer, ich kann auch über mich lachen. Nur haben die österreichischen Medien eines gemeinsam: Das Glas ist immer halbleer, nicht halbvoll. Man sieht alles zu negativ. Ich weiß, dass ich noch viel erreichen kann.

Sie lesen aber nicht nur Zeitungen, oder?

Nein, hab immer ein Buch dabei. Jetzt lese ich gerade die Happel-Biographie „Genie und Grantler“.

Sind Sie auch ein Grantler?

Nein, mittlerweile braucht es viel, um mich auf die Palme zu bringen. Ich denke positiv. Man lernt dazu, heute kann ich auch über mich selbst lachen.

Der 32-Jährige aus Deutsch-Wagram ist derzeit Österreichs einziger Top-100-Spieler, als Nummer 27. Am Jahresende war Melzer zuvor nur 2010 besser platziert. (Platz elf). Im Frühjahr 2011 war er die Nummer acht, zur gleichen Zeit war er auch Top Ten im Doppel. Melzer holte 5 Grand-

Slam-Titel (Junioren, Doppel und Mixed) – so viele wie kein anderer Österreicher. Dazu kommen das Paris-Semifinale (2010) und fünf Turniersiege. Mit 28 Daviscup-Teilnahmen ist er Österreichs Nummer eins.

Auch andere österreichische Profis zeigten heuer auf. Allen voran der 33-jährige Alexander Peya, der mit dem Brasilianer Bruno Soares das zweitbeste Doppel des Jahres bildete. Die Bauchmuskelverletzung ist abgeklungen. „Ich fliege am 27. Dezember fit nach Doha.“ Ziel für heuer: „Das kann nur ein Grand-Slam-Titel sein.“

Bereits während der Weihnachtsfeiertage fliegt Dominic Thiem nach Katar. Dort startet am 28. Dezember die Qualifikation. Anschließend geht es weiter nach Australien. „Ich habe bis Juni kaum etwas zu verteidigen, möchte in Paris und Wimbledon im Hauptbewerb stehen“, sagt die Nummer 139. Andreas Haider-Maurer bleibt da, tritt nicht in der Australian-Open-Quali an. „Das würde eine ordentliche Vorbereitung verhindern. 2011 ist hat sich der Verzicht auch ausgezahlt“, sagt der Waldviertler, der wie Peya und Thiem die Firma Simacek als Sponsor vorweist.

Alle drei wollen heuer Daviscup spielen – im April, vermutlich in der Slowakei.

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