Polens Entscheidungsspiel in der Provinz
Wroclaw, das bis zum zweiten Weltkrieg zu Deutschland gehörte und Breslau hieß, nennt sich "miasto spotkan". Das heißt so viel wie: "Die Stadt, in der man sich trifft". Die malerische Innenstadt ist verunstaltet von Absperrgittern, die mit blickdichten UEFA-EURO-2012-Planen tapeziert wurden.
Mitten auf dem Rynek, dem Platz rund um das mittelalterliche Rathaus, wurde die offizielle Fanzone eingerichtet. Die Zu- und Abgänge reichen wie Tentakel in die engen Gassen hinein. Der Innenstadtbummel wird so zum Hürdenlauf.
Platzangst
"Wie das am Samstag alles gehen soll, weiß ich nicht", sagt Andrzej. Er ist Kellner im "Browar", auch unter "Bierhalle" bekannt. Sie liegt direkt am Eck zwischen den beiden Eingängen in die Fanzone. Dort, wo den Wirten noch Platz gelassen wurde, um mit ihren Schanigärten Geld verdienen zu können.
Am Samstag wird der fußballerische Ausnahmezustand in der Stadt erwartet. Polen spielt das dritte und, nach den beiden Remis, entscheidende Endspiel nicht in der Hauptstadt Warschau, sondern in Breslau, mit 650.000 Einwohnern eine Kleinstadt. Keine zwei Stunden fährt man von Breslau nach Tschechien, ins Land des Gegners. Darum werden nicht nur polnische Fans die Stadt stürmen, sondern auch tschechische.
42.000 Plätze fasst das neue Stadion, das nahe der Außenring-Autobahn (ja, so etwas gibt es auch in Breslau) liegt. 25.000 bis 40.000 Zuschauer passen in die Fanzone, die sich auch auf den Salzmarkt erstreckt. Aber schon beim zweiten Gruppenspiel der Polen hatten die Freiwilligen eine Stunde vorher Schilder umhergetragen: "Fanzone voll. Kein Eintritt mehr." Und Trauben von Fans hingen an den Schanigärten und schauten zusammen mit jenen, die einen Platz drinnen ergattern konnten.
Aber die Stadtverwaltung fühlt sich bestens gerüstet für den Ansturm. "Wir haben im Zentrum regelmäßig Silvester-Partys und Guinness-World-Record-Veranstaltungen", hieß es in einer Stellungnahme.
Sportliche Sorgen
Die polnischen Fans jedoch hatten andere Sorgen. Szczesny oder Tyton – das war hier die Frage. Welcher Mann hütet das polnische Tor? Arsenals Szczesny, der gegen Griechenland vom Platz geflogen ist oder Eindhovens Tyton, der ihn gut ersetzt hat? Bei den Tschechen waren Tormann Cech und Regisseur Rosicky nicht ganz fit.
Ein schlechtes Omen für die Polen: Bei der Eröffnung des neuen Stadions in Breslau im September 2011 bezog der Pole Tomasz Adamek von Vitali Klitschko Prügel.
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