Der Kampf um die letzten EM-Tickets

Der Kampf um die letzten EM-Tickets
Freitag und Dienstag werden die letzten vier Teilnehmer an der EURO 2012 bestimmt. Türkei - Kroatien und Bosnien - Portugal sind die Schlager.

Acht treten an, vier kommen durch: Freitag und Dienstag werden in den Play-Off-Spielen der Gruppenzweiten die letzten freien Plätze für die EURO 2012 in Polen und der Ukraine vergeben. Ein Überblick vor den vier Freitag-Spielen.

TÜRKEI - KROATIEN (20.05 Uhr in Istanbuler Türk Telekom Arena/live Eurosport)

Entweder oder heißt es Freitag und Dienstag für Guus Hiddink: Entweder führt er die Türkei über die Play-off-Spiele gegen Kroatien zur EURO 2012 und wird - wie schon in Südkorea und Russland zum fußballerischen Nationalhelden. Oder er scheitert und ist seinen Job los. Die Stimmung im Land hat der Niederländer jedenfalls nicht auf seiner Seite: Schon nach dem 1:3 gegen Deutschland hatte etwa die Zeitung Takvim mit "Go home, Hiddink!" getitelt.

Während die Türken ihrem Trainer ein verspätetes Geburtstagpräsent bereiten wollen, sehnen die Kroaten auf Revanche für den am 20. Juni 2008 im Wiener EM-Viertelfinale mit 1:3 im Elferschießen (1:1 n.V.) erlittenen K.o.-Schlag. "Wir haben auf unsere Revanche gewartet und von ihr geträumt. Damals waren wir die bessere Mannschaft, und das macht uns optimistisch", sagte Teamchef Slaven Bilic, und Josip Simunic meinte: "Vor drei Jahren haben wir geweint, diesmal soll unser Gegner das erleben". Mladen Petric, der in Wien den entscheidenden Elfer verschossen hat, fehlt wegen Verletzung ebenso wie Regisseur Niko Kranjcar.

TSCHECHIEN - MONTENEGRO (20.15 Uhr im Prager Letna-Stadion)

Tschechien gilt als klarer Favorit. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn Standard-Goalie und Chelsea-Legionär Petr Cech nach seinem in Blackburn erlittenen Nasenbeinbruch passen müsste. Der 29-Jährige, der seit seinem Schädelbruch im Oktober 2006 stets mit Kopfschutz spielt, hofft aber auf seinen Einsatz: "Wenn ich spielen sollte, dann sehe ich mit meinem Helm und der Gesichtsmaske wie Batman aus." Teamchef Michal Bilek ist die Favoritenrolle gar nicht recht, er warnte seine Truppe. Tomas Rosicky versprach vollen Einsatz: "Die Gäste-Fans können schreien, wie sie wollen, wir geben alles, um zur EM zu fahren."

Die Montenegriner, die von einigen tausend Anhängern begleitet werden, haben ihre erste Endrunden-Teilnahme im Visier. "Wir gehen in die zwei Spiele so, als wären sie die letzten unserer Karriere", kündigte Kapitän Mirko Vucinic an. Er, seine Mitstreiter und Trainer Branko Brnovic wissen, dass sie bisher etwas Großes erreicht haben und noch Größeres schaffen können.

"Ich weiß nicht, ob wir jemals so nah kommen werden, das ist eine Chance - jetzt oder nie", sagte Vucinic, der als gutes Resultat in Prag ein 1:1 bezeichnet. "Am wichtigsten ist es zu treffen. Wir haben in der Offensive die Fähigkeit, der tschechischen Abwehr Probleme zu bereiten." Der Außenseiter hatte sich Tschechien aus Gegner gewünscht.

BOSNIEN-HERZEGOWINA - PORTUGAL (20.00 Uhr im Stadion Bilino Polje von Zenica)

Die Bosnier vermitteln vor dem ersten Duell Zuversicht. "Ich bin optimistisch. Wir haben seit sechs Spielen nicht mehr verloren, nur ein Tor kassiert und hervorragend gespielt", sagte Teamchef Safet Susic, der am Freitag auf den gesperrten Ex-Austrainer Sasa Papac verzichten muss. Susic attestierte dem Gegner tolle Spieler, doch verteidige er nicht gut. Edin Dzeko, der in dieser Saison in 14 Spielen für Manchester City schon 13-mal traf, meinte: "Die Revanche-Chance ist da. Wir haben gezeigt, dass wir den besten Teams Probleme bereiten können."

