Real-Coach Benitez nach Clásico-Debakel angezählt
Die einen fordern die Entlassung von Trainer Rafael Benitez, die anderen den Rücktritt des Vereinspräsidenten Florentino Perez: Das 0:4-Debakel von Real Madrid im Clasico gegen den FC Barcelona hat die Fans der Königlichen in Aufruhr versetzt und den spanischen Fußballrekordmeister in eine schwere Krise gestürzt. "Das Urteil über Benitez ist gefällt", meinte das Sportblatt Marca am Sonntag.
"Die Frage ist nur, ob der Trainer jetzt bald oder erst zum Ende der Saison entlassen wird", schrieb die Marca weiter. Als möglicher Nachfolger ist der frühere Weltklassespieler Zinedine Zidane im Gespräch, der derzeit das B-Team von Real trainiert.
Die Zuschauer im Bernabeu-Stadion pfiffen die Real-Stars um Cristiano Ronaldo aus, aber bedachten Andres Iniesta, den Kapitän des Gegners, mit Ovationen. Der Barca-Regisseur hatte nach einem Fersler von Neymar in der 53. Minute einen spektakulären Treffer zum 3:0 erzielt, der zugleich eine Vorentscheidung bedeutete. "Iniesta gehört zum Weltkulturerbe", lobte Trainer Luis Enrique den Schützen.
Die Real-Anhänger empfanden die 0:4-Blamage ihrer Elf als eine tiefe Demütigung. Ihre Wut richtete sich nicht nur gegen Trainer Benitez, sondern auch gegen den Clubchef. Mit Sprechchören " Florentino dimision" verlangten sie den Rücktritt des Real-Präsidenten. Um die Rufe zu übertönen, ließ Real nach dem Abpfiff über die Lautsprecheranlage die Vereinshymne abspielen.
Luka Modric, einer der Besten im Real-Team, ging mit seinen Teamkameraden hart ins Gericht. "Wir haben nicht als Mannschaft gespielt, und das war nicht das erste Mal", beklagte der Kroate. Benitez, der zu Saisonbeginn den entlassenen Carlo Ancelotti abgelöst hatte, räumte Fehler ein, sah sich aber nicht als der Alleinschuldige. "Wir wollten Barca in der eigenen Hälfte unter Druck setzen, aber das haben die Spieler nicht immer getan."
Spätestens seit dem Terror von Paris ist das Wort Ausnahmezustand als Beschreibung für irre Fußballbegeisterung deplatziert. Daher sei’s anders formuliert: Halb Katalonien stand Samstag Kopf.4:0 gegen Real in Madrid. Obwohl Barcelonas Erzrivale bei den Buchmachern als Favorit galt. Obwohl der rekonvaleszente Messi erst in Minute 56 kam.
In 169 Ländern konnte via TV mitverfolgt werden, wie Barcas südamerikanische Stars Neymar und Suarez im Bilde waren, während Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy mit ernster Miene im Stadion saß. Wie vielen Spaniern, die mit Barcelonas Zauberkick sympathisiert hatten bevor Kataloniens Abnabelungsforderungen von Spanien immer intensiver wurden, wird Rajoy das 4:0 wenig gefallen haben. Noch schließt er aus, dass der 321. Clasico einer der letzten war und Barcelona einmal in der französischen Liga mitspielt .
Realistischer ist die Prognose, wonach Rafael Benitez beim 322. Clasico nicht mehr Real-Trainer sein wird. Schon nach seiner Verpflichtung im Sommer wurde Benitez von Real- Präsident Florentino Perez aufgefordert, er möge einige Kilos abnehmen. Vom selben Perez, der einmal Real-Urgestein Vicente del Bosque abgesetzt hatte in der Meinung, der sei für einen Real-Trainer optisch nicht attraktiv genug.
Wie schön, dass Del Bosque als Teamchef danach Spanien zum Weltmeister machte. Und dass beim 4:0 Andres Iniesta dem Ball-Beau Cristiano Ronaldo demonstrierte, dass es auf Äußerlichkeiten nicht ankommt.
Wer Iniesta,31, nicht kennt, würde ihn eher für einen Buchhalter halten, dem frische Luft gut täte. Kaum aber betritt er den Rasen, spielt er Modellathleten schwindlig.
Sogar Real-Fans spendeten dem Schmächtigen aus Albacete Applaus. Der eitle Perez indes muss als Sitznachbar von Rajoy schrecklich gelitten haben, zumal die Raus-Rufe nicht nur Benitez sondern auch ihm, dem Real-Boss, galten.
Den optimalen Trainer wird Perez trotz all seiner Millionen so leicht nicht finden: Denn der soll aussehen wie George Clooney und zumindest 80 Länderspiele bestritten haben.
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