"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Dortmund-Geschäftsführer Watzke blickt dennoch guten Mutes in die Zukunft.

Bei allem Stolz hat doch der Frust überwogen. Selbst der aufmunternde Applaus der rund 1.400 Gäste bei der "schwarz-gelben Nacht" im Natural History Museum von London konnte Hans-Joachim Watzke nur bedingt aufheitern. Gleich der erste Satz seiner Rede im Scheinwerfer-Schatten eines riesigen Dinosaurier-Skeletts spiegelte seine Stimmungslage wieder: "Es fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an", bekannte der Geschäftsführer von Borussia Dortmund rund vier Stunden nach dem 1:2 im Champions-League-Finale gegen den FC Bayern.

Trotz starker Gegenwehr verspielte der BVB die große Chance, zum zweiten Mal nach 1997 den europäischen Fußball-Thron zu besteigen. Sorgen, dass sich Dortmund damit vorerst aus dem Kreis der internationalen Topklubs verabschiedet haben könnte, wollte Watzke jedoch nicht aufkommen lassen. Ungeachtet des feststehenden Weggangs von Jungstar Mario Götze zum FC Bayern und des drohenden Verlustes von Torjäger Robert Lewandowski gab er sich kämpferisch. "Eines verspreche ich: Wir werden in der kommenden Saison eine Mannschaft haben, die mindestens genauso gut ist und die wieder angreifen wird."

Ähnlich wie Watzke tat sich Jürgen Klopp zunächst schwer, in Stimmung zu kommen. "Ich brauche einen Moment, dass ich wieder den Stolz fühle, der irgendwo in mir schlummert auf meine Mannschaft", sagte der BVB-Trainer. Das Versprechen des Vereinschefs, den Kader zu verstärken, trug beim Coach jedoch zur Stimmungsaufhellung bei. Schließlich hatte auch Klopp unmittelbar nach Spielende hehre Ziele formuliert: "Jetzt gehen wir in den Urlaub, und dann kaufen wir ein paar Spieler. In zwei Jahren ist das Finale in Berlin. Das wäre vielleicht ein guter Platz, um in ein weiteres Champions-League-Finale einzuziehen."

Katerstimmung in Schwarz-Gelb

"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Dejected Borussia Dortmund fans sit in empty stand
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

A Borussia Dortmund soccer fans reacts at a public
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

The remnants of a public viewing event lie on the
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Borussia Dortmund soccer fans react at a public vi
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Borussia Dortmund soccer fans react at a public vi
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

A Borussia Dortmund soccer fans reacts at a public
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Borussia Dortmund fans sing during Champions Leagu
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Borussia Dortmund soccer fans react at a public vi

Lewandowski-Abgang

Es wird davon abhängen, wie viel Geschick die Borussia beim Auffüllen des Kaders beweist. Die überraschend offene Andeutung von Bayern-Coach Jupp Heynckes, dass auch ein Wechsel von Lewandowski zu den Münchnern "nicht mehr lange auf sich warten" lässt, verheißt für den BVB wenig Gutes. Demnach steht der Verlust eines weiteres Leistungsträgers bevor.

Doch anders als Heynckes setzte Lewandowski nach dem Schlusspfiff das Versteckspiel fort. "Ich habe jetzt vier, fünf Tage Pause. Dann gehe ich zur Nationalmannschaft und habe wichtige Quali-Spiele. Und dann muss man sehen, was passiert."

Watzke erbost

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke reagierte erbost auf die Heynckes-Aussagen. "Jupp Heynckes sollte sich da raushalten und sich auf die Mannschaftsaufstellung für nächsten Samstag konzentrieren", sagte Watzke am Sonntag und fügte hinzu: "Ich weiß nicht, wie nah Jupp Heynckes am Management des FC Bayern ist. Aber wenn die Bayern Lewandowski wirklich haben wollen, wäre es gut, wenn auch wir davon erfahren."

