Dragovic: "Müssen die Kirche im Dorf lassen"

Österreichische Fußballspieler feiern vor einer Zuschauermenge.
Nach dem 1:0-Sieg gegen Russland warnen Spieler und Teamchef vor verfrühter Euphorie.

Bei aller Freude über den 1:0-Erfolg gegen Russland am Samstag im Wiener Happel-Stadion waren Österreichs Teamspieler bemüht, keine verfrühte Euphorie aufkommen zu lassen. Man befinde sich zwar auf Kurs, bis zur endgültigen Fixierung des Tickets für die EM 2016 sei es allerdings noch ein hartes Stück Arbeit, lautete der einhellige Tenor.

"Wir müssen noch einige Punkte sammeln, um die Korken knallen zu lassen", betonte Marc Janko. Marko Arnautovic meinte: "Wir haben zwar einen Top-Gegner geschlagen, aber noch einen weiten Weg vor uns." Und Aleksandar Dragovic, dessen Auswechslung wegen Muskelbeschwerden nur eine Vorsichtsmaßnahme war, ergänzte: " Wir müssen die Kirche im Dorf lassen, es stehen noch viele schwere Spiele auf dem Programm."

Bescheidenheit

Ein österreichischer Fußballspieler jubelt mit geballten Fäusten und geöffnetem Mund.
ABD0138_20141115 - WIEN - ÖSTERREICH: Christian Fuchs (AUT) nach dem Schlußpfiff des EM Qualifikationspieles Österreich - Russland in Wien am Sonntag, 15. November 2014. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
ÖFB-Kapitän Christian Fuchs wies darauf hin, dass man als Tabellenführer der Gruppe G trotz eines komfortablen Vier-Punkte-Vorsprungs auf den ersten Verfolger Schweden noch sechs schwierige Partien zu absolvieren habe. "Wir bleiben so lange bescheiden, bis unsere EM-Teilnahme schwarz auf weiß feststeht", versprach der Schalke-Legionär.

Seinen Stolz über den Sieg gegen den Gruppenfavoriten konnte Fuchs aber nicht verhehlen. "Das war eine sehr konzentrierte, taktisch disziplinierte Leistung. Man wirft uns oft vor, dass wir zu wenig effektiv sind, aber diesmal haben wir die Chancen genutzt, die wir hatten."

Erfreut war Fuchs auch darüber, dass seine Mannschaft die Führung relativ sicher ins Ziel brachte. "Die gefährlichste Zeit ist nach einem Tor. Da befindet man sich in Euphorie, die Konzentration lässt ein bisschen nach. Da pocht der Teamchef besonders darauf, dass wir in so einem Fall noch mehr aufpassen müssen", erzählte der 28-Jährige.

Dass die ÖFB-Auswahl gegen die "Sbornaja" auch vom Spielverlauf begünstigt war, stritt Fuchs nicht ab. "Das Glück hat uns vielleicht in der Vergangenheit ein bisschen mehr gefehlt als jetzt."

KURIER-Noten für die Teamspieler

Ein Fußball fliegt am Torwart vorbei ins Tor.

FUSSBALL EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH-RUSSLAND
Zwei Fußballspieler kämpfen um den Ball während eines Spiels.

FUSSBALL EM-QUALIFIKATION: ÖSTERREICH - RUSSLAND
Zwei Fußballspieler kämpfen um den Ball während eines Spiels.

AUSTRIA SOCCER UEFA EURO 2016 QUALIFICATION
Ein österreichischer Fußballspieler kämpft um den Ball, während ein Schiedsrichter zusieht.

Austria's Hinteregger challenges Russia's Glushako
Zwei Fußballspieler kämpfen um den Ball während eines Spiels.

Fussball, Oesterreich - Russland
Ein Fußballspieler im roten Trikot dribbelt den Ball auf dem Spielfeld.

Fussball, Oesterreich - Russland
Zwei Fußballspieler kämpfen um den Ball während eines Spiels.

FUSSBALL EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH - RUSSLAND
Zwei Fußballspieler kämpfen um den Ball während eines Spiels.

Russia's Kombarov fights for the ball with Austria
Zwei Fußballspieler kämpfen um den Ball auf dem Spielfeld.

FUSSBALL EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH-RUSSLAND
Zwei Fußballspieler kämpfen um den Ball während eines Spiels.

FUSSBALL EM-QUALIFIKATION: ÖSTERREICH - RUSSLAND
Ein österreichischer Fußballspieler köpft den Ball während eines Spiels.

Fussball, Oesterreich - Russland
Ein österreichischer Fußballspieler jubelt vor dem Tor, während ein russischer Spieler den Ball annimmt.

FUSSBALL EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH-RUSSLAND
Fußballspieler bedanken sich vor einer großen Zuschauermenge.

Fussball , Oesterreich - Russland

Vom Pech war die ÖFB-Auswahl allerdings im Vorfeld der Partie verfolgt, schließlich fielen mit David Alaba und Julian Baumgartlinger zwei Schlüsselspieler aus. "Doch Ilsanker und Leitgeb haben ihre Sache gut gemacht. Wir haben immer betont, dass wir nur als Team bestehen können, und das haben wir eindrucksvoll bewiesen", betonte der Niederösterreicher.

Auch Janko war voll des Lobes für Ilsanker und Leitgeb. "Unser Herz ist ausgefallen, doch wir haben gezeigt, dass wir in der Breite schon viel besser aufgestellt sind und solche Ausfälle kompensieren können."

Während Alabas Fehlen bekannt war, ließ der ÖFB über Baumgartlingers Knieprobleme nichts nach außen dringen. Dabei war man intern offenbar schon seit längerem auf einen Ausfall des Mainz-Legionärs eingestellt. "Ich habe so aufgewärmt, als ob ich von Anfang an spielen würde. Der Teamchef hatte schon alles mit mir abgesprochen, er hat mir meine Aufgaben erklärt, falls Julian nicht spielen kann", erzählte Ilsanker.

