Apropos Heimrecht: Eine weite Anreise bleibt Auswärtsteam Inter heute genauso erspart wie Milan eine Woche darauf. Stimmungstechnisch wird es dennoch einen großen Unterschied geben. Dem Auswärtsteam steht nur das Pflichtkontingent zur Verfügung, die restlichen Tickets werden nur an Vereinsmitglieder des jeweiligen Heimteams verkauft.
Die Situation ist keine alltägliche: In der Geschichte der Champions League hat es erst sieben Duelle von Teams aus der gleichen Stadt gegeben. Viermal standen sich Real und Atlético Madrid gegenüber, zweimal davon im Finale (2014 und 2016). Einmal hat es ein Londoner Derby gegeben, im Viertelfinale 2004 spielte Chelsea gegen Arsenal. Und zweimal sind die beiden Mailänder Klubs schon auf höchster Ebene aufeinander getroffen.
2005 setzte sich AC Milan im Viertelfinale durch (2:0 und 3:0). 2003 gab es das Duell auch schon einmal im Halbfinale, damals garantiert mit einem anderen Ergebnis als heuer. Milan stieg damals mit einem 0:0 und einem 1:1 aufgrund der Auswärtstorregel auf. Die gibt es mittlerweile nicht mehr. Im Anschluss holten sich die Rossoneri damals den Titel, weil sie im Finale Juventus Turin im Elfmeterschießen besiegten.
Beim Duell vor 20 Jahren mittendrin statt nur dabei war auch Milans heutiger technischer Direktor, Klublegende Paolo Maldini. „Die Anspannung war enorm“, erinnert sich der heute 54-Jährige. Sein damaliger Abwehrkollege Alessandro Costacurta wird noch konkreter: „Das waren die schlimmsten Tage in meiner aktiven Karriere.“ Er gibt zu: „Ich war bereits 37 Jahre alt, hatte Erfahrung und musste mich eigentlich nicht mehr groß mit dem Thema Nervosität beschäftigen. Aber es war unmöglich, nicht ständig an diese Spiele zu denken.“
Inter-Legende Giuseppe Bergomi gibt einen Einblick in die Geschichte des „Derby della Madonnina“, benannt nach der goldenen Madonnenstatue der Jungfrau Maria auf dem Mailänder Dom: „Es besaß mal soziale Bedeutung. Der Inter-Tifoso wurde im Dialekt ‚bauscià‘ genannt (Schaumschläger). Die betuchteren, distinguierten Leute waren Nerazzurri, während Milan eher als Arbeiterklub galt, und die Fans deshalb ‚Casciavit‘ (Schraubenzieher) hießen.“
Der mittlerweile 59-jährige ehemalige Top-Verteidiger glaubt fest an ein Weiterkommen seines Ex-Klubs: „Weil das Team zur rechten Zeit Moral und Kondition wiedergefunden hat. Außerdem gewann Inter die letzten beiden Derbys.“
Bergomi sagt aber auch: „Mailand kann jetzt schon stolz sein. Auf beide Mannschaften.“ Mailand ist übrigens die einzige Stadt, die zwei Champions-League-Sieger stellt. Ob man wirklich die Fußball-Hauptstadt Europas ist, wird sich erst im Finale zeigen. Mailand oder Madrid – oder doch Manchester? Nicht einmal Andreas Möller weiß die Antwort.
Kommentare