Lewandowskis Vertrag in Dortmund läuft noch bis 2014. Der polnische Nationalspieler hatte jedoch mehrfach erklärt, den Verein verlassen zu wollen. Da der Topstürmer im Gegensatz zu BVB-Teamkollege Götze keine Ausstiegsklausel besitzt, könnten die Westfalen auf einen Verbleib Lewandowskis bis Ende der kommenden Saison pochen.

In diesem Fall würde der Borussia zwar eine üppige Ablösesumme von geschätzten 25 Millionen Euro entgehen, aber die mühselige Suche nach gleichwertigem Ersatz vorerst erspart bleiben. "Bei einem Verbleib von Robert steigt die Wahrscheinlichkeit, sich wieder für die Champions League zu qualifizieren", hatte Watzke schon vor Monaten argumentiert. Zudem sind die Dortmunder nach dem Transfer-Coup mit Götze noch immer schlecht auf die Münchner zu sprechen.

Optimismus

Roman Weidenfeller ist guter Dinge, dass selbst die Lewandowski-Lücke ohne großen Qualitätsverlust geschlossen werden könnte. Dennoch schwante dem Torhüter, dass eine solche Chance auf Ruhm und Ehre so schnell nicht wiederkommt. "Jeder weiß, dass man nicht jedes Jahr die Möglichkeit hat, so ein tolles Finale spielen zu können", sagte er und verwies auf die vergeblichen Versuche von Real Madrid: "Man sieht es an solchen Vereinen, die einen unglaublichen Etat haben und es dennoch nicht schaffen. Das wird einem in solchen Momenten bewusst."

Immerhin konnten die Dortmunder für sich in Anspruch nehmen, den in dieser Saison dominanten FC Bayern wie kaum ein anderer Klub gefordert und sich als würdiger Finalgegner präsentiert zu haben. Dennoch flossen bei einigen Profis wie Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek nach dem Schlusspfiff die Tränen. Stunden später auf der Bühne des Museums konnte jedoch auch der polnische Nationalspieler wieder lächeln. Der aufmunternde Applaus der Partygäste und die Worte von Kapitän Sebastian Kehl heiterten ihn auf: "Wir haben uns der Welt wahnsinnig gut präsentiert und können stolz sein."

Der FC Bayern ist am Ziel aller Münchner Träume angekommen. Um 21.34 Uhr Ortszeit im Wembley-Stadion von London krönte sich der Deutsche Rekordmeister zum fünften Mal in der Vereinsgeschichte zum besten Klub Europas. Erstmals seit 1997, seit Wolfgang Feiersinger mit Dortmund, durfte mit David Alaba auch ein Österreicher wieder diesen Thron besteigen. Doch es war ein hartes Stück Arbeit für den 20-jährigen Wiener und seine Kollegen im ehrwürdigen Wembley-Stadion gegen den Erzrivalen aus Dortmund.

Denn es waren nicht die Bayern, die in diesem Spiel von Beginn an den Ton angaben hatten. Es war der Außenseiter. Mit mehr Bewegung ohne Ball und jenem Pressing, das die Mannschaft von Jürgen Klopp in den letzten Jahren ausgezeichnet hatte, wurde der Favorit unter Druck gesetzt.

Gelbe Gefahr

Die Bayern mussten eigentlich darauf vorbereitet gewesen sein. Rezept hatten sie anfangs dennoch keines dagegen. Und so dauerte es nicht lange, bis die Dortmunder gefährlich wurden. Blaszczykowski konnte die größte Dortmunder Chance an diesem Abend nicht nutzen. Nach einem Reus-Pass von rechts kam der Pole fünf Meter vor Neuer zum Abschluss. Der Bayern-Keeper rettete in höchster Not im Stile eines Handball-Torwarts.

