Ronaldo ist der Rucksack zu schwer
Cristiano Ronaldo sank zu Boden wie der größte Verlierer in der Arena von Lemberg. Dem Superstar war nicht zum Feiern zumute, obwohl Portugal Dänemark doch noch mit 3:2 besiegt hatte. Nach seinem eindruckslosen Auftritt gegen Deutschland vergab Ronaldo gegen die Dänen in kläglichster Art und Weise zwei Top-Chancen. Dank Nobody Silvestre Varela, dem Siegtorschützen, blieb ihm Schlimmeres erspart.
Doch hart urteilten die Beobachter dennoch: "Ronaldo braucht einen Psychologen", titelte ein angesehener Kolumnist der seriösen Zeitung Público: "Man kann sich nicht erklären, wie sein Talent plötzlich wie verrostet ist." Der 27-Jährige habe das "Überleben des Teams" gefährdet, fauchte das Sportblatt Record. Und der sozialistische Spitzenpolitiker Carlos Zorrinho urteilte erbarmungslos: "Wenn Ronaldo der wichtigste Mann auf dem Platz sein will, wird er scheitern."
Messi-Sprechchöre
Die Last einer ganzen Fußball-Nation auf den Schultern zu tragen, ist offenbar zu viel für einen, der sich selbst für den Größten hält. Höhnische "Messi, Messi"-Sprechchöre vom Publikum in Lwiw musste sich der Glamour Boy von Real Madrid sogar gefallen lassen. Das Selbstvertrauen von 65 Toren in 60 Pflichtspielen vor Beginn der EURO ist vor dem Entscheidungsspiel gegen die noch stärker angeschlagenen Holländer kleiner geworden.
"Wissen Sie, was Messi vor genau einem Jahr gemacht hat? Er war bei der Copa America und ist im Viertelfinale ausgeschieden", schimpfte Ronaldo nach der Partie in die Mikrofone.
Aber während Messi zumindest 2012 für Argentinien laufend trifft, blieb Ronaldo in allen fünf Auftritten von Portugal in diesem Jahr ohne Tor. "Jeder hat das Recht, Chancen zu vergeben, auch ich", rechtfertigte sich der Offensivspieler. "Natürlich hätte ich gerne getroffen. Aber wenn ich das ganze Turnier kein einziges Tor mache und wir Europameister werden, unterschreibe ich es sofort."
Einen EM-Titel wird Ronaldo möglicherweise brauchen, um im Rennen um die Auszeichnung zum Fußballer des Jahres die Nase vor Messi zu haben. 2008 holte sich der Portugiese die Trophäe, seither triumphierte immer der Argentinier.
Zu allem Überdruss leidet der Kapitän nun ausgerechnet bei der EM unter Ladehemmung. "Portugal gewinnt – ohne Ronaldo", schrieb die Sporttageszeitung A Bola.
Von Frustration bei seinem Schlüsselspieler will Portugals Teamchef Paulo Bento dennoch nichts bemerkt haben. "Kein Einziger im Kader ist frustriert. Jeder freut sich über den Sieg und denkt schon an das entscheidende Spiel gegen die Niederlande", beteuerte der Coach und verteidigte Ronaldo. "Er hat bisher zwei gute Partien absolviert. Ronaldo ist ein Spieler mit großartigen Fähigkeiten, der aber heute in manchen Situationen ineffizient war."
Rückendeckung erhielt Ronaldo auch von seinem Mannschafts- und Klubkollegen Pepe. "Für mich ist er der beste Spieler der Welt, aber er kann unser Team nicht allein auf seinen Schultern tragen." Verteidiger Pepe half – und traf zum 1:0.
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