Kavlak und Korkmaz: "Rapid braucht nur noch ein wenig Geduld"

Einst und jetzt: 2008 wurden Ümit Korkmaz (li.) und Veli Kavlak Meister mit Rapid, 15 Jahre später sind die Freunde wieder vereint
Veli Kavlak, heute 34, und Ümit Korkmaz, 37, bildeten bis zum Meistertitel 2008 ein dynamisches Duo. Jetzt sind die beiden Ex-ÖFB-Teamspieler mit türkischen Wurzeln als Nachwuchstrainer bei Rapid wieder vereint.
KURIER: Wie wurden Sie zum Nachwuchstrainer?
Veli Kavlak: Mein Traum war es, noch für Rapid zu spielen. Das ist sich nach meinen Schulter-OPs nicht mehr ausgegangen. Ich habe mit vielen Verantwortlichen gesprochen, im Jänner bin ich als U-15-Co-Trainer eingestiegen.
Ümit Korkmaz: Ich bin als Praktikant hier, werde in verschiedenen Teams als Unterstützung im Positionstraining eingesetzt und möchte gerne fix bleiben. Mit Veli hab’ ich die UEFA-B-Lizenz für Berufsspieler absolviert.
Wie groß sind die Unterschiede zu Ihrer Zeit?
Kavlak: Es ist ganz anders! Die Jungs haben viel mehr Möglichkeiten. Die Infrastruktur, die Kraftkammer, bis hin zu den Videoanalysen, die sie aufs Handy bekommen.
Korkmaz: Und bei mir war es als Amateur bis 19 doppelt so schlecht. Ich weiß, wie es heute noch bei Slovan oder beim Sportclub ist. Diese Voraussetzungen von Sportwissenschaftern bis zum Mentalbetreuer müssen von den Talenten geschätzt werden.

Was wäre mit dieser Betreuung in Ihrer Karriere zusätzlich möglich gewesen?
Korkmaz: Ich hätte mich sicher nicht so oft verletzt. Bis 19 hab’ ich drei Mal pro Woche trainiert: Der Körper war nicht so belastbar, ich kannte die Kraftkammer kaum.
Kavlak: Meine spezielle Schulterverletzung war nur Pech, ich nehme das als mein Schicksal zur Kenntnis.
Was lernen Sie jetzt selbst?
Korkmaz: Als Spieler habe ich die Angaben des Trainers befolgt – fertig! Jetzt erkenne ich erst, wie viel Kopfzerbrechen dahintersteckt, wie viel Arbeit und Planung.
Kavlak: Du glaubst, dass du als Spieler sehr viel weißt. Ich habe bei Rapid und bei Besiktas im Training gespürt, dass wir Meister werden. Jetzt lerne ich, wie wichtig Strukturierung im Hintergrund ist, um mit so viel Qualität trainieren zu können.
Sie beide waren für kreative Lösungen auf dem Feld bekannt. Sehen Sie eine Gefahr, dass Akademiespieler durch die wissenschaftliche Arbeit Kreativität verlieren?
Kavlak: Wir zeigen den Spielern Lösungsoptionen, aber wir wollen ihnen die Kreativität nicht wegnehmen. Ümit und ich hatten diese Lösungsoptionen gar nicht im Kopf – bei uns ist das auf dem Platz einfach passiert.
Korkmaz: Wir wurden einfach in den Profifußball reingeworfen – gemma! Jetzt werden die Kinder jahrelang ausgebildet, um bereit zu sein.

