Bundesliga ohne Free-TV: Eine erste Bilanz

Bundesliga ohne Free-TV: Eine erste Bilanz
Seit dieser Saison ist die österreichische Bundesliga nicht mehr frei empfangbar. Die Bilanz fällt gespalten aus.

Seit den Medientagen im September steht die Frage im Raum: Schwund oder Nicht-Schwund. Damals erklärte Franz Manola vom ORF, dass sich die Zuschauerzahlen bei den Live-Übertragungen der Spiele der österreichischen Bundesliga pulverisiert hätten. Zur Erinnerung: Seit dieser Saison gibt es kein wöchentliches Live-Spiel mehr im ORF. Die Rechte liegen beim Bezahl-Sender Sky. Vier Spiele werden frei empfangbar auf A1-TV übertragen.

Zurück zu Manola. Der rechnete vor, dass im ORF im Schnitt über den Daumen gepeilt 300.000 Zuschauer ein Live-Spiel der Tipico Bundesliga angeschaut hätten. Jetzt, auf Sky und zu bezahlen, seien es nur noch 30.000. Er bezog sich dabei auf Teletest-Daten.

Kritik an der Messung

Die Antwort kam sogleich und harsch. Holger Enßlin von Sky Deutschland meinte, der Teletest messe die 80er-Jahre, sprach von einem Vergleich mit Äpfel und Birnen. Digitale Haushalte, Online-Konsumenten, Besucher von Sport-Bars – all das werde im Teletest nicht widergespiegelt. Sky hat in Österreich fast 400.000 Abonnenten.

Die übliche Quotenmessung greift hier aber kaum, weil ein Gutteil Spiele in Sky-Sport-Bars verfolgt und auch digitale Reichweiten nicht berücksichtigt sind. Ob denn nun Manola recht hat, oder nicht – das hat Sky bislang nicht verraten. Die Zuschauerzahlen wurden bislang nicht veröffentlicht.

FUSSBALL TIPICO BUNDESLIGA: FK AUSTRIA WIEN - SCR ALTACH

Bei einer Präsentation des TV-Vermarkters IP für die werbetreibende Wirtschaft hat Sky erstmals Zahlen für Fußball-Übertragungen in Österreich auf Basis eigener Abfragen genannt. So kam das erste Derby zwischen Rapid und Austria in dieser Saison auf 179.000 Zuseher.

Verschwindend gering sollen die Zuschauerzahlen auf A1-TV sein. Es kursiert eine Zuschauerzahl von 4000 bei der Übertragung des Eröffnungsspiels der diesjährigen Saison. Die einzige Zahl, die es aber zu diesem Spiel gibt: 13.155 Zuschauer waren in der runderneuerten Generali-Arena beim 2:1-Sieg der Austria gegen Aufsteiger Wacker Innsbruck.

Polit-Vorstoß

Und dann gingen auch noch Vize-Kanzler Strache und Medien-Minister Blümel vollmundig in die Offensive. Die als Fernseh-„Schutzliste“ bekannte Verordnung auf Basis des Fernsehexklusivrechtegesetzes (FERG) listet seit 2001 „Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung“ auf, die nicht ausschließlich im Bezahlfernsehen gezeigt werden dürfen, sondern mindestens 70 Prozent aller ORF-Teilnehmer ohne zusätzliche Gebühren erreichen müssen. „Diese Liste wollen wir uns ansehen und sie nach Möglichkeit adaptieren“, sagte Strache. Man sehe anlässlich des Wechsels der Bundesliga-Rechte zu Sky, „dass es hier Diskussionsbedarf gibt“. Als Bundesregierung wolle man „nicht einfach tatenlos zuschauen“.

Die österreichische Bundesliga lukriert aber nur deshalb 34 Millionen Euro von Sky, weil der Bezahl-Sender exklusiv senden will. Ob den Vereinen der Entgang, wenn Spiele im freien TV übertragen werden müssen, mit Steuergeldern ausgeglichen werden soll, kam erst gar nicht zur Sprache.

Heinz-Christian Strache

Sportminister Heinz-Christian Strache sieht "Diskussionsbedarf".

Sky Österreich-Geschäftsführerin Christine Scheil erklärte, dass die Klubs von der Zusammenarbeit mit Sky profitierten. „Wir arbeiten daran, dass sich der österreichische Fußball weiterentwickelt, international gestärkt wird und dadurch die Identität Österreichs im Sport gewahrt bleibt“, erklärte sie. Durch den Deal mit Sky lukrierten die Vereine mehr Geld, was „eine höhere Qualität und bessere Wettbewerbsfähigkeit“ bedeute.

Dass das Abwandern des Bundesliga-Fußballs hinter die Bezahlschranke mehr Fans in die Stadien treibt, kann nicht behauptet werden. In Deutschland hat das funktioniert, in Österreich nicht. 6364 Zuschauer kamen seit Sommer im Schnitt zu den Ligaspielen. Das sind fast genau so viele wie in der Zehnerliga. Ein Plus sollte sich mit der Spannung in Meister- und Qualifikationsgruppe im Frühjahr ergeben.

Neues Zeitalter

Austria-AG-Vorstand Markus Kraetschmer hat die Unterschrift unter diesen Vertrag als Revolution bezeichnet. Mittlerweile sitzt er nicht mehr in der Bundesliga. Als Klub-Manager sagt er: „Es ist eine neue Ära eingeleitet worden, was in vielen anderen Ländern schon Usus ist.“ Man müsse die Balance finden, Geld aus dem TV-Vertrag zu lukrieren, aber auch im frei empfangbaren TV vorzukommen. Für zweiteres führte er den ORF an, der zu attraktiver Sendezeit an zwei Tagen in der Woche Bundesliga-Sendungen habe. Kraetschmer warnt vor voreiligen Schlüssen: „Wir sind gut beraten, uns das alles erst einmal anzuschauen. Es ist ein neues Zeitalter eingezogen. Das gilt es als fair zu beurteilen, dass wir uns diese Zeit geben, um alles zu analysieren.“

Damit könnten auch Sponsoren beruhigt werden. Die gelten als die Verlierer der Abwanderung, beklagen unter der Hand oft den herben Verlust an Werbewert.

Kommentare