Löw: Vom Pleitemeister zum Mr. Perfect

Er trägt das Bundesverdienstkreuz am Bande und besitzt einen Bambi in der Kategorie "Ehrenpreis der Jury". Er wurde 2010 zum Manager des Jahres gewählt, erhielt nebenbei noch den Zukunftspreis. Er ist einer der gefragtesten Fußballtrainer der Gegenwart und hat in seiner Heimat Beliebtheitswerte, von denen Angela Merkel nur träumen kann.
Wie sich die Zeiten ändern.
Hohn & Spott
Als
Joachim Löw heute genau vor zehn Jahren seinen Trainerjob beim FC Tirol antrat, schlugen ihm noch Argwohn und Kritik entgegen. Als Notlösung wurde er damals bezeichnet und als Kuschelcoach verspottet, weil sein Schwarzwälder Dialekt (Anschwitze, Auslaufe) so gar nicht zu einem autoritären Cheftrainer passte. Erschwerend kam hinzu, dass
Löw der Klub-Ikone Kurt Jara nachfolgte, der den Verein zuvor zu zwei Meistertiteln geführt hatte. "Ich habe den anfänglichen Gegenwind gespürt", sagt Löw heute.
Neun Monate später hatte Löw in Innsbruck Kultstatus erlangt, weil er in all dem finanziellen Trubel den FC Tirol zum Titel führte. Einem Titel ohne Mittel, wie sich spätestens mit dem Konkurs des FC Tirol im Juni 2002 bestätigte. Die Anhänger und die Mannschaft rechneten es Löw damals hoch an, dass er akribisch und leidenschaftlich weiterarbeitete, obwohl finanziell bereits alles in Trümmern lag. "Er hat damals hohe soziale Kompetenz bewiesen und ein gutes Gespür gehabt, wie er in dieser turbulenten Phase mit den Spielern umgehen muss", erinnert sich Wacker-Trainer Walter Kogler, damals Profi unter Löw.
Hire & Fire
Noch heute lösen die Erinnerungen an sein neunmonatiges Gastspiel in Tirol bei Löw gemischte Gefühle aus. "So schön die Zeit damals auch war, am Ende war es für mich eine riesige Enttäuschung", erklärt der 51-Jährige im KURIER-Gespräch. Es sollte nicht der letzte Tiefschlag sein, den Joachim Löw in Österreich erleben musste.
Knapp zwei Jahre später wurde er bei der Austria von Frank Stronach entlassen, obwohl er mit den Wienern die Tabelle anführte. "Daran hatte ich anfangs auch zu knabbern", erinnert sich der Deutsche - nicht ohne ein Lächeln. "Aber eigentlich muss ich ja Frank Stronach fast dankbar sein."
Denn ohne den Rauswurf wäre Löw wohl nicht dieser allseits beliebte Bundestrainer geworden, der er heute ist. Jürgen Klinsmann, der 2004 zum Chef bestellt wurde, engagierte den arbeitslosen Löw als seinen Assistenten - und perfekt war eine Erfolgsstory, die 2006 mit dem "deutschen Sommermärchen" begann und der Löw danach als Bundestrainer ein Kapitel nach dem anderen hinzufügte.
Lob & Preis
Mehr noch: Löw ist es in seiner fünfjährigen Ära gelungen, der deutschen Nationalmannschaft ein neues Image zu verpassen. Weg vom oft verpönten Rumpelfußball und Defensivsystem, hin zum attraktiven Offensivspektakel. "Natürlich ist ein Titelgewinn schön", sagt Löw, "aber mir ist auch ein Anliegen, dass die Fans sagen: 'Wir sind stolz, wie ihr spielt.' Es geht darum, positive Emotionen zu wecken", erklärt Löw.
Nicht zuletzt deshalb könnte seinen Auszeichnungen möglicherweise schon bald eine nächste Trophäe folgen: Deutschland wird bei der Europameisterschaft 2012 längst als erster Herausforderer von Titelverteidiger Spanien gehandelt.
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