An Motivation mangelt es dem Außenseiter auch allein schon wegen des Ausscheidens im Play-off der WM-Qualifikation für Südafrika nicht. Damals setzten sich die Portugiesen in den zwei Spielen jeweils 1:0 durch. Die Iberer kennen die Gegebenheit in Zencia von 2009, haben daher diesmal eigene Sicherheitsleute mit und eine weiträumige Absperrung um ihr Hotel gefordert. Diesmal ist auch Star Cristiano Ronaldo dabei, der vor zwei Jahren wegen einer Knöchelverletzung pausieren musste.

Streit bei "Seleccao"

"Es wird eine Schlacht", glaubt Saragossa-Stürmer Helder Postiga, und Portugal-Legende Luis Figo warnte: "Bosnien ist viel stärker als vor zwei Jahren!" Die "Seleccao" beschäftigt auch ein Streit zwischen Jose Bosingwa und Teamchef Paulo Bento. Letzterer warf dem wie Ricardo Carvalho (Real Madrid) suspendierten Chelsea-Legionär "fehlende mentale Reife" vor. "Der Zeitpunkt ist so ungünstig, das ist schlecht, ich bin tief enttäuscht", erklärte Verbandsvizepräsident Armandio de Carvalho vor der Abreise.

Bosingwa hatte Bento angegriffen und gesagt, der Coach habe ihn beleidigt. Der Teamchef hatte erklärt, der Verteidiger sei auch aus "emotionalen und mentalen Gründen" nicht dabei. Der Spieler schlug verbal zurück und sagte: "Er ist bekanntlich ein Trainer, der mit seinen Spielern viele Konflikte hat und weder mental noch emotional in der Lage ist, eine Gruppe von Männern anzuführen." Bosingwa will deshalb nun "nie mehr unter diesem Trainer spielen". Ex-Teamchef Antonio Oliveira meinte zu dem Zwist: "Schade, er ist einer der besten Verteidiger Europas".

ESTLAND - IRLAND (20.45 Uhr in Tallinner A. Le Coq Arena)

Wie Montenegro wittert auch Estland eine Sensation. "So eine Chance werden wir vielleicht nie mehr bekommen", sagte Mittelfeldspieler Konstantin Vassiljev, der mit seinen Kameraden den Balten zum ersten EM-Start verhelfen möchte. Es wäre der größte Erfolg für die Balten. "Wir benötigen ein Ergebnis, das uns alle Chancen fürs Rückspiel offen hält", meinte Teamchef Tarmo Rüütli, der am liebsten zu null spielen möchte.

Das Nationalteam kann sich laut estnischen Medien in den bisher "wichtigsten Spielen der Fußball-Geschichte Estlands" der Unterstützung der gesamten Nation sicher sein. Die knapp 10.000 Eintrittskarten für das Hinspiel waren innerhalb weniger als einer halben Stunden vergriffen. Diejenigen, die kein Ticket mehr ergattert haben, werden vor TV-Geräten zu Hause, in Lokalen oder beim Public Viewing auf dem Freiheitsplatz in der Innenstadt Tallinns die Daumen drücken.

"Chance ihres fußballerischen Lebens"

Die Iren, in der kommenden WM-Qualifikation einer der Gegner Österreichs in Gruppe C, wollen natürlich dem estnischen Märchen ein Ende bereiten. In Tallinn wird die Mannschaft von Giovanni Trapattoni ihr Heil wohl nicht ausschließlich in der Offensive suchen. Co-Trainer Marco Tardelli sagte über den Favoriten: "Für viele unserer Spieler sind die zwei Partien die Chance ihres fußballerischen Lebens."

Die Iren hoffen auf ihre zweite EM-Teilnahme. Vor 24 Jahren, am 11. November 1988, bescherte ihnen ein 1:0 der Schotten gegen Bulgarien die Fahrkarte nach Deutschland. Gegen den Favoriten spricht, dass er bisher in sechs Play-off-Matches erst einmal (WM 2002 gegen Iran) die Barrage überstand. Zuletzt versperrte der Franzose Thierry Henry den Iren in Paris St. Denis den Weg zur WM 2010 in Südafrika. Der Star hatte das entscheidende, aber irreguläre Tor mit seiner Hand vorbereitet.

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