José Mourinho: Gehasst, geliebt und erfolgreich

Chelsea-Spieler feiern ein Tor, während Trainer José Mourinho gestikuliert.
Der portugiesische Starcoach will mit Chelsea zum dritten Mal ins Champions-League-Finale.

Er nennt sich "The special one". Keiner wirkt so eitel wie José Mário dos Santos Félix Mourinho, 51. Kein anderer Trainer löst mit seiner aufs Kontern ausgerichteten Defensivtaktik so viel Kritik aus. Doch die Erfolge des Portugiesen, der in sechs Sprachen druckreif formulieren kann, sprechen für ihn.

Mourinho schickt sich an, mit dem FC Chelsea das Finale der Champions League zu erreichen, die von zwei Klubs (FC Porto, Inter Mailand) unter seiner Regie gewonnen wurde. Um die Basis zum Trainer-Hattrick zu legen, müsste Chelsea im Semifinale Atlético Madrid (20.45/live Sky, SRF zwei) bezwingen, nachdem das Hinspiel in Madrid 0:0 endete.

Schauplatz des Finales wird heuer Lissabon sein. Dort, wo die außergewöhnliche Karriere Mourinhos unspektakulär begonnen hatte. Der 1,75 Meter kleine Sohn eines Profis kam rasch zur Einsicht, dass ihm vor allem die physischen Qualitäten fehlen, um als Spieler erfolgreich zu sein.

Anfänge

Das richtige Einschätzen von Schwächen sollte fortan eine der Stärken von Mourinho sein, vor allem, wenn es sich um Gegner handelte. Zunächst aber begab er sich lernwillig ins zweite Glied.

Ab 1993 durfte Mourinho im Betreuerstab des Engländers Bobby Robson bei Sporting Lissabon den Dolmetsch spielen. Robson nahm ihn fortan auch nach Porto und zum FC Barcelona mit. In Barcelona erkannte zudem Barça-Trainer Louis van Gaal, dass sich Mourinhos Wert nicht nur aufs Übersetzen beschränkt. Das sprach sich auch bis in Mourinhos Heimat herum, wo er im Jahr 2000 bei Benfica Cheftrainer wurde. Ab dieser Zeit verloren von ihm gecoachte Klubs neun Jahre lang kein einziges Liga-Heimspiel. Erst das 151. am 2. April 2011 ging schief – als sich Real unter Mourinhos Regie in Madrid gegen Gijón blamierte. 0:1. Die Schadenfreude in Spanien war groß. Zumal sich Mourinho auch innerhalb des Klubs mit seinem exzentrischen Benehmen Feinde machte.

Ungemütlich

Dass sich Reals Weltmeister (Tormann-Liebling Iker Casillas wurde bei Mourinho zum Reservisten), Ramos, Alonso mit Barças Nationalspielern Xavi, Piqué, Iniesta gut verstanden, passte Mourinho nicht. Jeder Clásico gegen Barça wurde von Mourinho zum Missvergnügen des harmoniebedürftigen Barça-Trainers Josep Guardiola zu einem Hass-Derby hochstilisiert. Mourinho unterstellte Schiedsrichtern, dass sie den FC Barcelona wegen dessen Kooperation mit UNICEF bevorzugen würden. Und während Tumulten im Supercup-Finale gegen Barça fuhr Mourinho dem (in der Vorwoche an Krebs 45-jährig verstorbenen) Barça-Co-Trainer Tito Vilanova mit dem Finger ins Auge.

Auch in England, Italien und von der UEFA fasste Mourinho wegen seiner Ausraster Strafen aus. Ungeachtet dessen (oder gerade deshalb) schwärmen viele seiner Ex- Spieler von ihm. Allen voran Zlatan Ibrahimovic: "Ich würde für Mou sterben", verriet der Schwede in seinem Buch.

Andere über Mourinho

Schon das torlose Remis in Madrid lässt erahnen, dass auch im Rückspiel an der Stamford Bridge kein Offensiv-Feuerwerk zu erwarten ist. Daran wird die Tatsache auch nichts ändern, dass Betonierer José Mourinho wieder auf die angriffslustigen Eden Hazard und Samuel Eto’o zurückgreifen kann.

Atléticos Stürmer Diego Costa hat aber einen Funken Hoffnung: "Sie werden etwas aufmachen müssen." Costa, der im aktuellen Champions-League-Bewerb sieben Mal getroffen hat, wird sich hüten, etwas Negatives über den Gegner zu sagen, steht er doch dem Vernehmen nach vor dem Wechsel zu den Blues. Die große Stärke der Spanier sind jedenfalls die blitzartigen Konterstöße, ein Mittel, das auch in der heimischen Meisterschaft die Tabellenführung eingebracht hat. International wird jetzt das erste Europacup-Endspiel seit 1974 (Landesmeister) erhofft.

Was allerdings gegen Atlético spricht, ist das bisher mäßige Abschneiden auf der Insel: Nur ein Sieg in neun Spielen (1997 gegen Leicester City) steht zu Buche. Und Chelsea ist seit 16 Partien in der Champions League ungeschlagen. Der gesperrte Atlético-Kapitän Gabi nimmt’s dennoch gelassen: "Wir sitzen auf einer Wolke, von der wir nicht runtergeholt werden wollen."

Kommentare