Ivona Dadic: Österreichs vielseitigste Sportlerin

Ihr Körper ist ihr Kapital. Auf nur wenige Sportler trifft dieser Satz besser zu als auf Ivona Dadic. Kein Kaffee beim Interview mit dem KURIER, nur möglichst kurze Aufenthalte in der kalten Winterluft, nie Alkohol. Alles Gift für den drahtigen, aber gleichzeitig muskulösen Körper der 22 Jahre jungen Siebenkämpferin aus Oberösterreich.

Viele Gelegenheiten zur Qualifikation bieten sich ihr nicht mehr. Vier Siebenkämpfe pro Jahr, mehr seien einem Körper nicht zuzumuten. Je vier Mal über 100 Meter Hürden, Hoch- und Weitsprung, 200 und 800 Meter sowie Speerwurf und Kugelstoßen. Als Könige der Leichtathletik gelten die Mehrkämpfer, die Alleskönner im Reich der sportlichen Extreme. Jeder Wettkampf eine Qual, jede Verkühlung ein Desaster, jedes Stück Schokolade eine Sünde. Aber: "Nach jedem Wettkampf lasse ich mich gehen", sagt Dadic.
Professioneller Auftritt

Schauplatz ist die neue Leichtathletik-Trainingshalle in der Südstadt: Vier vollwertige 100-Meter-Bahnen sind hier angelegt, eine Sandgrube sowie eine Anlage zum Speerwurf-Training. Im Vorraum befindet sich eine kleine Kraftkammer. Die unscheinbare, aber clever zwischen Fußballfeldern errichtete Halle steht seit November exklusiv den Spitzenathleten des Leichtathletik-Verbandes (ÖLV) zur Verfügung. Davor war in den Wintermonaten an ein geregeltes Training auf internationalem Niveau kaum zu denken. Konzipiert hat alles ÖLV-Cheftrainer Gregor Högler. Der ehemalige Speerwerfer ist zudem der hauptverantwortliche Betreuer von Dadic. Auch deshalb hat die Heeressportlerin ihren Hauptwohnsitz mittlerweile nach Niederösterreich verlegt. Insgesamt besteht das Betreuerteam der Siebenkämpferin aus sechs (!) Personen – alle ehemalige Spitzenathleten in ihren Spezialdisziplinen wie etwa Mittel- und Langstreckenläufer Günther Weidlinger oder Hochsprung-Rekordhalterin Sigrid Kirchmann. Die WM-Medaillengewinnerin war es auch, die 27 Jahre lang die österreichischen Siebenkampf-Bestmarke gehalten hatte. Bis 2012 Ivona Dadic kam, lief, sprang und warf.
Professioneller Anspruch

Erst seit Kurzem macht sich die 22-Jährige ernsthafte Gedanken über die Karriere nach der Karriere. Ein Vorbild ist Hürdensprinterin Beate Schrott, die ihr Medizinstudium bereits abgeschlossen hat. "So würde ich es auch gern machen", sagt Dadic. Sie weiß: Ihr Körper ist ihr Kapital. Aber nicht ewig.
Ivona Dadic über ...
... die Olympia-Qualifikation
„Die Vorbereitungen laufen gut. Ich hoffe, dass ich mich in Götzis qualifizieren werde. Das Limit liegt bei 6200 Punkten, meine Bestleistung ist bei 6151. Da fehlt nicht viel.“
... den Mythos
Olympia
„Jeder Athlet denkt von
Olympia zu
Olympia. Das ist das große Ziel. Auch EM und WM sind Großereignisse, aber ich lebe in einem Vierjahreszyklus.“
... ihren Körper
„Ich muss mich in meinem Körper wohlfühlen und bin froh, dass Siebenkämpferinnen noch frauliche Körper haben.“
... Disziplin
„Ich trainiere acht Stunden jeden Tag. Alkohol schmeckt mir nicht, auf Schokolade verzichte ich. Nur nach einem Wettkampf lasse ich mich eine Woche lang gehen.“
... Show
„Das ist nicht so meins. Natürlich muss man sich ein bisschen verkaufen können. Ich weiß, dass Fotos wichtig sind. Ich schaue auf mein Äußeres und habe einen Tick: Vor jedem Bewerb mach’ ich mir die Fingernägel – ein gutes Motiv für die Fotografen. In Rio werden sie rot-weiß-rot sein.“
... Wertschätzung
„Ich habe mit Olympiasiegerin Ennis-Hill in England trainiert und Wettkämpfe bestritten. Dort sind die Hallen voll mit Menschen, die sich auskennen. Und die zahlen sogar Eintritt! Bei uns ist das undenkbar.“
... Unterstützung
„Ich bin im Hope-Kader des Projekt Rio. Damit finanziere ich Massagen, Geräte, Trainingslager. Ich habe mit Kornspitz einen tollen Sponsor und bin Heeressportlerin. Zur Seite legen kann ich nichts, jeder Euro fließt in den Sport.“
... die Anfänge
„Ich war neun Jahre alt und habe zum Spaß bei einem Kinderwettkampf in Wels mitgemacht. Dann habe ich die 60 Meter und die 800 Meter gewonnen. Danach ist ein Vereinstrainer auf mich zugekommen.“
... ihre Pläne
„Ich bin erst 22. 2020 will ich auf jeden Fall noch bei
Olympia sein. Dann bin ich 26 und im besten Alter für den Siebenkampf.“
... das Tolle am Mehrkampf
„Ich muss schnell und stark sein und Ausdauer haben. Das zu kombinieren, ist die Herausforderung. Schnell laufen ist leicht. Aber schnell laufen und hoch springen – das ist schwierig.“
Zur Person
Geboren am 29. 12. 1993 in Wels, Eltern aus Kroatien. Ö-Rekord im Siebenkampf (6151 Punkte).
Bestleistungen
100 m Hürden: 13,91 Sekunden (Weltrekord: 12,21)
Hochsprung: 1,80 Meter (Weltrekord: 2,09)
Kugelstoßen: 13,63 Meter (22,63)
200 Meter: 23,96 Sekunden (21,34)
Weitsprung: 6,30 Meter (7,52)
Speerwurf: 52,26 Meter (72,28)
800 Meter: 2:10,68 Minuten (1:53,28)
Kommentare