Neuer FAC-Trainer: "Wenn man gut genug ist, ist man auch alt genug"

Er war einer von vierzig Trainern, die der sportliche Leiter Lukas Fischer mit seinem Mini-Team ins Auge gefasst hatte. Nach dem Karrieresprung von Langzeit-Trainer Mitja Mörec (zu Blau-Weiß Linz) war vor dem Start in die neue Saison die Stelle des Cheftrainers beim Floridsdorfer AC vakant geworden.
Binnen weniger Tage war man sich jedoch in der Hopfengasse sicher: Sinan Bytyqi ist unser Mann!
Dessen Kärntner Dialekt verrät Folgendes: Im Alter von einem Jahr mit seinen Eltern aus dem Kosovo nach Kärnten gekommen. Im Alter von 30 Jahren Vater zweier Töchter, die jetzt wieder durchgehend in Klagenfurt wohnen.
Was der Dialekt nicht verrät: Mit 22 muss der offensive Mittelfeldspieler im Besitzvon Manchester City seine vielversprechende Karriere beenden. Herzprobleme! Doch die Engländer lassen ihn nicht fallen, setzen ihn als Scout und Trainer ein, helfen ihm bei der Trainerausbildung. Zuletzt war er für die City-Group als Co-Trainer des chinesischen Erstligisten Shenzen City im Einsatz.
Nach seinem ersten Training in Floridsdorf gab er dem KURIER Einsichten in seinen Karriereplan.
KURIER TV-Lokalaugenschein beim neuen FAC Trainer Sinan Bytyqi
KURIER: 26.000 Zuschauer kommen im Schnitt zu den Heimspielen Ihres alten Arbeitgebers in Shenzen. Zum FAC kommen weniger als 1.000. Warum haben Sie sich für Floridsdorf entschieden?
Sinan Bytyqi: Also klar, drüben in China kommen oft bis zu 50.000 Zuschauer ins Stadion. Aber es war für mich eine rein sportliche Entscheidung: der nächste Schritt. Weil ich jetzt als Cheftrainer in einer wirklich guten Profiliga arbeiten kann. Der FAC ist so gesehen eine super Bühne für mich. Ich habe gute Gespräche mit dem Verein gehabt, und es ging dann auch sehr schnell.
Sie waren nach Ihrem frühen Karriereende Scout bei Manchester City, Co-Trainer bei St. Truiden in Belgien und zuletzt in China. Was ist Ihr Ziel als Cheftrainer des FAC?
Oberste Priorität hat für mich, die Spieler weiter zu entwickeln, damit sie auch den nächsten Schritt wagen können. Da sollen die Erfahrungen, die ich in England, Belgien und China gesammelt habe, helfen.

Der Neue stellt sich in Floridsdorf ohne großes Theater vor.
Ihr Vorgänger Mitja Mörec hat dem FAC für die zweite Liga eine klar erkennbare Spielphilosophie verpasst. Werden Sie die beibehalten?
Mitja hat in den letzten Jahren super gearbeitet und wirklich eine Identität in den Verein reingebracht. Klar habe ich auch meine eigenen Ideen und Philosophien. Die große Kunst wird aber sein, dass man sich auch ein bisschen anpasst an die Umgebung, an die Struktur, an die Spieler und ihre Entwicklung.
Das Transferfenster ist noch weit offen, die finanziellen Mittel beim FAC sind jedoch beschränkt. Dennoch: Wird man in Floridsdorf aufgrund Ihrer Kontakte Spieler aus der ManCity-Gruppe auflaufen sehen?
Also aus der City Group wäre das schwierig, weil das Niveau dort schon hoch ist. Die jungen Spieler wechseln von dort in die deutsche Bundesliga oder nach Holland. Ich bin natürlich mit der Gruppe weiterhin in Kontakt. Und wenn wir als FAC irgendetwas brauchen, kann ich natürlich nachfragen.

Aufwärmen für die neue Saison: In der zweiten Runde geht es daheim gegen Kapfenberg.
Torleute, Spieler, Trainer konnten den FAC als Sprungbrett für höhere Aufgaben nützen. Wollen Sie das auch?
Wenn man eine jahrelang konstante Profikarriere haben möchte, dann ist das die oberste Priorität. Es soll aber auch nicht zu schnell gehen. Weil man kann in diesem Job auch wieder tief fallen. Ich habe in den Gesprächen bemerkt, dass hier ein ernstes Interesse besteht. Und ich bin jetzt dankbar, dass ich beim FAC weitere Erfahrungen sammeln darf.
In Ihrem Alter und mit Ihrer Vita könnten Sie in der zweithöchsten österreichischen Liga wohl noch locker mithalten. Wie sehr schmerzt es Sie, dass Sie als Spieler in England mit 22 aufgrund ernster Herzprobleme aufhören mussten?
Das hat damals schon wehgetan. Die Unterstützung vom Verein hat mir sehr geholfen. Ich durfte scouten, Videoanalysen machen, Trainertrainings in der Akademie in Manchester leiten. Ich konnte alles sehen und für mich persönlich erkennen, was für mich gut ist.
Was ist gut?
Als Trainer stehe ich wieder auf dem Platz, mit Fußballschuhen und mit dem Ball. Dabei habe ich irgendwie das Gefühl, wieder ein Spieler zu sein. Das hat mich anfangs emotional sehr bewegt. Natürlich denkt man auch heute jeden Abend nach: Was wäre, wenn? Wo wäre ich heute als Spieler?
Kann man mit 30 schon Cheftrainer sein?
In England herrscht die Mentalität vor: Wenn man gut genug für den Job ist, ist man auch alt genug. Insofern spielt es für mich keine Rolle, ob jetzt jemand 30 ist oder 45. Natürlich ist es unüblich, auch für andere Vereine. Aber das soll mehr ein Ansporn sein, für junge Trainer, dass sie da auch wirklich Gas geben sollen.
Never change a winning team: Wird gegen Kapfenberg die selbe Elf beginnen wie in den ersten beiden Pflichtspielen?
Ich habe mir in China alle Spiele auf Video angesehen, auch die von der letzten Saison, einfach, um ein Feeling zu bekommen. Und ich war schon die ganze Zeit mit Mario (Sonnleitner, Co-Trainer; Anmerkung) und dem ganzen Trainerteam in Kontakt, der die letzten Wochen super gearbeitet hat. Aber zu Ihrer Frage: Die Jungs, die spielen, da ist viel Emotion drinnen, viel positive Spannung. Die sind grad bereit für jedes weitere Spiel. Deshalb sollte man da jetzt auch nicht zu viel ändern.
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