Weiß ein U-15-Talent über Ihre Erfolge noch Bescheid?
Kavlak: Nicht alle.
Korkmaz: In der U 18 mehr als in der U 15, die wurden damals gerade erst geboren.
Kavlak: Aber manchmal kommt einer und fragt: „Trainer, wie war’s eigentlich, mit Quaresma bei Besiktas zusammenzuspielen?“ (lacht)
Sie haben beide 2008 beim legendären 7:0 gespielt. Warum ist der Abstand zu Salzburg so groß geworden?
Korkmaz: Egal, wie gut das Rapid-Scouting ist – Red Bull hat ein weltweites Netzwerk, das es ihnen erlaubt, in fast jedem Land der Welt die besten Talente einzukaufen.
Kavlak: Man muss anerkennen, dass Salzburg einen richtig guten Job macht. Es wurde auch in Istanbul über den Weg von Red Bull gesprochen. Aber ab und zu sollte man sie ärgern können.

Rapid stellt seit zwei Jahren die meisten ÖFB-Nachwuchsteamspieler. Wie lange muss Geduld geübt werden, bis sich das positiv auf die Profis auswirken wird?
Kavlak: Es braucht nur noch ein wenig Geduld. Ich sehe täglich, welch brutale Talente wir haben. Ich kann klar sagen: Die Fans müssen sich überhaupt keine Sorgen um die Rapid-Zukunft machen. Man muss die Talente nur noch begleiten und zum richtigen Zeitpunkt einbauen.
Diese müssten aber auch bis zum Profi-Alter bleiben. Red Bull verpflichtete erst diese Saison wieder das größte Stürmertalent von Rapid.
Korkmaz: Es gibt leider 15-Jährige, die nicht verstehen, was die Realität ist. Sie laufen dem Manager hinterher, hören „Angebote aus Rom und Salzburg“. Aber die haben nichts erreicht, sie sind noch nix! Sie sollten erkennen, was sie hier haben. Es ist nicht immer der Klub schuld.
Kavlak: Unsere Top-Talente werden angebaggert, das stimmt. Aber wir vermitteln ihnen auch, dass sie trotz der Übermacht Salzburg für den größten Verein mit der größten Fan-Kultur spielen und hier alle Chancen haben.
Veli Kavlak
wurde am 3. November 1988
als Sohn türkischer Einwanderer in Wien geboren. Der Mittelfeldspieler kam als Sechsjähriger zu Rapid, wurde 2008 Meister und wechselte 2011 zu Besiktas. Kavlak wurde zum Kapitän sowie 2016 und 2017 Meister, erholte sich aber nicht mehr von zahlreichen Schulterverletzungen
Ümit Korkmaz
wurde am 17. September 1985 in Wien geboren, ebenfalls als Sohn türkischer Einwanderer. Der linke Flügel kam erst mit 19 von Slovan zu Rapid, wurde 2007 Stammspieler und nach dem Titel 2008 an Frankfurt verkauft. Es folgten zahlreiche Verletzungen und die Stationen Bochum, Ingolstadt, Rizespor, St. Pölten und Vienna. Aktuell hilft Korkmaz noch bei Ostbahn XI aus – „als rechter Verteidiger“
Was sagen Sie zur Laufbahn von Yusuf Demir, der seit seinem Transfer zu Galatasaray kaum noch spielt?
Kavlak: Er wird daraus lernen müssen. In dem Geschäft hast du einfach Konkurrenz und musst sofort funktionieren.
Korkmaz: Schaut euch Veli an: Er hat bei Besiktas den Guti rausgespielt und ist zum Kapitän geworden. Mir wurde von Hasenhüttl bei Ingolstadt gleich mitgeteilt, dass er nicht mit mir plant. Das ist Fußball. Yusuf muss sich jetzt selbst rauskämpfen.

Es gibt kaum österreichische Trainer mit türkischen Wurzeln, die mit Profis arbeiten. Wollen Sie ein Vorbild sein für Ihre Community?
Korkmaz: Ja, in meiner Rapid-Zeit wollten plötzlich alle im Wohnblock Profi werden. Das wünsche ich mir auch für meine Trainerkarriere.
Kavlak: Jetzt, wo ich darüber nachdenke: Es gibt wirklich nur wenige solche Trainer ...
Korkmaz: Wenn wir beide gemeinsam solche Tage wie als Rapid-Spieler erleben, wäre das für mich das Schönste.
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