Ein reiselustiger Noch-nicht-Teamchef

Ein reiselustiger Noch-nicht-Teamchef
Marcel Koller war umtriebig. Obwohl: Er tritt erst Dienstag sein Amt an, und gibt Mittwoch seinen Kader bekannt.

Böse Zungen behaupten seit vielen Jahren, dass im heimischen Fußball viel gepfuscht wird. Dass aber der oberste Trainer quasi im "Pfusch" arbeitet, das ist gänzlich neu. Am Dienstag beginnt Marcel Koller offiziell seine Arbeit als österreichischer Fußballteamchef, denn mit 1. November tritt sein Vertrag mit dem ÖFB in Kraft.

Am 4. Oktober war Koller offiziell präsentiert worden. Der verzichtete auf die Tour mit dem A-Team nach Baku und Astana, sondern reiste heim in die Schweiz. Dort besuchte er Österreichs U-18-Auswahl. Deren Trainer ist Thomas Janeschitz, der im ÖFB auch für die Trainerausbildung zuständig ist. "Er ist kommunikativ und bereitet seinen Einstieg sehr gut vor", sagt Janeschitz, der Koller-Kenner. "Er ist ja kein unbeschriebenes Blatt in der internationalen Fußballszene. Wir haben uns am Tag seiner Präsentation schon im Büro getroffen und waren zuletzt in der Südstadt bei Admira - Innsbruck."

Umtriebig

Seit mehr als zwei Wochen, seit seiner Übersiedlung nach Wien, macht der Schweizer unbezahlte Überstunden. Er erfüllte Pressetermine, stattete gemeinsam mit demKURIER dem Wiener Burgtheater einen Besuch ab, schlürfte im Landtmann seinen ersten Kaffee, besuchte Klubtrainings und Spiele. Alles begann mit einem Trainingsbesuch in Wien-Hütteldorf bei Rekordmeister Rapid kurz vor seinem Rückflug nach Zürich, wo er die U-18 besuchte.

In seiner Heimatstadt verfolgte Koller auch den Auftritt des Nationalteams in Aserbaidschan - im Büro seines Managers Lamberti, in den Räumlichkeiten der "FPA Fairplay Agency GmbH". Nach am selben Abend war auf Kollers Homepage ein Bild zu sehen, auf dem er sich vor einer großen Leinwand Notizen machte. Wie überhaupt man auf www.marcelkoller.ch fast jeden Schritt von ihm verfolgen kann. Diese offensive Medienpolitik hat auch eine klare Strategie: Die Fans sollen wissen, wer Marcel Koller wirklich ist, auch wenn das Kollegen wie Paul Gludovatz zu Seitenhieben verleitet.

Der "gläserne Teamchef" machte kurz vor seiner Übersiedlung nach Österreich einen Abstecher nach Deutschland. Dort traf er nicht nur seinen Landsmann Lucien Favre, sondern auch Gladbach-Verteidiger Martin Stranzl. Der ließ sich aber nicht zu einem Comeback überreden. Von Gladbach fuhr er am nächsten Tag nach Köln, wo Hannover spielte. Mit Emanuel Pogatetz und Trainer Mirko Slomka sprach er vor Ort. Daniel Royer, nicht im Hannover-Kader, erreichte er telefonisch.

Bei der Österreich-Rundfahrt besuchte er mit Sportdirektor Ruttensteiner Sturm - Anderlecht, saß mit Pressechef Klinglmüller beim Wiener Derby und fuhr mit Janeschitz in die Südstadt.

Fleißig

Einen Tag davor hatte er sich über die Austria schlau gemacht. In Favoriten informierte er sich bei Trainer Daxbacher über mögliche Teamkandidaten, machte einen Rundgang durch die Austria-Akademie mit Nachwuchschef Ralf Muhr. Der Neo-Teamchef meinte danach: "Ich bin beeindruckt von der Akademie der Austria."

Mitte der Woche machte sich Koller wieder auf in Richtung Deutschland, nach Bremen, um Marko Arnautovic, Sebastian Prödl und Trainer Thomas Schaaf kennen zu lernen. "Es waren durchwegs konstruktive Gespräche", teilte er mit. Und fuhr schon wieder weiter - nach Hannover zur Cuppartie mit Mainz, wo er das Goldtor von Andreas Ivanschitz sah. Mit dem sprach er Tags darauf in Mainz, ebenso mit Julian Baumgartlinger und Trainer Thomas Tuchel.

Da er den Rückflug nach Wien von Stuttgart aus gebucht hatte, schob er eine Unterredung mit Martin Harnik ein. Freitag entschloss er sich kurzfristig, das Flugzeug Richtung Enschede zu besteigen, um Teamkapitän Marc Janko in dessen Umfeld zu beobachten. Am Samstag schaute er sich Salzburg - Ried an.

Und so ganz nebenbei macht er sich noch Gedanken über den Trainerstab, den Kader (wird am Mittwoch um 11 Uhr live auf ORF SPORT+ präsentiert) für sein Debüt am 15. November in der Ukraine und eine künftige ÖFB-Philosophie.

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