Katzian: "Fußballer sollen gut verdienen"

Katzian: "Fußballer sollen gut verdienen"
Das 100-Jahr-Jubiläum der Austria wird am Sonntag in der Wiener Stadthalle würdig beendet. Klub-Boss zieht schon mal Bilanz.

Die violetten Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag erreichen am Sonntag ab 17.30 Uhr in der Wiener Stadthalle ihren Höhepunkt. Die Austria befeiert sich selbst mit rund 8.000 Fans, Partnern und prominenten Unterstützern wie Alfred Dorfer und Wolfgang Ambros, die ihre Künste zum Besten geben werden.

Was im Vorjahr mit einem Festakt in der Urania begann, den Fans danach ein Exhibition gegen Luis Figo, und Ronaldo bescherte, geht am Sonntag zu Ende. Ein würdiger Abschluss, für den noch extra ein Fan-Paket mit DVD und Buch geschnürt wurde. Der Merchandising-Umsatz stieg dank der Sonderkollektionen auch von Ausrüster Nike heuer um 40 Prozent.

Wolfgang Katzian steht der Austria im Jubiläumsjahr als Präsident vor und blickt auch in die Zukunft.

KURIER: Nach dem Abschied von Geldgeber Stronach wurde Schlimmstes befürchtet. Wie gelang es, dass es mit der Austria danach nicht bergab gegangen ist? Und wie wurden Sie eigentlich Präsident?
Wolfgang Katzian: Im November 2007 hat Frank dem Bürgermeister mitgeteilt, dass er aussteigen wird. Nicht sofort, aber doch. Dann ist man mich heran getreten. Für mich war das ein heikler Schritt im Jahr der Bawag-Krise. Ich habe mich mit Charly Blecha, Tommy Parits, Markus Kraetschmer und Rudi Reisner zusammen gesetzt und analysiert, was alles zu tun sei. Die Austria hatte keine Akademie, dafür ein desolates Stadion, der Nachwuchs trainierte im Prater. Sportlich haben wir ein Viersäulen-Konzept erarbeitet: Kinder, Akademie, die Amateure und die Kampfmannschaft.

Und wirtschaftlich?
Kleinere Sponsoren an die Austria binden, kleinere Brötchen backen. Daran haben sich viele beteiligt.

Wann kam es im sportlichen Bereich zum Knackpunkt?
Im Winter 2008 hat Parits dann Milenko Acimovic geholt. Und mit Milenko hat die Austria-Familie in der Phase der größten Unsicherheit plötzlich einen Primgeiger bekommen. Mit Acimovic und dem Team, das am Ruder war, ist ein Ruck durch den Verein gegangen. Zu dem Zeitpunkt waren wir ja Tabellenletzter.

Die Ära Stronach hat verdienstvolle Austrianer vergrault. Sahen Sie das bei Ihrem Antritt auch so?
Ja, viele waren gekränkt. Die wollten wir zurück holen. Zuerst habe ich mich mit Herbert Prohaska getroffen, dann mit dem Andi Ogris in dessen damaligen Cafe und mit dem Toni Pfeffer. Ich wollte einfach nur, dass sie ab und zu bei Spielen erscheinen. Der Schulterschluss ist uns gelungen.

Der finanzielle Aspekt war aber der schwierigste.
Ohne Zweifel. Aber zum Glück haben viele mitgeholfen. Jetzt haben wir im Sommer das letzte Geschäftsjahr präsentiert mit einem plus von über einer Million Euro und dem höchsten Budget aller Zeiten bei der Austria. Nicht zuletzt dank Markus Kraetschmer. Sein Job ist es, dass ich ruhig schlafe.

Es wird immer wieder gemunkelt, die Austria stehe nicht gut da, vor einem Jahr gab es ein Minus von 7,2 Millionen Euro. Muss man etwas befürchten?
Nein. Es gibt keinen einzigen Cent in dem Klub, für den der Verein keine Leistung erbracht hat. Wir sind auch mit dem Tribünenbau ein Risiko eingegangen, müssen unsere Kreditraten zahlen. Bei meinem Antritt hatten wir einen Zuschauerschnitt von unter 5000, jetzt halten wir bei 9500. Das wäre ohne die Osttribüne gar nicht gegangen. Dazu könnten wir doppelt so viele Logen verkaufen als es in der Generali Arena gibt. Daher müssen wir weiter nachdenken.

