Quo vadis, Niederösterreich?

Quo vadis, Niederösterreich?
Das größte Bundesland mischt mit Admira, Wiener Neustadt und St. Pölten im Profi-Fußball mit und ist doch nirgendwo zu Hause.

Ein Gedankenspiel: Der erfolgreichste Fußball-Klub Bayerns wäre Borussia Dortmund - die Schmach im stolzen Freistaat wäre unendlich. Im nicht minder stolzen Niederösterreich, dessen zweitgrößte Stadt Wiener Neustadt am Samstag zum ersten Mal seit 1967 wieder Schauplatz eines Derbys in der höchsten Spielklasse gewesen ist, ist diese Tatsache bittere Realität.

Im größten Bundesland Österreichs (auch was Vereine und Landesausbildungszentren betrifft) kommt der aktuell und historisch erfolgreichste Verein aus Wien, der Ende der Sechzigerjahre an die Peripherie der Bundeshauptstadt übersiedelt ist - die Admira. Die letzten beiden Titelgewinner (Krems und Stockerau im Cup) sind wieder im Amateurbetrieb versunken. Die Versuche, in St. Pölten Großes anzusiedeln, endeten entweder mit peinlichen Blendern (Flash St. Pölten) oder dem finanziellen Ruin (VSE, FCN).

Die Fußballer aus Wiener Neustadt hätten es ohne die Lizenz aus Schwanenstadt und die Magna-Millionen von Frank Stronach wohl auch nicht mehr von der Landesliga in die Bundesliga geschafft. Der reiche Onkel, der neben den Millionen auch den Unternehmergeist aus Nordamerika in den österreichischen Fußball pumpen wollte, hat sich längst zurückgezogen. Er hinterließ zwar kein Chaos, aber zumindest Ratlosigkeit.

Dürre Ernte

Quo vadis, Niederösterreich?

"Stronach hat ein fußballerisches Saatkorn in dieser Region gesät, es wäre schade gewesen, dem Klub keine zweite Chance zu geben", sagt Manfred Rottensteiner. Der Bürgermeister von Weikersdorf wurde nach dem Ausstieg von Magna mit der Klubführung betraut. Ein Himmelfahrtskommando? "Von wegen", sagt Rottensteiner, "wir können nur nicht langfristig denken."

Eine wichtige Rolle spielte im niederösterreichischen Fußball seit jeher die Landespolitik. Anfang der Sechzigerjahre übernahmen die Volksvertreter mit dem Landesenergieversorger NEWAG (jetzt EVN) bei der Admira die Kontrolle. "Die Politik darf nur die Rahmenbedingungen schaffen, aber nie den Verein", sagt Rottensteiner heute. 1996 war dieser Gedanke noch nicht weit verbreitet. Da versuchte Landeshauptmann Erwin Pröll mit dem Zusatz SC Niederösterreich und Gastspielen in Wr. Neustadt, St. Pölten und Krems die Admira in den Herzen seiner Landsleute zu verankern. Kurz darauf konnte der Klub nur noch durch die Fusion mit Mödling gerettet werden.

Seit einigen Jahren heißt der Retter Richard Trenkwalder, doch auch die Millionen des Unternehmers werden nach dem Firmenverkauf schon bald weniger kräftig sprudeln. Bis 2013 ist Trenkwalder als Hauptsponsor vertraglich gebunden.

Fette Zukunft

Im tief roten St. Pölten war der jahrzehntelang geplante Stadionbau erst möglich, als sich der SKN der schwarzen Landesregierung zuwandte: Im Sommer wird die moderne NÖ-Arena eröffnet. Um auf der neuen Bühne auch die passenden Stücke aufführen zu können, müsste aber der Aufstieg des Zweitligisten gelingen. Und der scheint nur möglich, wenn die Geldflüsse von der Politik und ihr nahen Unternehmen kräftig ausgebaut werden. Oder es wandert doch die Lizenz aus Wr. Neustadt in die Landeshauptstadt - ein Gerücht, das laut Neustadt-Präsident Rottensteiner aber "jeder Grundlage entbehrt".

Das Publikum ist seit jeher kritisch - 4000 erhoffte man sich im Vorfeld des Derbys. Ein Wunschtraum. Mit Einnahmen aus 3300 Eintrittskarten musste sich der Kassier des SC Wiener Neustadt letztlich begnügen.

Die meisten Niederösterreicher schauen sowieso lieber ein paar Kilometer weiter: Der beliebteste Verein im Bundesland kommt aus Wien und heißt Rapid. Die Weitsicht kennt offenbar keine Grenzen. Der Sponsor des NÖ-Derbys am Samstag war die Energie AG und kam somit aus Oberösterreich.

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