Hingis, Scharapova, Gauff: Die Wunderkinder im Damentennis

Hingis, Scharapova, Gauff: Die Wunderkinder im Damentennis
Die 15-jährige Cori Gauff wandelt in Wimbledon in den Spuren anderer Alterserscheinungen. Heute wartet das Achtelfinale.

„Ich bin ein großer Fan und freue mich so für sie. Ich liebe ihre Familie und könnte nicht stolzer auf sie sein“, sagt Serena Williams.

Die 37-Jährige lobt ihre US-Landsfrau Cori Gauff in den höchsten Tönen. Gauff ist die Sensation des Turniers in Wimbledon. Nicht nur, weil sie als Nummer 313 ins Turnier gestartet war, sondern viel mehr weil sie am 13. März erst 15 wurde. Und damit auch im Juniorenbewerb zu den Jüngsten zählen würde. Auf dem Weg ins Achtelfinale schlug sie übrigens auch Venus Williams, die bescheidene 24 Jahre älter ist. Nun darf Gauff am Super-Montag mit der Rumänin Simona Halep eine Dame fordern, die schon Nummer eins war.

Cori Gauff ist nicht das erste Wunderkind. Viele andere Mädchen brachten in blutjungen Jahren Höchstleistungen, für viele war der Rest der Karriere aber alles andere als ein Kinderspiel.

  • Jennifer Capriati

Ein Start in die Karriere wie aus dem Bilderbuch. Die Amerikanerin stand 1990 mit 13 Jahren in einem WTA-Finale. Mit 14 erreichte sie bei den French Open 1990 das Halbfinale und knackte einige Rekorde, unter anderem als jüngste Top-Ten-Spielerin aller Zeiten. Sie war noch ein paar tage jünger als Gauff, als sie 1991 ins Wimbledon-Halbfinale einzog. „Zu viel, zu früh“ hieß es immer wieder in Richtung Stefano Capriati, der die Karriere seiner Tochter generalstabsmäßig plante. Mit 16 Jahren siegte „Jenny Baby“ bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona. Danach glänze aber nichts mehr wie Gold:

Es folgte der Abnabelungsprozess von daheim – und der Absturz. Ladendiebstahl, Drogenmissbrauch – die Polizeifotos gingen um die Welt. Die Karriere schien mit 18 schon einem unrühmlichen Ende nah. Doch Capriati kam zurück – und dies noch stärker. 2001 holte sie die Titel bei den Australian Open und French Open, in Melbourne wiederholte sie sogar das Kunststück. Insgesamt stand sie 17 Wochen an der Spitze. „Ich war ein frühes Wunderkind, fühle mich aber eher als Spätzünderin“, sagt die 43-Jährige heute.

Die Schweizerin ist nicht nur die jüngste Grand-Slam-Siegerin (Australian-Open-Titel 1997 im Alter von 16 Jahren und 117 Tagen), sondern auch die jüngste Weltranglisten-Erste. Im Alter von 16 Jahren und fünf Monaten lachte „Swiss Miss“ von der Spitze, insgesamt war sie 209 Wochen Nummer eins. 2006 kehrte sie erfolglos zurück. Unrühmlicher Schlusspunkt in der Karriere war eine positive Dopingprobe in Wimbledon 2007. 2013 kehrte Hingis als Doppel-Spezialistin zurück. Und auch hier wurde Hingis noch einmal Nummer eins, ehe sie 2017 endgültig abtrat.

  • Tracy Austin

1977 gewann die Amerikanerin das Turnier in Portland und wurde die jüngste Turniersiegerin bei einem Profiturnier. Mit 16 Jahren triumphierte sie bei den US Open 1979 und ist bis heute die jüngste Siegerin in New York. Anhaltende Rückenprobleme zwangen Austin mit nur 21 Jahren zum Karriereende. 1992 wurde sie schließlich als jüngste Spielerin aller Zeiten in die Tennis Hall of Fame aufgenommen. Heute ist sie Fachkommentatorin im TV.

  • Andrea Jaeger

Die Amerikanerin begann ihre Tenniskarriere 1980 mit 14 Jahren und wurde mit Siegen über Chris Evert und Martina Navratilova bald die Nummer drei der Welt. Eine schwere Schulterverletzung beendete ihre Profilaufbahn, als sie noch nicht einmal 20 Jahre alt war. Danach fand sie als Theologie-Absolventin den Weg zum Glauben, 2006 gar jenen in einen Orden. Das Nonnen-Dasein wurde ihr aber drei Jahre später zu fad.

  • Mirjana Lucic

Auch sie wurde als kommender Superstar gefeiert, bei ihrem ersten WTA-Turnierantritt holte die Kroatin mit 15 Jahren und zwei Monaten in Bol gleich den ersten Titel. Mit 18 Jahren schien eine hoffnungsvolle Karriere vorbei zu sein, noch ehe sie begonnen hatte. Nach massiver physischer Gewalt ihres Vaters fiel sie in ein psychisches Loch. 2014 kam sie zurück, mehr als Achtungserfolge gab es nicht.

  • Maria Scharapova

Die heute 32-Jährige war vor Gauff das letzte große Wunderkind im Damentennis. Die Russin, bekannt für ihr exzessives Stöhnen auf dem Platz, wurde 2004 im Alter von 17 Jahren und 75 Tagen sensationell die jüngste Wimbledonsiegerin. Ihre Karriere ist trotz einer höheren Schwankungsbreite immer noch erfolgreich.

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  • Tamira Paszek

Die Vorarlbergerin war das rot-weiß-rote Wunderkind. 2006 gewann sie als 15-Jährige ihr erstes Turnier in Portoroz, 2011 und 2012 war sie noch Teenager, als sie zwei Mal im Viertelfinale von Wimbledon stand. Nach vielen Verletzungen und Krankheiten ist sie heute nur noch Gelegenheitsarbeiterin auf der Tour. „Dadurch habe ich gelernt, dass Sport nicht alles ist. Und nun kann ich Dinge tun, die in jungen Jahren unmöglich waren“, sagt sie. Preisgeld in den jüngsten zweieinhalb Jahren: 2.000 Euro. Brutto.

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