Thomas Muster: "Ich war Kandidat für die 1. Runde"

Im Daviscup-Duell 1990 gegen die USA im Wiener Praterstadion begeisterte Muster die Massen.
Der 51-Jährige spricht über seine Wien-Auftritte, dieses Turnier und die Entwicklung im Land.

Seit 2012 ist Thomas Muster Turnierbotschafter beim Wiener Stadthallen-Turnier. Vor allem ist der Steirer aber Österreichs bester Tennisspieler der Geschichte.

Der 51-Jährige reiste gestern nach Wien an und nahm sich in einem kleinen Kämmerlein Zeit, um über seine Wien-Auftritte, über Dominic Thiem und das Tennisland Österreich zu plaudern.

KURIER: Wien bietet viele Stars. Ist das Turnier mit jenem aus Ihrer Zeit vergleichbar?

Thomas Muster: Man kann die Kategorien von damals und heute nicht vergleichen. Am meisten hat sich auf dem technologischen Sektor geändert, aber das ist der Zug der Zeit. Auch das Preisgeld von damals kann man nicht vergleichen. Aber im Gegensatz zum gleichzeitig stattfindenden Turnier in Basel ist die Dichte an Klasseleuten hier besser. Aber logisch, dass ein Roger Federer dort spielt, genauso wie Dominic Thiem immer hier spielen wird. Als Lokalmatador.

Das waren Sie jahrelang. Ärgert es Sie, dass Sie trotz Ihrer großen Laufbahn nie in Wien gewinnen konnten?

Ehrlich gesagt, aufgrund der damaligen Belagsverhältnisse war ich stets ein Kandidat für die erste Runde, nicht mehr. Drei Mal im Finale zu stehen, war schon ein großer Erfolg. Aber gegen Skoff war ich krank, gegen Ivanisevic war ich chancenlos, okay, gegen Dewulf hätte ich 1995 gewinnen müssen.

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2016: Mit Thiem und Turnier-Direktor Straka

Thiem zieht jetzt die Massen an. Erleben wir einen neuen Hype, wie es ihn zur Ihrer Hoch-Zeit gab?

Hype würde ich es nicht nennen, das Interesse ist aber gestiegen. Aber man es nicht vergleichen. Damals gab es in Deutschland den Aufbruch mit Becker, Stich und Graf. Kurz darauf gab es das bei uns, die ersten VIP-Klubs entstanden im Tennissport, Hummer und Champagner wurden kredenzt. Im Unterschied zu heute gab es damals auch weit weniger Sportarten, weniger Angebote. Und wenn sich heute keiner für Tennis interessiert, wird man ihn auch nicht herbringen. Zu einem Hype gehört auch der Daviscup. Bitter, dass ausgerechnet jetzt, wo wir wieder in der Weltgruppe spielen, der neue Modus eingeführt wird. Daviscup lebte von den großen Heimspielen. Man muss abwarten, ob das zentrale Finalturnier ein Erfolg wird.

Hat man seitens des Tennisverbandes die Türen genutzt, die Thiem geöffnet hat?

Welcher Verband? Verband bedeutet Gemeinsamkeit, alle Kräfte bündeln, davon merke ich nichts. Es geht ja nicht darum, dass man Spieler fördert, es geht vielmehr darum, dass man die Breite investiert, in das Fundament. Ab einen gewissen Alter ist Tennis ein Individualsport. Idole und Veranstaltungen können den Sport fördern.

Im Vorjahr war der ÖTV der zweitgrößte Sportverband Österreichs nur die Nummer 13 im Förderranking. Jetzt gab es sieben Prozent Erhöhung.

Das ist wie eine Index-Anpassung einer Versicherungspolizze. Aber wichtig ist, dass der Verband gute Konzepte einbringt, dann wird auch etwas herausschauen.

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2015: Mit Tennis-Aushängeschild Thiem

Ein Konzept ist, dass auch für die Mädchen wieder ihren Bundessport-Stützpunkt in der Südstadt haben. Ein Schritt in die richtige Richtung?

Der zentrale Gedanke ist ein guter, sofern dort gut gearbeitet wird. Das war in den vergangenen Jahren nicht der Fall. Was unter der neuen Führung passiert und wie die Zusammenarbeit mit Günter Bresnik funktioniert, muss man abwarten.

Thomas Muster hat gute Chancen, in die Hall of Fame des Tennissports aufgenommen zu werden. Ehrt Sie das?

Es ist schön, wenn man dabei ist, oder in dem Kreis der Auserwählten, aber es wird mein Leben so oder so nicht mehr verändern. Ich selbst würde mich ja gar nicht dazuzählen, und da gibt es auch noch welche, die ich noch weniger dazuzähle.

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