Grasshoppers über Österreich erstaunt

Grasshoppers über Österreich erstaunt
Beim Stammverein von Marcel Koller kann man die Kritik am neuen Teamchef nur schwer nachvollziehen.

Die Wogen der Kritik, die über den ÖFB und ihren Neo-Teamchef Marcel Koller einherschwappen, sind auch in der Schweiz angekommen. Etwa in Niederhasli, einem beschaulichen Nest im Speckgürtel von Zürich. Nun ist Niederhasli nicht der Nabel der Fußballwelt, doch steht hier das großzügige Trainingszentrum des "Grasshoppers Club". Bei Kollers Stammverein ist man über die mitunter scharfen Reaktionen auf die Bestellung des Klubidols zum österreichischen Teamcoach einigermaßen konsterniert.

Beim 27-fachen Schweizer Meister hat seit Sommer 2009 der frühere Deutschland- und Italien-Legionär Ciriaco Sforza das Traineramt inne. Sforza kann die Emotionen in Österreich zwar bis zu einem gewissen Punkt verstehen, fordert aber eine "faire Chance" für seinen ehemaligen Club- und "Nati"-Kollegen.

Es sei klar, dass es zu solchen Stimmen komme, "weil in der Öffentlichkeit andere Namen kursierten und dabei vor allem Österreicher", erklärt der 41-Jährige, "und dann kommt einer, der nie auf der Liste war". Aus dem Ausland. Doch wirft sich Sforza für "den Marcel" gleich ins Zeug: "Es ist sicher nicht fair gegenüber Marcel Koller, nur die negativen Punkte anzuführen." Vielmehr solle man erst dann über Koller urteilen, wenn er gezeigt habe, was er leisten kann. "Man kann ihn doch nicht negativ aufnehmen, wenn man die Person noch gar nicht kennt."

"Bei allem Respekt"

Er selbst habe Koller zwar nur als Spieler erlebt, aber in der Schweiz und in Deutschland "hat der Marcel schon bewiesen, dass er ein guter Trainer ist." Seine Leistungen bei Bochum seien beachtlich gewesen. "Wo es dort doch keine großen finanziellen Möglichkeiten gibt", erinnerte Sforza.

Unterstützung erhält Sforza von Grasshoppers-Kapitän Boris Smiljanic. "Er hat in Bochum hervorragende Arbeit geleistet mit einem Kader, mit dem man nicht unbedingt die Champions League erreichen kann", meint der Schweizer Internationale mit kroatischen Wurzeln. "Es zeichnet ihn aus, dass er mit einem Team, das qualitativ nicht auf höchstem Niveau ist, das Maximum herausholen kann."

Diese Stärke könne ja - "Bei allem Respekt" - auch für Österreich schlagend werden. Immerhin sei Koller in der Schweiz auch mit dem Underdog St. Gallen Meister geworden. Daran lasse sich schon erkennen, dass der "exzellente Fußball-Fachmann" mit taktischen Finessen (Sforza: "Er kann ein Spiel ausgezeichnet lesen") aus seinen Mannschaften das Letzte herauskitzeln könne.

Zielgerichtet und teambildend

Dabei schreckt Koller auch vor unangenehmen Maßnahmen nicht zurück, erinnert sich Smiljanic. "Mich hat er als Kapitän auch auf die Bank gesetzt, obwohl aus meiner Sicht kein Anlass dafür war. Aber er hat gemeint, dass das für die Mannschaft gut ist, und dem ordnet er alles unter."

Privat, da sind sich Sforza, Smiljanic und GC-Medienchef Eugen Desiderato einig, ist Koller "ein echt guter Typ". Kein Showman mit dem Hang zur großen Glocke, sondern ein stiller Arbeiter, der sehr zielgerichtet und teambildend agiert. Sforza: "Er hat eine klare Struktur von sich, seinem Spiel, seinem System. Und das zieht er dann auch durch."

Was Koller mit dem ÖFB-Team zuzutrauen ist? Sforza: "Viel! Man muss ihn aber in Ruhe arbeiten lassen. Wenn er nicht ungestört seine Mannschaft so formen kann, wie er will, wird es schwierig." Auch von U21-Teamchef Andreas Herzog, mit dem er 1995/96 gemeinsam bei den Bayern spielte, erhofft sich Sforza Unterstützung für Koller.

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