"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Supporters of Bayern Munich react after a public v
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Borussia Dortmund soccer fans react at a public vi
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Bayern Munich's Robben, evades Borussia Dortmund's
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Bayern Munich's Arjen Robben shoots to score past
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Bayern Munich's Arjen Robben reacts after the fina
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013

Es dauerte 25 Minuten, bis die Bayern erwachten. Ein Befreiungsschlag muss her, dachte sich Franck Ribéry und holte zu so einem aus, nachdem er von Dortmunds Lewandowski am Trikot zurückgehalten worden war. Für den Schlag mit dem Unterarm ins Gesicht des Polen kann man Rot zeigen. Ribéry sah nicht einmal Gelb und holte prompt zur nächsten Initialzündung aus.

"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"
Bayern Munich's team celebrates with the trophy after defeating Borussia Dortmund in their Champions League Final soccer match at Wembley Stadium in London May 25, 2013. REUTERS/Darren Staples (BRITAIN - Tags: SPORT SOCCER)
Die Traumflanke des Franzosen landete auf dem Kopf von Mandzukic, Weidenfeller rettete (26.). Es war die erste Chance der Bayern, die erst damit im Spiel angekommen waren.

Mehr noch: Plötzlich waren sie sogar hellwach, die Münchner. Robben tauchte unbedrängt vor Weidenfeller auf, scheiterte jedoch mit dem Versuch, den starken Keeper zu überheben. Wenige Augenblicke später konnte sich auch Neuer noch einmal im Duell mit Lewandowski auszeichnen.

Spektakel

"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"
Bayern Munich's Arjen Robben celebrates with the trophy after winning the Champions League final soccer match at Wembley stadium in London May 25, 2013. Bayern Munich beat Borussia Dortmund 2-1 in an all-German Champions League final on Saturday to become European champions for the fifth time. REUTERS/Michael Dalder (BRITAIN - Tags: SPORT SOCCER)
Ein offener Schlagabtausch entwickelte sich in Hälfte zwei zu einem Spektakel. Nur die Tore fehlten noch. Bis zur 60. Minute. Wie im Vorjahr gegen Chelsea gingen die Bayern in Führung. Mandzukic stand goldrichtig und musste nur noch Danke sagen, nachdem Robben Weidenfeller gekonnt umkurvt hatte (60.). Die Führung hielt jedoch nicht lange. Gündogan glich vom Elfmeterpunkt aus, nachdem Dante Reus im Strafraum ungestüm gelegt hatte (68.).

Der Ausgleich sollte die Münchner aber nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil: Subotic musste gegen Müller auf der Torlinie und Weidenfeller bei einem sehenswerten Alaba-Schuss und einem weiteren von Schweinsteiger retten. Die letzten 25 Minuten gehörten den Bayern allein. Sie drückten auf den Siegestreffer. Und sie bekamen ihn. Arjen Robben, gerade jener Mann, der im Vorjahresfinale in der Verlängerung noch einen Elfmeter verschossen hatte, wurde vom Buhmann zum großen Helden. Nach einem Ferserl von Ribéry stand der Niederländer zum zweiten Mal an diesem Abend alleine vor Weidenfeller. Diesmal ließ er ihm keine Chance – 2:1, der K.o. in der 89. Minute.

Zu Ehren der Champions: Stern des Südens

Borussia Dortmund - FC Bayern München 1:2 (0:0)
London, Wembley-Stadion, 86.298 (ausverkauft), SR Nicola Rizzoli (ITA).

0:1 (60.) Mandzukic
1:1 (68.) Gündogan (Foulelfmeter)
1:2 (89.) Robben


Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender (92. Sahin), Gündogan - Blaszczykowski (91. Schieber), Reus, Großkreutz - Lewandowski

Bayern: Neuer - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Martinez, Schweinsteiger - Robben, Müller, Ribery (91. Luiz Gustavo) - Mandzukic (94. Gomez)

Gelbe Karte: Großkreutz bzw. Dante, Ribery

Die Besten: Weidenfeller, Reus, Gündogan bzw. Neuer, Mandzukic, Robben

David Alaba darf sich ab sofort Champions-League-Sieger nennen. Österreichs Fußballer des Jahres gewann mit dem FC Bayern München am Samstag das Finale im Londoner Wembley-Stadion gegen Borussia Dortmund mit 2:1 und setzte sich damit schon als 20-Jähriger die europäische Krone auf. Trotz seines Alters bot Alaba eine äußerst abgeklärte Leistung, blieb als Linksverteidiger im Abwehrverhalten so gut wie fehlerlos und kam in der 76. Minute sogar einem Torerfolg nahe.