Sie meinen den Ausbau der Nordtribüne?
Ab einem Zuschauerschnitt von 10.000 ist der realistisch.

Oder 2013, wenn die U-Bahn bis an den Verteilerkreis vorgedrungen ist.
Bis dahin haben wir vielleicht auch den erwünschten Schnitt. Sofern sich die Austrianer erheben und die Spiele nicht nur vor dem Fernseher anschauen.

Wie weit wurde das negative Eigenkapital von sieben Millionen Euro aus dem Vorjahr schon abgebaut?
Es wird weniger - im Vergleich zum Vorjahr schon um einiges.

Empfinden Sie die Europa League-Teilnahme als warmen Regen fürs Budget?
So ist es, das haben wir ja alles nicht im Budget verankert. Sollten wir die Gruppenphase überstehen, was noch möglich ist, dann kommen wir an das wirklich große Geld. Je erfolgreicher wir sind, umso schneller geht es finanziell voran.

Früher wurde die Austria wegen des feinen Anhangs geschätzt, jetzt entwickelt es sich teilweise in eine andere Richtung. Warum?
Rivalität und der Häkel zwischen Rapid und Austria sind ein Stück von Wien, das gehört dazu. Und ich komme von der Fan-Seite, bin eigentlich kein g'lernter Fußball-Funktionär. Aber mit Feindschaften und Aggressivität kann ich nichts anfangen. Jede Form von Gewalt hat Ursachen im sozialen Bereich. Der Fußball wird zur Plattform.

Was kann die Austria gegen diese Art von Fans tun?
Seit dem Bilbao-Spiel ist vieles besser geworden. Wir arbeiten intensiv mit der Polizei zusammen, es gibt Stadionverbote. Das liegt alles in unserem Bereich. Wir sind aber auch auf die Exekutive und die Justiz angewiesen. Und da sage ich klar: Wir fühlen uns oft allein gelassen. Da verkennen einige die Situation. Wenn wir Fälle von Wiederbetätigung zur Anzeige bringen und dann hören, dass das Verfahren nieder geschlagen wird, weil es angeblich eine b'soffene G'schicht war, dann ist das ein äußerst laxer Umgang mit diesen heiklen Dingen.

Haben Sie als Gewerkschafter keine Probleme mit den Kicker-Gehältern?
Fußballer sollen gut verdienen, denn ihre Erwerbszeit ist limitiert. Natürlich hat es mich gerissen, als ich die ersten Spielerverträge gesehen habe. Das waren noch Kontrakte aus der Stronach-Zeit, wo Milch und Honig geflossen sind. Bei diesen Zahlen dachte ich damals, es handelt sich noch um Lire.

Sind Sie auf Frank Stronach böse?
Nein. Er sieht einige Dinge anders, aus der Perspektive des Unternehmers. Ich werde über ihn nichts Negatives sagen, er hat über viele Jahre viel für die Austria gemacht. Leider hat er auf viele falsche Leute gehört.

Wie ist Ihre Bilanz im Finish des Jubiläumsjahres?
Vom Feiern her super. Aber ich hätte mir schon sehr den Meistertitel erhofft. Leider hatten wir im April den sportlichen Einbruch. Es wäre möglich gewesen.

Wohin geht die violette Reise in Zukunft?
Das Mindestziel ist, dass wir uns für den Europacup qualifizieren. Die Gruppenphase der Europa League ist jedes Jahr durchaus machbar. Aber ich bin nicht Präsident geworden, dass wir ausschließlich Europa League spielen. Ich will mehr. Selbst wenn wir zu einem Spagat gezwungen sind, weil wir den Weg mit jungen Spielern gehen wollen.

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