Riesentalent Ødegaard ist in der Realität angekommen

Was war das nicht für ein Griss im Jänner 2015: Ødegaard zu den Bayern, Ødegaard zum FC Barcelona, Ødegaard zu Liverpool, Ødegaard zu Arsenal. Mit vielen Topklubs war der Teenager in Verbindung gebracht worden. Gelandet ist er schließlich bei Real Madrid, das 3,5 Millionen Euro für den damals 16-Jährigen an den norwegischen Klub Strømsgodset überwiesen und ihn mit einem Vertrag bis 2021 ausgestattet hat. Zu diesem Zeitpunkt war er nach seinem Debüt mit 15 Jahren und 253 Tagen bereits Norwegens jüngster Teamspieler gewesen.
Teamspieler mit 15? Da muss man doch zuschlagen. Um jeden Preis, dachten sich auch die Herren von Real. Und um das angeblich größte Talent im Weltfußball nach Madrid zu locken, erhielt sogar sein Vater Hans Erik Ødegaard einen Trainerjob in der Nachwuchs-Akademie der Königlichen.
Die Bilanz
Doch was hat sich seither verändert, außer, dass der Blondschopf um eineinhalb Jahre gealtert ist?
Nicht viel. Martin Ødegaard wurde zwar mit einem Kurzeinsatz gegen Getafe im Mai 2015 zum bisher jüngsten Real-Spieler in der spanischen Liga mit 16 Jahren und sechs Monaten. Den Sprung von der zweiten Mannschaft Real Castilla, die in der dritten spanischen Liga spielt, zu den Profis, hat er aber auch mehr als ein Jahr später noch nicht geschafft. Und weil er auch in nächster Zeit für das Starensemble noch keine Verstärkung werden dürfte, war man bemüht, den Burschen zu verleihen. Wie in den beiden Transferperioden zuvor gelang dies aber auch diesen Sommer nicht. Transfers zu West Ham und Stade Rennes standen im Raum.
Statt Premier League oder Ligue 1 bleibt die Bühne für den offensiven Mittelfeldspieler mit der Segunda División B aber bescheiden. Und es kam noch schlimmer: Denn Ødegaard muss auch noch darauf warten, seine Zahl von bisher neun Länderspielen zu erweitern. Denn Teamchef Per-Mathias Høgmo verzichtete nun zum Auftakt der WM-Qualifikation auf den Youngster. Das Spiel gegen Deutschland am Sonntagabend ging ohne das größte Talent des Landes über die Bühne. Ødegaard musste indes zur U 21, mit der er am Freitag in der EM-Qualifikation in Sarajevo immerhin 1:0 gewonnen hat.
Die Nichtberücksichtigung hat freilich eine Diskussion losgetreten in Norwegen. "Er wurde in den Himmel gehoben, um ihn gab es viel zu viel Gerede. Das hat wohl etwas dazu beigetragen, dass es nicht wie erhofft lief", sagt etwa Norwegens Trainerlegende Egil Olsen. Und es sei richtig, dass Teamchef Høgmo trotz personeller Probleme auf Ødegaard verzichtet. "Er ist nicht reif genug, nicht gut genug." Der ehemalige Real- und nunmehrige Bayern-Coach Carlo Ancelotti bezeichnete den Transfer des damals 16-Jährigen gar als "reine PR".
Der Konter
Ødegaard selbst lässt die Kritik an seiner Person kalt. Oder zumindest tut er so. "Viele Leute haben eine Meinung, und einige Menschen sagen Dinge, von denen sie keine Ahnung haben", sagte er dem Dagbladet. Er habe in den vergangenen eineinhalb Jahren viel gelernt. "Ich fühle mich als Spieler und Mensch reifer, ich bin härter geworden, physisch besser."
Allein der Beweis für diese Steigerung steht noch aus.
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