"Sturm lebte weit über die Verhältnisse"

Am Donnerstag begeht Hannes Kartnig seinen 60er. Die Feierlaune könnte ihm vergangen sein. Denn am Montag war in der letzten Prozesswoche Gutachter Fritz Kleiner am Wort. Mit schonungslosen Abrechnungen aus insgesamt 40.200 Aktenseiten. "Der SK Sturm hat seit 2002 weit über seine Verhältnisse gelebt." Bereits in diesem Jahr sei objektiv, also rein rechnerisch, die Zahlungsunfähigkeit des Vereins gegeben, im Juni 2003 subjektiv für den Ex-Vorstand erkennbar gewesen. "Der Verschuldensgrad lag 2006 bei 250 Prozent." Im Jahr der endgültigen Pleite.
Konkursverschleppung bestritten die Angeklagten stets vehement. Dieser Tatbestand würde auch hohe zivilrechtliche Forderungen nach sich ziehen.
Peinlich
Auch bezüglich der Steuerschulden fasst der Gutachter aus dem Vollen. An hinterzogenen Lohnsteuerabgaben kommt er auf 8,4 Millionen Euro. "Das ist mehr, als das Finanzamt Graz Stadt errechnet hat. Das ist mir peinlich", verteidigt Kleiner zugleich seinen Ruf als profunder Steuerberater. Aber das Finanzamt habe wahrscheinlich weniger Unterlagen als er zur Verfügung gehabt.
4,2 Millionen Euro seien von 2000 bis 2003 an Schwarzlöhnen an die Spieler ausbezahlt worden. Später habe man über ein undurchsichtiges Pensionsvorsorgemodell für die Kicker gearbeitet - und auch keine Steuern abgeliefert. "Da hätte man ja gleich schwarze Löhne weiterzahlen können, ohne einen so großen Aufwand", versteht der Gutachter die Vereinslogik nicht.
Bei Kartnigs angeklagten Steuertricks in seiner Werbefirma "Perspektiven" erweist sich Kleiner gnädiger als die Finanz: Aber immerhin macht demnach der hinterzogene Betrag auch noch 1,7 Millionen Euro aus.
Schmähstad
Der Hauptangeklagte senkt den Kopf und ist Montag auffallend schmähstad. Seine hoch bezahlten Anwälte Richard Soyer und Michael Pacher werden versuchen, den Sachverständigen Dienstag zu "zerlegen".
Vor allem wird es ihnen um die Transferwerte von Spielern gehen, die man auf den Markt hätte werfen können, weshalb von Konkursverschleppung nicht geredet werden dürfe.
Doch Zeuge Reinhard Herovits von der Bundesliga verdeutlichte dem Gericht: "Ein Spieler hat keinen objektiven Wert. Es gibt keine Spielerbörse wie bei Schweinebäuchen." Das hänge von Verhandlungen zwischen Klubs ab.
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