Ist Wien noch reif für Tennis?

Da stehen rund 50 Slowenen vor dem Eingang", sagt Alexander Antonitsch, der Tennis- und
ORF-Experte. Herwig Straka, der Turnierdirektor der Erste Bank Open, nickt zustimmend. "Eh gut, nachdem uns die Serben ein bisschen im Stich gelassen haben."
Die Slowenen sind deshalb in die Wiener
Stadthalle gekommen, weil am Sonntag Grega Zemlja als erster Spieler ihres Landes in einem ATP-Finale stand. Siegreicher Gegner war Juan Martin del Potro. Argentinier sind wegen ihm keine angereist.
Zurückhaltend
Auch sonst hielten sich die Zuschauer in der Wiener Stadthalle zurück. Nicht nur mit der Stimmung, sondern überhaupt mit den Kommen an sich. "Wir hatten zehn Prozent weniger Besucher als im vergangenen Jahr", rechnet
Straka vor. Er kennt auch den Grund für den Schwund: "2009 und 2010 hatten wir einen Jürgen Melzer und einen Andi Haider-Maurer, im Vorjahr hat Thomas Muster viel gebracht."
Gut, den mittlerweile 45-Jährigen kann man eben nicht bis zum Greisenalter bemühen, da müssen andere Österreicher in die Bresche springen. Heuer taten sie es ausbaufähig."Melzer hat zwar alles gegeben, aber das ist im Moment leider nicht viel", sagt Straka und gönnt dem Deutsch-Wagramer viel Spaß in den nächsten Wochen. "Nach den letzten zwei Turnieren warten ja die Flitterwochen, da kann er Kraft tanken."
Straka hatte dafür gesorgt, dass sein Schützling als Nummer vier gesetzt war und erst im Achtelfinale eingestiegen ist. Vier Spielern, die nach Wien kommen wollten, wurde deshalb abgesagt. Einer davon war Philipp Kohlschreiber. Kein Entertainer, aber zumindest die Nummer 19 der Welt. Egal, Melzer wäre dann eben schon am Dienstag statt am Mittwoch rausgeflogen.
Im nächsten Jahr hofft Straka wieder auf mehr Fans. "Die unmittelbare Nähe zum Linzer Turnier hat uns auch einige Besucher gekostet. Dazu kam das Wiener Derby, zwei Länderspiele und das Vanek-Gastspiel in Wien." Freilich war es ein Verlustgeschäft. Aber eines, das dank der Sponsoren Erste Bank und Wiener Städtische, die Verträge bis 2014 haben, erträglich war. "Wir hatten heuer auch weniger Geld zur Verfügung, konnten auch Del Potro weniger bezahlen."
Die Nummer acht der Welt kam dennoch. Wie auch Janko Tipsarevic, die Nummer neun. "Das sind alles Spieler, die noch Punkte für das ATP-Finale im November brauchen", sagt Straka. "In den Bereichen zwischen den Nummern fünf bis fünfzehn wollen wir auch weiterhin fischen."
Zuversichtlich
Und die Österreicher? "Thiem wird sicher die Zukunft gehören, Melzer ist auch noch zumindest zwei Jahre da", sagt Straka. "Und wenn einer von ihnen sehr gut spielt, ist in Österreich die Tennisbegeisterung schon noch spürbar."
Das sagt auch Alexander Antonitsch, der Turnierdirektor von Kitzbühel. "Nur setzen wir auch auf deutsche und Südtiroler Fans. Aber die Österreicher sind nach wie vor euphorisch, wenn einer gut spielt."
Aber wer tut es? Vielleicht zieht ja der 19-jährige Thiem irgendwann die tennisbegeisterten Massen in die Stadthalle, in der Hubert von Goisern und Udo Jürgens den Filzkugelartisten folgen. Vielleicht singt der Bademantel-Senior auch dann noch, wenn es das Stadthallenturnier nicht mehr gibt.
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