"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"
Karrierestationen von David Alaba Grafik 0677-13-Fussball.ai, Format 134 x 68 mm
Im ausgelassenen Freudentanz nach dem Schlusspfiff jubelte Alaba mit umgebundener Fahne, auf der drei Flaggen zu sehen waren: Jene der Philippinen für das Herkunftsland seiner Mutter, jene von Nigeria für das Herkunftsland seines Vaters und natürlich die österreichische.

Alaba startete mit einer gelungenen Aktion ins Spiel - in der 2. Minute wurde er von Blaszczykowski am eigenen Strafraum stark unter Druck gesetzt, konnte sich aber trotzdem souverän befreien. Schwerstarbeit hatte der 20-Jährige auch danach zu leisten, denn die Dortmunder fokussierten ihre Angriffsbemühungen auf die linke Bayern-Seite.

"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

Bayern Munich's David Alaba controls the ball watc
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013
"Fühlt sich immer noch ein bisschen scheiße an"

BRITAIN SOCCER UEFA CHAMPIONS LEAGUE FINAL 2013

Chance

Neben Blaszczykowski bekam es Alaba oft auch mit Reus zu tun, der sich gerne vom Zentrum auf den Flügel fallen ließ. Zu allem Überdruss kam vom ansonsten kongenialen Partner Ribery wenig Entlastung im Offensivspiel: Der Franzose machte gegen Piszczek praktisch keinen Stich, war sich aber immerhin nicht zu schade, Defensivarbeit zu verrichten.

Dennoch wurde es auf der linken Bayern-Seite das eine oder andere Mal gefährlich - so etwa in der 15. Minute, als Reus einen Querpass auf Blaszczykowski spielte, der wiederum an Neuer scheiterte. Die Chance entstand aber dadurch, dass ein Alaba-Kollege im Zentrum das Abseits aufgehoben hatte.

In der 30. Minute jedoch war es Österreicher, der den Dortmundern eine gute Gelegenheit ermöglichte. Nach einem Ballverlust Alabas in der Vorwärtsbewegung marschierte Lewandowski Richtung Bayern-Tor, ehe er in Neuer seinen Meister fand.

Ansonsten verzichtete Alaba auf allzu viele Vorstöße. Eine seiner Offensivaktionen hätte aber beinahe das 1:0 für die Bayern bedeutet. Österreichs Fußballer des Jahres spielte in der 30. Minute auf Müller, der Robben einsetzte - der Niederländer konnte BVB-Goalie Weidenfeller allerdings nicht überwinden.

Auf den Spuren von Hasil

In der zweiten Hälfte wurden die Bayern stärker, und Alaba mit ihnen. Zwei Minuten nach der Führung der Münchner durch Mandzukic (60.) schlug der Österreicher einen 60-Meter-Pass quer über das Spielfeld - ähnlich wie bei seiner Torvorlage für Robben in Barcelona -, doch Weidenfeller parierte den Schuss von Mandzukic.

Am Ausgleich durch den Gündogan-Elfmeter (68.) traf Alaba keine Schuld. Dafür wäre er in der 76. Minute fast zum Bayern-Helden avanciert, doch sein Weitschuss wurde von Weidenfeller gerade noch entschärft. So blieb es Robben in der 89. Minute vorbehalten, die Münchner zum Champions-League-Titel zu schießen.

Alaba ist damit der zweite Österreicher nach Franz Hasil (1970 den Meistercup mit Feyenoord), der den wichtigsten europäischen Clubtitel gewann. Bei den Bayern-Finalniederlagen 2010 (nicht in den Kader berufen) und 2012 (gesperrt) musste er auf der Tribüne sitzen.

Kommentare