Haftstrafen gegen ÖSV-Mitglieder gefordert

Beim Doping-Prozess gegen ÖSV-Mitglieder vor dem Gericht in Susa im norditalienischen Piemont haben die Staatsanwälte in ihren Schlussplädoyers für neun der zehn Angeklagten Haftstrafen zwischen zwei und drei Jahren beantragt.

Bei der nächsten Gerichtsverhandlung am 29. Mai werden die Plädoyers der Verteidigung fortgeführt. Die Urteilsverkündung ist am 6. Juli vorgesehen.

Walter Mayer, ehemaliger Spitzentrainer des ÖSV, Markus Gandler, Sportlicher Leiter im ÖSV für Biathlon, ÖSV-Präsident Peter Schröcknadel, der ehemalige ÖSV-Langlauf-Cheftrainer Emil Hoch und der Sportmediziner Peter Baumgartl sollen laut den Turiner Staatsanwälten Gianfranco Colace und Sara Panelli zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 40.000 Euro verurteilt werden. Ihnen wird Mitverschuldung angelastet, weil sie angeblich Dopingpraktiken begünstigt haben sollen.

Für die Langläufer Martin Tauber und Jürgen Pinter, sowie die Ex-Biathleten Wolfgang Perner und Wolfgang Rottmann forderten die Staatsanwälte zwei Jahre Haft und eine Geldstrafe von 25.000 Euro. Die Position des Langläufers Johannes Eder wurde ausgeklammert, weil er im Jahr 2009 bei Beginn des Verfahrens durch seinen Verteidiger einen Antrag auf Strafzumessung gestellt hatte. In seinem Fall wird es zu einem von den anderen Angeklagten getrennten Urteil kommen.

Der Südtiroler Rechtsanwalt Wolfgang Burchia, Schröcksnadels Verteidiger, bezeichnete die Forderungen der Staatsanwaltschaft in sachlicher und rechtlicher Hinsicht als "vollkommen haltlos". "Die Anklagetheorie basiert auf Vorwürfen, für die es überhaupt keine Beweise gibt. Bei der Verhandlung konnten die Verteidiger den Nachweis erbringen, dass einige Zeugen der Staatsanwaltschaft bei deren Einvernahme vor Gericht nicht die Wahrheit gesagt haben. Nur Österreich hat bei den Olympischen Winterspielen in Turin 2006 eine derartige Razzia vor laufenden Kameras erlebt", kommentierte Burchia im Gespräch mit der APA. Alle Verteidiger werden daher aus nachgewiesenen sachlichen und rechtlichen Gründen den Antrag auf Freispruch der Angeklagten stellen.

In Susa werden seit 2009 mutmaßliche Doping-Vorgehen von ÖSV-Athleten und -Funktionären aufgearbeitet. Bei den Winterspielen 2006 hatten italienische Carabinieri auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Turin die Privatquartiere der ÖSV-Langläufer und -Biathleten der österreichischen Sportler durchsucht und Hinweise auf belastende Praktiken und Substanzen gefunden. Alle österreichischen Sportler waren bei den Dopingtests negativ, was die zusätzliche Theorie der Staatsanwaltschaft entkräftet.

Den neun Österreichern und dem Liechtensteiner Hoch werden Verstöße gegen das italienische Anti-Doping-Gesetz vorgeworfen. Laut dem Turiner Staatsanwalt Raffaele Guariniello, der die Ermittlungen seinerzeit geführt hatte, sei Doping unter den österreichischen Athleten kein Einzelfall, sondern eine gut organisierte Strategie gewesen.

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