Kollektiv

Der Salzburg-Mittelfeldspieler und sein Klubkollege Christoph Leitgeb mussten eine große Lücke füllen. "David und Julian waren in den letzten Spielen das Herz und die Lunge der Mannschaft und haben überragend gespielt. Ihr Ausfall war vor allem für die anderen Spieler schwierig, weil sie die Abläufe der beiden kennen. Aber Christoph und ich haben unsere Sache ganz gut gemacht, haben uns reingehaut und gefightet", sagte Ilsanker.

Dies traf auch für Martin Harnik zu, der das entscheidende Tor durch Rubin Okotie mustergültig vorbereitete. "Am Ende hat sich das bessere und vielleicht auch etwas glücklichere Team durchgesetzt", lautete das Resümee des Stuttgart-Offensivspielers.

Der gebürtige Deutsche lieferte eine nüchterne Analyse der bisherigen EM-Quali-Spiele ab. "Wir haben das Pflichtspieljahr sehr positiv abgeschlossen, auch wenn man sagen kann, dass wir eigentlich zwei Punkte zu wenig geholt haben, wenn man das Schweden-Spiel betrachtet."

Auf Kritik am englischen Schiedsrichter Martin Atkinson verzichtete Harnik - dabei hätte es nach einer Attacke an ihm Strafstoß geben können. "Mein Gegenspieler hat mich getroffen. Man kann ihn geben, aber es war kein glasklarer Elfer."

Auch mit der Entscheidung, den Okotie-Treffer nicht anzuerkennen, sei Atkinson richtiggelegen. "Ich hatte schon den Torschrei auf den Lippen, doch wenn man sich die Videobilder anschaut, war es sicher eine knappe, aber ich denke keine falsche Entscheidung", vermutete Harnik.

Die neue Attraktion im Wiener Prater heißt Rubin Okotie. Wie schon gegen Montenegro hat der Stürmer auch gegen Russland den Siegestreffer geschossen.

Ein Ball von Okotie war schon über der Linie gewesen, doch der Schiedsrichter entschied anders. Beim Pass von Harnik war Okotie dafür hauchdünn im Abseits. "Ich bin sicher, dass der Ball zuerst schon im Tor war. Und wenn ich abseits war, dann ist es nur ausgleichende Gerechtigkeit", sagte der Wiener.

Glücklich war Okotie vor dem Spiel nicht gewesen. Denn trotz seiner guten Leistung gegen Montenegro hatte sich Teamchef Marcel Koller für Marc Janko entschieden, der seine Sperre abgesessen hat. Okotie: "Natürlich war ich nicht glücklich, denn ich will immer spielen. Aber ich habe die Entscheidung des Teamchefs akzeptiert." Aber schon zur Pause wusste er, dass seine Zeit kommen wird. Denn er war der einzige Ersatzspieler, der nicht in der Kabine war, sondern sich aufwärmen durfte.

Über die EM-Chancen der Österreicher wollte Okotie nicht viel sagen. "Wir haben den stärksten Gegner in unserer Gruppe geschlagen und haben drei sehr wichtige Punkte geholt. Aber es sind erst vier Spiele absolviert und wir müssen weiter nachlegen."

Langer Leidensweg

Einst galt der mittlerweile 27-Jährige als eines der größten Stürmer-Talente Österreichs, ehe mit einem Knorpelschaden im September 2009 die Misere begann. Danach absolvierte er für die Austria kein Pflichtspiel mehr und wechselte im Sommer 2010 zu Nürnberg, wo er allerdings den Durchbruch nicht schaffte. Ein anschließendes Leih-Engagement beim belgischen Erstligisten St. Truiden war ebenfalls nicht zufriedenstellend. Danach folgten Engagements bei Sturm und Austria, doch erst in Dänemark bei SönderjyskE ging es wieder bergauf. Seit Sommer trifft er in der zweiten deutsche Bundesliga für 1860 München.

"Ich bin zum ersten Mal seit langer Zeit wieder richtig fit. Außerdem habe ich das Vertrauen des Trainers und der Mannschaft", erklärt der Goalgetter. Vor allem Fitnesscoach Heini Bergmüller habe er viel zu verdanken.

Die jahrelange Leidenszeit hat den Angreifer geprägt. "Das war keine einfache Phase, aber dadurch reift man auch", betonte Okotie, der seit zwei Monaten Vater eines Sohnes ist. Aufgegeben hat er nie, wenngleich er einräumt: "Irgendwann fragst du dich dann, ob du jemals noch ohne Schmerzen spielen kannst."

Schmerzen fügt er in der Qualifikation derzeit den Gegnern zu. Zwei Okotie-Tore brachten sechs Punkte. Seinen Kollegen hingegen bringt er Freude. "Super zu wissen, dass wir jetzt zwei Spieler haben, die entscheidende Tore machen können", sagt Tormann Robert Almer. Und Teamchef Marcel Koller freut sich auch für Okotie: "Schön, dass er Erfolg hat. Bei all seinen Verletzungen und allem, was er ertragen musste."

Den 1:0-Erfolg des ÖFB-Nationalteams in der EM-Qualifikation gegen Russland haben am Samstag bis zu 1,229 Millionen Fußballfans im ORF-Fernsehen live verfolgt. Dieser beste Wert seit dem WM-Qualifikationsspiel Österreich gegen Deutschland im September 2012 wurde im Verlauf der zweiten Hälfte erreicht. Im Schnitt waren 986.000 Seher in ORF eins live dabei.

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