Klopp grantelt bei Pressekonferenz

Jürgen Klopp bei einer Pressekonferenz vor einem gelben Hintergrund.
Nach entspanntem Beginn: Bei Fragen zur langen BVB-Verletztenliste sinkt Jürgen Klopps Stimmung rapide.

Die zwei Gesichter des Jürgen Klopp sind dem Fußballfan schon länger bekannt. Zuweilen wirkt es, als entstamme er einer Novelle Robert Louis Stevensons. Auch bei der gestrigen Pressekonferenz im Vorfeld des Bundesliga-Schlagers Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München zeigte er sich zunächst gelassen und mimte den charmanten Dr. Jekyll. Als die Journalisten ihn jedoch mit ihren Fragen zum BVB-Verletzungs-Desaster reizten, kam zum wiederholten Male der Mr. Hyde in ihm zum Vorschein.

In bester wienerischer Manier grantelte er sich durch den Rest der Pressekonferenz und ließ seinen Frust des Öfteren direkt an den Journalisten aus. Zur Kritik, Klopp ließe den BVB zu laufintensiv spielen und sei für die Verletzungsanfälligkeit seiner Spieler selbst verantwortlich, meinte er: "In dem Moment, in dem eure Berichterstattung es schafft, den Spielern die Lust auf Bewegung zu nehmen, bevor sie clever genug sind mit weniger Aktion auch schon erfolgreich zu sein, bedeutet das automatisch: richtig schwierige Zeiten."

Komplette Abwehr fehlt

Außerdem betonte er, dass der samstägliche Gegner nicht weniger Verletzte hat wie der BVB nur "die Bayern können es besser auffangen". Trotz der langen Verletztenliste (mit Piszczek, Schmelzer, Hummel und Subotic fehlt die gesamte etatmäßige Verteidigung) gibt sich der BVB-Coach kämpferisch. „Die Situation ist nicht toll, gerade wenn man in solch einer Phase mit acht Spielen bis Weihnachten steckt. Aber wir hatten ja schon ein wenig Zeit, uns an den Gedanken zu gewöhnen“, so Klopp.

Neben Kevin Großkreutz, der den schon länger verletzten Piszczek auf der rechten Abwehrseite bis jetzt gut vertrat, wird der griechische Internationale Sokratis in der Innenverteidigung auflaufen. Dazu kommt auf der linken Außenverteidiger-Position Erik Durm zum Einsatz, der zu Beginn der Saison Schmelzer ordentlich vertrat. Wer neben Sokratis in der Innenverteidigung spielen wird, bleibt ungewiss. Zur Auswahl stehen Mittelfeld-Spieler Sven Bender, der 18-jährige Marian Sarr oder der vor kurzem reaktivierte Manuel Friedrich. Dem 34-jährigen Ex-Nationalspieler mangelt es aber an Spielpraxis.

Ein Desaster

Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nannte im Interview mit den „Ruhr Nachrichten“ die Verletzungs-Misere des BVB ein „Desaster“: „Das Schlimmste, was dir im Fußball passieren kann, ist, dass dir deine komplette Viererkette ausfällt. Einen Abwehrmann, einen Mittelfeldspieler, einen Stürmer gleichzeitig ersetzen, das kann jede Mannschaft einigermaßen hinbiegen. Aber eine eingespielte Viererkette komplett ersetzen?“

Süffisante Ruhe

Bei der Frage, ob die Dortmunder Spieler bei der Länderspielreise des DFB-Teams mehr beansprucht worden seien als die Bayern-Akteure, wird der BVB-Trainer erneut wütend. Zwar bleibt er ruhig, doch mit einer genervten Süffisanz, die seines Gleichen sucht. Er betonte aber, dass die Verletzungen seiner Spieler ohne Fremdeinwirkungen passiert wären und das so etwas immer passieren könne, doch gab er deutlich zu verstehen, wie er zu dem deutschen Intermezzo in Italien und England steht. "Es kann sich jeder vorstellen, dass ich nicht das Gefühl hatte am Dienstag Abend: Jippie, klasse, dass ein Länderspiel stattgefunden hat", und spielte dabei auf das Match gegen England an, in dem sich Hummels und Schmelzer verletzt hatten.

"Mickey-Something"

Obwohl Klopp sich nicht darüber beschwerte, dass Bundestrainer Joachim Löw die Dortmund-Akteure, im Gegensatz zu manchen Bayern-Spielern, in den Tests nicht schonte und dem DFB keine direkte Schuld an den Verletzungen seiner Spieler gab, brodelt es anscheined hinter den Kulissen. Angeblich wird beim BVB über ein offizielle Beschwerde beim DFB diskutiert, wie die Süddeutsche berichtet. Unter anderem hatte Joachim Löw zuletzt bei einer Pressekonferenz den Neo-Dortmunder Henrikh Mkhitaryan einfältig als "Mickey-Something" bezeichnet. Außerdem verstimmte die BVB-Leitung die Einzelkritk an manchen BVB-Spielern nach dem Ländermatch gegen Paraguay.

Klopp: "Es ist alles möglich"

Zum Abschluss appellierte Klopp an alle schwarz-gelben Kräfte: „Das Wichtigste ist, dass wir alles in die Waagschale werfen und einen speziellen Moment daraus machen.“ Man sei trotz der prekären Situation nicht ohne Chance gegen die Bayern: „Es ist alles möglich - und mit dieser Möglichkeit sollten wir verantwortungsvoll umgehen.“
Ähnlich hatte sich bereits BVB-Sportdirektor Michael Zorc geäußert, nach dem Motto: Jetzt erst recht! „Wir hissen niemals und vor niemandem die weiße Flagge. Wir haben wiederholt gezeigt, dass wir die Bayern schlagen können“, erklärte der ehemalige BVB-Spieler im „Kicker“-Interview. Allerdings räumte Zorc auch ein, dass sich „die Rahmenbedingungen in relativ kurzer Zeit deutlich verschlechtert“ hätten. Denn dem Hit gegen die Bayern folgt das nicht minder wichtige Champions- League-Spiel gegen den SSC Neapel am Dienstag.


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